öffentliche Angelegenheiten
Freitag, 2. September 2022
Solange sie deutsche Außenministerin ist...
Donnerstag, 1. September 2022
Ich bin wieder da!
Es ergehen Zeichen und Wunder. Nachdem es lange unzugänglich war, kann ich dieses Blog nun wieder bearbeiten. Dies ist nur ein erstes Lebenszeichen; demnächst mehr!
Besuchen Sie bitte auch mein neues Blog Ebmeier's System!
JE
Donnerstag, 30. Juni 2022
Varoufakis über die Inflation.
Handelsblatt
aus derStandard.at, 30. 6. 2022
Der ehemalige griechische Finanzminister und Vorsitzende der Partei MeRA25, Yanis Varoufakis, geht in seinem Gastkommentar der Frage nach, wer schuld an den galoppierenden Preisen ist.
Die Schuldzuweisungen für die steigenden Preise sind in vollem Gange: Wurde die Inflation durch zu viel Zentralbankgeld verursacht, das über zu lange Zeit verteilt wurde? Ist China schuld, wohin der größte Teil der physischen Produktion verlegt wurde, bevor die Pandemie das Land in den Lockdown getrieben und die weltweiten Lieferketten zerstört hat? War es Russland, dessen Invasion in der Ukraine einen großen Teil des weltweiten Angebots an Gas, Öl, Getreide und Dünger vom Markt genommen hat? Oder war es eine Art schleichender Übergang von vorpandemischer Sparpolitik hin zu ungehemmter fiskaler Freigiebigkeit?
Die Antwort darauf steht in keinem Lehrbuch: alle und gleichzeitig keiner der oben genannten Gründe.
Große Wirtschaftskrisen ziehen häufig eine Vielzahl von Erklärungen nach sich, die alle richtig sind, aber am entscheidenden Punkt vorbeigehen. Als 2008 die Wall Street kollabiert ist, was zur weltweiten großen Rezession geführt hat, wurden verschiedene Gründe angeboten: die Beeinflussung der Regulierungsbehörden durch Finanziers, die in der kapitalistischen Hackordnung die Industriellen verdrängt haben; eine kulturelle Vorliebe für riskante Finanzierungen; die Unfähigkeit der Politiker und Ökonomen, zwischen einem neuen Paradigma und einer massiven Blase zu unterscheiden; und weitere Theorien. Alle waren richtig, aber keine ging der Sache wirklich auf den Grund.
Und dies gilt auch heute. Die "Wir haben es euch ja gesagt"-Monetaristen, die bereits seit 2008, als die Zentralbanken mit der massiven Vergrößerung ihrer Bilanzen begannen, eine hohe Inflation vorhersagen, erinnern mich an die Freude der Linken in jenem Jahr, die ständig den Tod des Kapitalismus "vorhersagen" – wie eine still stehende Uhr, die zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigt.
Andere Gründe
Natürlich haben die Zentralbanken – in der falschen Hoffnung, das Geld werde in die Realwirtschaft durchsickern – enorme Verbindlichkeiten und damit eine massive Inflation der Vermögenswerte geschaffen – boomende Aktien- und Immobilienmärkte, den Krypto-Trend und so weiter. Aber aus der Erklärung der Monetaristen geht nicht hervor, warum die großen Zentralbanken zwischen 2009 und 2020 noch nicht einmal die Geldmenge innerhalb der Realwirtschaft steigern konnten – ganz zu schweigen davon, die Inflation der Verbraucherpreise auf ihr Zwei-Prozent-Ziel zu bringen. Die Inflation muss also andere Gründe haben.
Ein wichtiger Faktor war sicherlich die Unterbrechung der auf China fokussierten Lieferketten, ebenso Russlands Invasion in der Ukraine. Aber keiner dieser Gründe erklärt den abrupten westlichen "Regimewechsel" von hartnäckiger Deflation hin zum Gegenteil: zur gleichzeitigen Erhöhung aller Preise. Eigentlich müsste dazu die Lohninflation die Preisinflation überholen und damit einen Teufelskreis auslösen, in dem Lohnerhöhungen zu weiteren Preiserhöhungen führen, die wiederum zu steigenden Löhnen führen, ad infinitum. Nur dann wäre es für die Zentralbanker vernünftig zu fordern, dass sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die Gemeinschaft opfern und keine höheren Löhne verlangen.
Aber in der heutigen Lage sind Forderungen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten auf Lohnerhöhungen verzichten, absurd. Alles deutet darauf hin, dass die Löhne und Gehälter – im Gegensatz zu den 1970ern – viel langsamer steigen als die Preise, und trotzdem geht der Preisanstieg nicht nur weiter, sondern beschleunigt sich sogar noch.
Höhere Renditen
Was passiert hier also wirklich? Meine Antwort: Ein Machtspiel, das die Konzerne, die Wall Street, die Regierungen und die Zentralbanken in den letzten 50 Jahren geführt haben, ist furchtbar schiefgegangen. So stehen die Entscheidungsträger des Westens nun vor einer unmöglichen Wahl: entweder Konzerne oder sogar Staaten in den sich gegenseitig verstärkenden Bankrott zu schicken oder die Inflation einfach laufen zu lassen.
50 Jahre lang konnte die US-Wirtschaft die Nettoexporte Europas, Japans, Südkoreas und dann Chinas und anderer Schwellenländer aufnehmen, während der Löwenanteil dieser ausländischen Gewinne auf der Suche nach höheren Renditen wieder an die Wall Street strömte. Auf dem Rücken dieses Kapital-Tsunamis in Richtung Amerika bauten die Finanziers Pyramiden privaten Geldes (wie Optionen und Derivate) auf, um den Konzernen die Mittel dafür zu verschaffen, ein weltweites Labyrinth von Häfen, Schiffen, Lagerhäusern, Speichern und Transportmöglichkeiten aufzubauen. Als diese Pyramiden durch den Crash von 2008 einstürzten, geriet das gesamte, durch Derivate finanzierte Labyrinth der globalen Just-in-time-Lieferketten in Gefahr.
Um nicht nur die Banker, sondern auch das Labyrinth selbst zu retten, sprangen die Zentralbanken ein, um die Pyramiden der Finanziers durch öffentliche Gelder zu ersetzen. Unterdessen haben die Regierungen staatliche Ausgaben, Arbeitsplätze und Dienstleistungen abgebaut. So konnte sich das Kapital über einen großzügigen Sozialismus freuen, während die Arbeit strengen Sparmaßnahmen unterworfen wurde. Die Löhne sanken, die Preise und Gewinne stagnierten, aber der Preis für die von den Reichen gekauften Vermögenswerte und damit ihr Reichtum ging durch die Decke. So fielen die Investitionen – im Verhältnis zum verfügbaren Geld – auf ein Allzeittief, die Kapazitäten sanken, die Macht der Märkte boomte, und die Kapitalisten wurden nicht nur reicher als je zuvor, sondern auch immer abhängiger vom Geld der Zentralbanken.
Dann kam die Pandemie
Es war ein neues Machtspiel: Der
traditionelle Kampf zwischen Kapital und Arbeit um ihren jeweiligen
Anteil am Gesamteinkommen durch Gewinn- und Lohnerhöhungen ging weiter,
war aber nicht mehr die Hauptquelle des neuen Reichtums. Nach 2008
führten die allgemeinen Sparmaßnahmen zu niedrigen Investitionen
(geringer Geldnachfrage), die gemeinsam mit der reichlich vorhandenen
Zentralbankliquidität (Geldmenge) den Preis des Geldes (Zinsen) in der
Nähe von null hielten. Bei abnehmenden Produktionskapazitäten (sogar im
Bausektor), Mangel an guten Arbeitsplätzen und stagnierenden Löhnen
triumphierte der Reichtum auf den Wertpapier- und Immobilienmärkten, die
sich von der Realwirtschaft abgekoppelt hatten.
