Freitag, 16. November 2018

Die technologische Voraussetzung für den Erfolg der Wikinger.

Wikinger-Festival auf den Shetland-Inseln
aus Spiegel.de, 6. 11. 2018

Was die Wikinger zu gefürchteten Seefahrern machte 
Um 700 nach Christus begann die Hochzeit der Wikinger. Möglich war das wahrscheinlich nur durch die Großproduktion eines klebrigen Stoffes.

Ohne ihre Schiffe wären die Wikinger wohl nicht weit gekommen. Im achten Jahrhundert war die Zeit, in der die nordischen Völker begannen, weite Teile Europas zu plündern und später auch den Atlantik zu überqueren. Möglich war das wahrscheinlich nur aufgrund einer technologischen Innovation: Durch die Produktion von Teer waren die Wikinger in der Lage, ganze Schiffsflotten abzudichten und so vor Wasser zu schützen.

In Schweden hat ein Forscher nun trichterförmige Gruben untersucht, die genutzt wurden, um diesen Teer zu produzieren. Darin wurde Kiefernholz mit Torf bedeckt und unter Luftabschluss angezündet. So entstand Holzteer. Allerdings geschah das über die Wikingerzeit in unterschiedlich großem Ausmaß, berichtet Andreas Hennius von der Uppsala University im Fachmagazin Antiquity. 

300 Liter Teer in einem Produktionszyklus

Hennius verglich die Teeröfen an unterschiedlich alten Grabungsstätten:
  • Im Südosten von Schweden hatten Forscher Anfang der Zweitausender Teeröfen aus den Jahren 100 bis 400 nach Christus entdeckt. Sie waren recht klein und in Siedlungen untergebracht, berichtet der Archäologe.
  • 2005 fanden Forscher dann weiter nördlich größere Teeröfen, die allerdings aus der Zeit zwischen 680 und 900 stammen. Sie befanden sich in der Regel außerhalb der Siedlungen in der Nähe von Kiefernwäldern, sodass Holz direkt verfügbar war.
Forscher waren zunächst davon ausgegangen, dass sie zur Produktion von Holzkohle genutzt wurden. Doch Hennius ist sich sicher, dass hier Teer entstand - und zwar in größeren Mengen. Bis zu 300 Liter von dem zähflüssigen Dichtmittel konnten in den großen Gruben in einem Produktionszyklus hergestellt werden.

Die Massenproduktion würde auch zeitlich passen. Denn mit dem Ende des siebten Jahrhunderts begann die Hochzeit der Wikinger. Zwar kann die Teerproduktion allein ihre Ausbreitung nicht erklären, sie leistete aber wahrscheinlich einen wichtigen Beitrag.

Im 11. Jahrhundert Ausdehnung bis nach Amerika 

Bei den Öfen habe es sich um Industriestätten gehandelt, die ausschließlich der Massenproduktion von Teer dienten, glaubt Hennius. Das habe es den Wikingern ermöglicht, mit ihren Langschiffen auf Plünderfahrt zu gehen. Zudem könne der Teer dazu gedient haben, Segel zu imprägnieren und mit den Waren zu handeln.

"Die zwischenzeitliche Größe der Wikingerflotte legt nahe, dass es eine große, beständige Nachfrage nach dem Produkt gab", schreibt der Forscher. In einigen Quellen sei die Rede von Hunderten Schiffen. Die Konstruktion von Wikingerlangbooten ist inzwischen archäologisch gut dokumentiert - auch die Nutzung von Teer war bekannt.

Bis zum 11. Jahrhundert beherrschten die Wikinger weite Teile Großbritanniens und hatten sich in Island, Grönland und Amerika niedergelassen. Von dort aus überfielen sie unter anderem spanische Häfen. Erst mit der Christianisierung um 1000 nach Christus endete allmählich die große Zeit der Wikinger. Sie wurden zunehmend sesshaft.
jme

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen