Donnerstag, 19. August 2021

Sie hätten sich eben zusammenreißen müssen.


Ich werde mir nicht die Zunge verbrennen und aus Umfragen Schlüsse ziehen, mit denen ich mich am Wahlabend blamiere. Darum bescheide ich mich, die Umfragen zu kommentieren.

Auffällig ist der Aufschwung der SPD, die sie aber nur ihrem Kandidaten verdankt - zuverläs-sig biederer Routinier - und dem Umstand, dass sie sich selber ganz klein macht. Und der Auf-schwung der Liberalen, denen viele CDU-Anhänger zutrauen, den grünen und/oder sozialde-mokratischen Anwandlungen der Rest-CDU zu trotzen.

Und natürlich, dieses erklärt jenes, der Absturz der Union. "Es liegt am Kandidaten." Na ja; es liegt daran, was er vertritt - oder eben nicht. Die Merzverfallenen haben es seit zwanzig Jahren gewusst: Die Union müsse sich auf ihren Markenkern besinnen! Doch genau das hat sie ge-macht: Ihr Merkenkern ist Kanzler:innenwahlverein. Wer könnte den so treffend repräsentie-ren wie Laschet?

Die Zukunft der CDU könnte sein, ich predige es seit Jahr und Tag, sich zur Sammelplattform eine offensiven, radikalen Mitte zu profilieren. Da wird sie nach allen Seiten nostalgische Ge-folgsleute verprellen, und von allen Seiten dynamische neue Kräft ab- und zu sich ziehen. Was im Saldo überwiegt, muss nicht ihre erste Sorge sein. Ihre erste und eigentlich einzige Sorge muss sein, sich eine Zukunft zu schaffen und nicht als ein Schatten der Vergangenheit zu ver-trocknen. Wenn sie es nicht schafft, diese Rolle zu spielen, wird sie keine spielen.

Man stelle sich vor - ausgemacht ist noch nichts -, Laschet versackt im Morast und Scholz wird Kanzler. Nicht mit der Linken, sondern mit der FDP. Da wird die SPD mutieren. Kühnert-Esken-Bohrjan bleiben in der Versenkung, in die sie sich schon geduckt haben, und die ver-bleibende RumpfSPD sammelt alle trotzig verbliebenen Landser der Bonner Republik und ihres rheinischen Kapitalismus um sich. Ein bisschen frischen Wind von außerhalb würde sie wohl auch brauchen, doch der würde ihnen schon aus der untergehenden CDU und von den engültig gescheiterten Grünen her zuwehen. 

Olaf Scholz als Gesicht der Radikalen Mitte? Dafür ist er doch zu sehr Kassenwart und zu gut bewährt als Mann von gestern. Entscheidend würde sein, was sie aus dem wichtigsten Erbe der Ära Merkel macht: der Erkenntnis nämlich, dass Deutschalnd in der Welt nicht nur eine eigene Rolle spielen kann, sondern um seiner und Europas Willen spielen muss. Da wären sowieso neue Köpfe nötig.  



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