Dann kam die Pandemie, und mit ihr änderte sich eine wichtige Sache: Die westlichen Regierungen waren gezwungen, einen Teil der neuen Zentralbank-Geldschwemme an die im Lockdown sitzenden Massen zu vergeben – innerhalb einer Wirtschaft, die seit Jahrzehnten ihre Kapazitäten zur Warenproduktion abgebaut hatte und nun auch noch vor zerstörten Lieferketten stand. Als die Menschen im Lockdown dann einen Teil ihres "Heimaturlaubsgeldes" für knappe Importe ausgaben, begannen die Preise zu steigen. Konzerne mit großem Papiervermögen reagierten darauf, indem sie ihre immense Marktmacht (aufgrund ihrer geschrumpften Produktionskapazitäten) dazu nutzten, die Preise durch die Decke zu treiben.
Was jetzt?
Nach zwei Jahrzehnten eines durch die Zentralbanken unterstützten Goldrauschs, der durch steigende Vermögenspreise und immer höhere Unternehmensverschuldung geprägt war, mussten die Preise nur geringfügig steigen, um das Machtspiel, von dem die Welt nach 2008 im Sinne einer wiederbelebten regierenden Klasse geprägt wurde, zu beenden. Aber was passiert jetzt?
Wahrscheinlich nichts Gutes. Um die Wirtschaft zu stabilisieren,
müssen die Behörden zuerst die exorbitante Macht einer kleinen Elite
brechen, die durch eine Politik der Erzeugung von Papiervermögen und
günstigen Schulden zu Reichtum gekommen ist. Aber diese Begünstigten
werden sich nicht kampflos ergeben, auch wenn das bedeutet, gemeinsam
mit der Gesellschaft in Flammen aufzugehen. (Übersetzung: Harald Eckhoff, Copyright: Project Syndicate, 30.6.2022)
Yanis Varoufakis ist ehemaliger Finanzminister von Griechenland und Vorsitzender der MeRA25-Partei sowie Professor für Ökonomie an der Universität von Athen.
Nota. - Ich erinnere mich gern an Varoufakis als Minister. Ein Mann mit einem zu scharfen Verstand, um Doktrinen aufzusitzen, und mit genügend Selbstbewusstsein, um sich nöitgenfalls allein gegen alle zu stellen. Ins Europaparlament ist er auch mit meiner Stimme gewählt worden. Leute wie den gibt es in der Politik viel zu wenige. Irren können auch die, aber sie können unerwartete Konstellationen eher durchschauen als die Routiniers in ihren "Zusammenhängen".
JE
Mittwoch, 29. Juni 2022
Recht und öffentliche Sitten.
«Eine
Abtreibung ist eine akzeptable Art, um zu regulieren, ob man Kinder hat
oder nicht. Egal, ob man es einmal oder zehnmal macht.»
Halten wir fest: Ein sozialpolitisches Thema wie vor fünfzig Jahren ist Abtreibung nicht mehr. Wer keine Kinder will, muss keine Kinder bekommen. Natürlich gibt es Sonderfälle...
Halten wir weiterhin fest: Moral ist - wie Religion - Privatsache. Was ich andern schulde - und sie mir -, regelt das Recht. Moral ist das, was ich mir selber schuldig bin, und das weiß nur ich.
Wer also aus moralischen Gründen gegen Abtreibung ist, muss sich nicht zwingen lassen. Einen andern mag er verurteilen, doch ihm sein eigenes Gesetz überhelfen darf er nicht. Und sollte es aus pragmatischen Gründen gar nicht wollen. Ein strafrechtliches Verbot schafft eine ganze Reihe von Folgeproblemen; ob es die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche senken würde, steht aber in den Sternen.
Ein ganz anderes Thema ist das öffentliche Reden über Abtreibung - und die Rolle, die poli-tische Instanzen dabei haben können.
Der eingangs zitierte Spruch der eingangs genannten Person. Er enthält die die öffentlich-moralische Gleichstellung von Abtreibung ung und Geburt.
