Mittwoch, 12. Februar 2020

Identität und die Wiederherstellung des Politischen.

knajp

Radikale Mitte und Wiederherstellung des Politischen bedeuten dasselbe. Nicht im Olymp der Begriffe, sondern in der historischen Situation, in die wir geraten sind. An der Stelle sachlicher Pläne und Programme für die oder das Gemeinwesen rivalisieren tausenderlei Identitäten mit Bekenntnissen und Schimpfwörtern.

Doch auf eure Identitäten scheißt der Hund. Das Gemeinwesen geht nur an, was das Gemeinwesen betrifft. Das Private ist nicht politisch.

Das war vor einem guten halben Jahrhundert die Geburt der Identitätsseuche: die feministische Kampfparole, das Private sei politisch. "Ist es nicht? Meines schon! Denn es ist ein ganz besonderes Privates, eines von höherer Gel- tung: Identität!" Alias Ich bin Frau.

Meine Identität ist es, weil ich sie als solche erkenne, das kann mir keineR nehmen. Wenn ich sie bekenne, sind lo- gische Einreden gegenstandslos. Es muss auch nicht Frau sein, es kann auch queer sein oder behindert oder esote- risch, wer kann es einem verwehren? Mann und weiß und Ehre und Raucher und karnivor stehen auch zu Wahl, anything goes. Ausschlaggebend ist nur, wer wen übertönt, doch das ist fließend; kann aber Wahlen entscheiden.


Das hat sich im Laufe der Jahrzehnte in alle politischen Lager eingefressen, da hat der schimmlige Maaßen nur allzu Recht. Er selbst beweist es ja. Nur meint er, dass seine Identität viel besser wäre als die der andern, doch wie kann es anders sein? Maßstäbe gibt es nicht, die müssten ja wohl politisch sein - und das begänne, wie die Dinge einmal liegen, mit einem rücksichtslosen Kampf gegen alles Identische.

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Nicht im Olymp der Begriffe, sagte ich oben. Denn es liegt daran, dass mit dem Ende der Weltrevolution das Poli- tische wirklich in tausend Einzelteile zerfallen ist, und statt von den zerfaserten identischen Rändern her nun aus der radikal sachlichen Mitte neu aufgebaut werden muss.







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