Dienstag, 18. Januar 2022

The Weapon-making animal

aus welt.de, 8. 1. 2022                                                         Griechische Krieger im Zweikampf mit dem Speer, 4. Jhdt. vor Chr.

Die ältesten Fernwaffen der Menschheit
Bereits vor 300.000 Jahren gingen Urmenschen mit Speeren auf die Jagd. Aus der Bronzezeit haben sich knapp 17.000 Exemplare in Europa erhalten. Brandenburger Archäologen wollen sie jetzt in einer Onlinedatenbank zusammenfassen.

Welche Bedeutung die Kriegerelite dem Speer in historischer Zeit beimaß, belegt der Zweikampf zwischen dem Griechen Achilleus und dem Trojaner Hektor in der „Ilias“. Den stilisiert der Dichter Homer als Duell der „Lanzenkämpfer“, den der Grieche durch einen Stoß mit der „erzbeschwerten Eschenlanze“ zu seinen Gunsten entscheidet.

Das soll sich um 1200 v. Chr. ereignet haben. Bereits mehr als 300.000 Jahre davor war Homo heidelbergensis, ein Vorläufer des Neandertalers, in der Lage, weitreichende und extrem durchschlagskräftige Speere zu produzieren. Das belegen die acht Wurfgeschosse, die in den 1990ern in dem Braunkohletagebau Schöningen bei Helmstedt geborgen wurden. Sie sind zwischen 1,80 und 2,30 Meter lang und weisen die Konstruktionsmerkmale moderner Wurfspeere auf. Experimente mit Nachbauten haben gezeigt, dass mit mit ihnen Reichweiten von bis zu 65 Meter erzielt werden konnten, bei einer Treffergenauigkeit von 20 bis 30 Meter.

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Um die Entwicklungsgeschichte dieser ältesten Fernwaffe der Menschheit auf eine breitere Grundlage zu stellen, erfassen Wissenschaftler des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseums die bronzenen Lanzenspitzen, die sich in europäischen Museen und Sammlungen erhalten haben. Ziel sei eine Onlinedatenbank, aus der Forscher weltweit Informationen beziehen können, sagt Landesarchäologe Franz Schopper, Direktor des Archäologischen Landesmuseums Brandenburg. Es gebe zwar bereits übergreifende Arbeiten zu Lanzenspitzen der Bronze- und frühen Eisenzeit, aber noch keine mit einer so großen Datenbasis.

 Bronzelanzenspitze, geborgen in Frankfurt (Oder)

Im Gegensatz zu den Schöninger Speeren, bei denen es sich um exzellent gearbeitete, aber nur angespitzte Holzstäbe handelt, waren die Fernwaffen zwischen 1600 und etwa 900 v. Chr. in Europa mit einer Spitze aus Bronze ausgestattet. Europaweit sind knapp 17.000 Funde bekannt. „Manche sind zweckmäßig und schlicht gefertigt, andere auch etwas angeberisch und reich verziert, mit denen der Besitzer Eindruck schinden wollte“, sagt Schopper. Für den Kampf reichten aber einfache Spitzen völlig aus.

Die Herstellung setzte bereits ein hohes Maß an technischen Fertigkeiten und wirtschaftlicher Vernetzung voraus. Kupfer und Zinn zur Bronzeherstellung mussten gefördert und zum Teil über weite Strecken gehandelt werden. Schmiede entwickelten Techniken, um die Speerspitze mit einer Höhlung herzustellen, um sie auf einem Holzstab fixieren zu können.

Dafür war das Beherrschen hoher Temperaturen ebenso notwendig wie das Verhindern von schädlicher Blasenbildung, die das Metall brüchig gemacht hätte. Zum Teil wurde das Metall verziert – mit Schraffuren oder Einkerbungen. Mit mehrfach verwendbaren Gießformen konnten ganze Serien von Speerspitzen erzeugt werden. Durch Bearbeitung mit dem Schmiedehammer wurde das Material zusätzlich gehärtet und geschärft.

Auch nach dem Ende der Bronzezeit waren Speer und Lanze entscheidende Waffen. Sowohl die griechischen als auch die römischen Armeen führten sie mit Eisenspitze. Die griechischen Hopliten setzten sie auch im Nahkampf ein. Die Makedonen entwickelten daraus die bis zu fünf Meter lange Sarisse, mit der die Phalanx feindliche Linien durchbrechen und Kavallerieangriffe stoppen konnte.

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Das etwa 2,10 Meter lange römische Pilum diente dagegen der Zermürbung der feindlichen Schlachtordnung. Im archäologischen Experiment zeigten diese Speere eine erstaunliche Durchschlagskraft. Selbst massive Schilde aus Holz wurden von den bis zu 50 Zentimeter langen Eisenspitzen durchschlagen, sodass beim Einsatz gegen tief gestaffelte Schlachtreihen auch die Hinterleute getroffen werden konnten.

Doch der entscheidende Trick war die Konstruktion der Spitze sowie ihr Verbindungsstück mit dem Schaft. Hatte sich die lange Spitze erst einmal in Schild oder Körper gebohrt, sorgte das Gewicht und die Hebelwirkung des hölzernen Schafts dafür, dass sich das Eisen verbog. Damit behinderte das Pilum den Getroffenen, so er denn überlebt hatte, beim Weiterkämpfen und stellte zudem sicher, dass dieser die Waffe nicht gegen die Römer verwenden konnte.

1 Kommentar:

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