Moralisch und öffentlich - kann das nach obigem gehen? Moral kommt von lat. mos, das bedeutet Sitte und Gewohnheit. Im Griechischen - Ethik/ethos ists dasselbe. Überall in der Welt gab es es und gibt es Sitten, die öffentlich gelten, weil so viele als für sich geltend aner-kennen. Und sie mögen sich entrüsten, wenn andere es nicht tun, und in gepflegter Sprache dürfen sie das sogar sagen. Mehr aber auch nicht - schon der Aufruf, Kliniken zu boykottieren, ist nicht legitim.
Der
westliche Rechtsstaat beruht auf der Fiktion des autonomen Subjekts.
Wenn er direkt et-was mit Moral zu tun hat, dann dies. Es ist die
Grundlage für die kategorische Scheidung zwi-schen öffentlich geltenden
Recht und persönlicher Sittlichkeit.
Haben
sich staatliche Instanzen also ganz aus dem Thema rauszuhalten? Nicht,
wo es politisch und virtuell rechtlich von Belang ist. Der Paragraph
219a ist so ein Fall. Er stammt aus einer Zeit, als Abtreiben strafbar
war. Doch davon abhängig ist er nicht. Nicht nur hat ein Staat das
Recht, sondern auch die politische Pflicht, klar und deutlich
festzustellen, dass in öffentlicher Wertschätzung Gebären und Kinder in
die Welt einführen etwas radikal anderes ist als die eigene Familie... eben nicht zu planen, sondern
nachträglich zurechtzuschneiden. Dass der § 219a gestrichen wurde, ist
ein kulturelle Schande. Werben mögen sie für Botoximplantate.
Sonntag, 26. Juni 2022
Sklave kommt von Slawe.
aus welt.de, 24. 6. 2022 arabische Silbermünzen aus Neustettin, Pommern
Der Chronist Widukind von Corvey beschreibt in seiner „Sachsengeschichte“ die Eroberung der Slawenburg Gana durch König Heinrich I. im Jahr 929. „Die in der Burg gemachte Beute übergab er seinen Kriegern, alle Erwachsenen wurden getötet, die Jungen und Mädchen für die Gefangenschaft verschont.“ Auch andere Autoren berichten von diesem Phänomen, das heute eher mit der Antike oder dem Kolonialismus verbunden wird, tatsächlich aber auch im europäischen Mittelalter existierte: der Sklaverei.
Zahlreiche Entdeckungen, die in den vergangenen Jahren vor allem im Norden und Osten Deutschlands gemacht wurden, zeigen inzwischen, dass sich der Handel mit Menschen keineswegs auf Einzelfälle beschränkte, sondern ein weit verbreitetes System bildete, das von Nordeuropa bis in den Orient reichte. Vor allem eine Fundgattung rückt dabei in den Fokus der Forschung: Dirhams, arabische Silbermünzen.
Waren lange nur wenige Depots bekannt, haben ehrenamtliche Mitarbeiter der Bodendenkmalpflege mit Detektorprospektionen in den letzten Jahren viele Schätze und Einzelstücke geborgen, sodass sich „ihre Menge nun geradezu explosionsartig vergrößert, und zwar von Burgen und Siedlungen bis weit ins Binnenland“, schreibt Felix Biermann in der Zeitschrift „Archäologie in Deutschland“. In Mecklenburg-Vorpommern und Teilen Brandenburgs bis in die Niederlausitz hinein gehörten sie inzwischen zum üblichen Fundspektrum. Ihre Zahl im Ostseeraum schätzt der Mittelalterarchäologe an der Universität Stettin auf mehrere hunderttausend Stück.
Schloss man früher von den Münzen auf partielle Handelskontakte, wird ihre Verbreitung inzwischen als großräumige Zone des Austauschs gedeutet, deren Basis der Sklavenhandel war. Dessen frühmittelalterliche Zentren waren Burgstädte an der Ostseeküste. In Ralswiek auf Rügen kamen etwa 2200 orientalische Silbermünzen ans Licht, die um das Jahr 850 datiert werden.
Zu jener Zeit beherrschten die Wikinger die marinen Handelsrouten, die nicht nur nach Westen, sondern über Russland bis ins Abbasidenkalifat mit seiner Hauptstadt Bagdad reichten. Funde von – wirtschaftlich unbedeutenden – Scheidemünzen aus Kupfer zeugen für Biermann von der Anwesenheit von Händlern, die unmittelbaren Kontakt zu den Sklavenmärkten des Orients hatten.
Menschen waren eine lukrative Handelsware. An Land bildeten sie Karawanen, die keine Lasttiere benötigten, zur See wurden sie in die Knorr-Segler der Wikinger gepfercht. Allerdings behandelten die „ihre Sklaven gut und kleideten sie schön, denn sie sind für sie eine Handelsware“, bemerkte ein muslimischer Beobachter. Die engen Beziehungen fanden ihren Niederschlag auch in der Sprache. Der griechische Völkername sklaboi wurde im Arabischen zu Saqaliba, eine Bezeichnung für Eunuch oder Sklave.
Spuren von Gewalt oder Tierverbiss
Eine Reihe von weiteren archäologischen Funden wird mittlerweile mit der Sklaverei verbunden. Fesseln aus Eisen etwa, die zum Teil mit einem Schloss versehen waren, oder menschliche Knochen, die Spuren von Gewalt oder Tierverbiss tragen. Was früher als Opfer von Kultritualen oder Massakern interpretiert wurde, könnten durchaus „Zeugen eines Sklavenmarkts“ sein, „wo Menschen verkauft und verschifft wurden sowie Gewalt erleiden mussten“, schreibt Biermann.
Auch pietätlose Bestattungen oder „Verlochungen“ können auf Sklaverei verweisen. Wenn Skelette Zeichen von Gewalt, Mangelerscheinungen oder schwerer körperlicher Arbeit tragen und nicht in ordentlichen Gräbern, sondern auf Müllhalden oder in Gewässern entsorgt wurden, sagt das einiges über den Wert aus, der ihnen beigemessen wurde. Als Beispiel aus der Zeit des Kolonialismus nennt Beckmann die Überreste von 150 Menschen, die auf einer Müllhalde im portugiesischen Sklaverei-Zentrum Lagos entdeckt wurden.
Allerdings muss es sich bei den Toten im Mittelalter nicht unbedingt um Opfer von Wikingern oder ostfränkischen Rittern gehandelt haben, die mit ihren überlegenen Waffen Eroberungs- und Beutezüge ins Slawenland unternahmen. Auch in und um die Reste slawischer Burgen und Siedlungen haben Ausgräber verstreute Menschenknochen gefunden, die im Gegensatz zu vielen Bewohnern nicht nach den herrschenden Sitten bestattet wurden. Das würde dafür sprechen, dass der Menschenhandel auch zwischen slawischen Gesellschaften florierte.
Das würde auch die zahlreichen Dirham-Funde erklären, die in den einstigen Slawen-Gebieten östlich der Elbe gemacht werden. Die Anführer einzelner Stämme und Clans kämpften gegeneinander, und die Sieger brachten die Verlierer auf die Sklavenmärkte. Die reichen Erlöse in Silber wurden dann zu einem weiteren Motiv für Raubzüge, auf denen nicht nur Menschen zu holen waren. Ein Ergebnis war erstaunlicherweise zivilisatorischer Fortschritt. Denn das hohe Gewaltpotenzial beförderte den Ausbau von Burgen und Herrschaftsstrukturen, die die Verteidigungsfähigkeit erhöhten. Damit wiederum konnte slawische Fürsten als Akteure und Kunden in den Fernhandel einsteigen.
Nota. - Christen war verboten, Menschen als Sklaven zu halten. Und schon gar, Christen als Sklaven zu verkaufen. Doch die Menschen östlich der Elbe waren keine Christen, sondern Heiden. Die deutschen Eroberer durften sie nicht selber versklaven, doch sie als Sklaven an andere Nichtchristen zu verkaufen hinderte sie nichts. In spanischen Geschichtbüchern liest man ganz selbstverständlich, dass der Ausdruck esclavo aus dem Wort Slawe stammt, weil die Menschen, die es im maurischen Herrschaftsgebiet zu kaufen gab, aus den Gebieten jenseits der Elbe stammten.
Woher stammt der Verschlussaut k? Im Frnazösischen heißt es esclave, auch im Italienischen heißt es schiavo. Nur englisch ist alles klar. Sklave heißt slave und Slawe heißt slav.
Im Osten Europas heißt es, im byzantinischen Reich wären Sklaven hauptsächlich aus den slawischen Siedlungsgebieten des Balkans gekommen.
JE
Freitag, 24. Juni 2022
219a.
Das
ist nicht einer unter tausend Strafrechtsparagraphen. Das ist eine
grundlegende Aussage über das kulturelle Selbstverständnis einer
Gesellschaft: ob gebären und abtreiben als gleich-wertig gelten sollen.
Ist es aber Sache des Staates, darüber zu befinden?
Da könnte man drüber streiten - er ist ja nicht unsere Gouvernante. Auf keinen Fall aber kann man ihm die Ansage erlauben, dass es so sei; er muss schließlich als Stifter einer Rechtsord-nung glaubhaft bleiben.
Mittwoch, 22. Juni 2022
Hab ich es so gemeint?
aus FAZ.NET, 21. 6. 2022 Kampfpanzer Leopard 2 A5
Von
Eckart Lohse und
Markus Wehner
Es sind ungewöhnliche Worte für einen SPD-Vorsitzenden, die Lars Klingbeil am Dienstag-morgen auf einem Kongress zur „Zeitenwende“ der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin vor-trägt. „Deutschland muss den Anspruch einer Führungsmacht haben“, fordert der SPD-Chef. Deutschland habe sich viel Vertrauen erarbeitet, damit gingen Erwartungen an seine interna-tionale Rolle einher. „Wir sollten diese Erwartungen erfüllen“, so Klingbeil. Es gehe dabei nicht darum, „breitbeinig oder rabiat“ aufzutreten, aber „durchdacht, überzeugt und konse-quent zu handeln“.
Für diese neue Rolle, die Deutschland harte finanzielle und politische Entscheidungen abverlangen werde, brauche es „eine völlig andere sicherheitspolitische Debatte in Deutschland“. Im Wettbewerb der politischen Zentren in der Welt müsse die Europäische Union „eine geopolitische Bedeutung entfalten“. Sie müsse im Wettbewerb mit Russland und China andere Länder für sich gewinnen, neue strategische Allianzen auf der Grundlage von wirtschaftlichen Interessen und politischer Orientierung schmieden. „Unser Anspruch muss sein, dass wir das attraktivste Zentrum sind.“
Mit Blick auf die Russlandpolitik moniert Klingbeil, Deutschland habe zu lange geglaubt, „dass sich am Ende unser politisches Modell einer regelbasierten Ordnung durchsetzen würde“. Dabei habe man verkannt, dass sich die Dinge längst anders entwickelt hätten. „Die Signale aus Russland hätten wir anders sehen müssen, spätestes 2014 mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim.“ Deutschland müsse auch weiter mit Ländern kooperieren, die unser Gesellschaftsmodell nicht teilten oder gar ablehnten.
Doch dürfe es „keine Kooperation ohne Haltung“ geben. „Wandel durch Annäherung darf nie wieder auf Wandel durch Handel reduziert werden“, kritisiert der Sozialdemokrat die bisherige Politik gegenüber Russland, das heute eine Diktatur sei. Klingbeil wirbt auch dafür, dass Europa seine strategische Autonomie ausbauen soll, kritische Güter und kritische Infrastruktur müssten hierzulande hergestellt werden. „Nie wieder dürfen wir uns in so starke Abhängigkeit begeben, wie das energiepolitisch bei Russland der Fall war.“
Angesichts des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine fordert der 44 Jahre alte SPD-Vorsitzende künftig außenpolitisch in Szenarien zu denken „und uns auch auf diese Szenarien vorzubereiten“. So habe Deutschland im Umgang „mit unseren ost- und mitteleuropäischen Partnern Fehler gemacht“, weil man deren Sicht auf Russland ignoriert habe. „Wenn wir aus den baltischen Staaten oder Polen hören, dass sie Angst davor haben, die nächsten Ziele Russlands zu sein, dann müssen wir das ernst nehmen“, sagt Klingbeil und wirbt dafür, den Dialog mit den östlichen EU-Staaten zu intensivieren.Die Lieferung von Waffen aus Deutschland an die Ukraine verteidigt Klingbeil, dazu gehöre „auch schwere Artillerie“. Das gehöre zur neuen Rolle der Bundesrepublik. Der Sohn eines Soldaten, am größten Heeresstandort Munster aufgewachsen, fordert zudem „einen anderen gesellschaftlichen Umgang mit der Bundeswehr“. Die Streitkräfte seien in der öffentlichen Debatte in Deutschland in den vergangenen Jahren immer weiter „nach hinten gerückt“.
Oftmals seien sie nur gesehen worden, wenn es Skandale gegeben habe. „Man hatte fast den Eindruck, je weniger Bundeswehr es gibt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit eines Krieges. Das genaue Gegenteil ist der Fall“, sagt Klingbeil. Er wünsche sich, dass die deutsche Gesellschaft „eine neue Normalität mit der Bundeswehr“ entwickele. Das bedeute, „dass wir über Frieden und Sicherheit reden und dabei die Bundeswehr selbstverständlich mitdenken“. Nicht das Reden über Krieg führe zum Krieg, sondern das Verschließen der Augen vor der Realität führe zum Krieg.
Nota. - Das kommt ja wohl etwas überplötzlich. In der Sache kann man ihm kaum wider-sprechen, doch wenn man hinsieht, wer das sagt, kommt Vertrauen nicht auf. Wo waren diese Stimmen bisher, warum hat man sie nicht zu hören bekommen? Klingbeil hat wohl seit län-gerem ein Herz für die Bundeswehr. Doch wenn das der Grund für eine weltpolitische Neu-ausrichtung der deutschen Sozialdemokratie sein sollte, wird mir mulmig.
Das große Verdienst Angela Merkels für Deutschland war, dass sie diesem Land einen Platz in der Welt auf friedlichem Weg verschafft hat, den es auf kriegerischem Weg nie erobern konnte. Sie hat in der Griechenlandkrise Europa ein Rückgrat eingezogen, das kein anderes der betei-ligten Länder ihm hat bieten wollen noch können, und sie hat in der Flüchtlingkrise von 2015 den Europäern vor Augen geführt, was ihre weltpolitische Verantwortung war.
Danach haben die Kleingeister mal hier, mal da Scharten ins vorsichtig erwachsende Europa geschlagen, und außer dem Lippenbekenntnis für die globale Verantwortung ist kaum etwas zurückgeblieben.
Die Sozialdemokraten stellten zwar den Außenminister, aber die Richtlinien der Politik be-stimmten sie nicht. Doch den inzwischen allseits bemerkten Schwachpunkt der Ära Merkel, die Arglosigkeit gegenüber dem Putinregime, verantworten sie wenigstens so wie die Kanz-lerin.
Was haben sie daraus gemacht? Nach Wochen der Sprachlosigkeit hat ihr Kanzler das Wort von der Zeitenwende geprägt, nachdem er in denselben Wochen Putin zugesichert hatte, dass er nie und unter gar keinen Umständen "schwere Waffen" an die Ukraine geben würde. Wenn überhaupt Worte Taten werden können - das war eine Tat, und Putin hat sie beherzigt.
Und jetzt ist Säbelrasseln Mode, Klingbeil hat Hofreiter mit Leichtigkeit überrundet.
Es steckt aber nichts dahinter, was eine Neuausrichtung der deutschen Politik und der Rolle Deutschlands in der Welt glaubhaft machen könnte.
JE