Montag, 8. April 2019

Der Nutznießer ist China.

aus Tagesspiegel.de, 8. 4. 2019

"Europa ist gelähmt"  
Oettinger sieht China als Sieger des Brexit-Streits
China nutze die Lähmung der EU, um in Lücken vorzustoßen, sagt EU-Kommissar Oettinger. Chinas Ministerpräsident bestreitet, sein Land wolle Europa spalten.
EU-Kommissar Günther Oettinger sieht China als den größten Profiteur im anhaltenden Ringen um den Brexit. „Europa ist gelähmt“, sagte der CDU-Politiker der „Welt“ kurz vor dem EU-China-Gipfel in Brüssel. Seit mehr als zwei Jahren beschäftige sich die EU mit dem Brexit. „Das kostet Zeit und Mühe, Nerven und Geld. Dabei gibt es so viel zu tun, was wichtiger wäre. Damit machen wir andere stark. Größter Gewinner ist dabei China.“ In der Volksrepublik bringe die Regierung ihre Strategie unbeirrt voran und stoße überall auf der Welt in die Lücken, die Europa nicht füllen könne, weil es so sehr mit sich selbst beschäftigt sei. Als Beispiele nannte Oettinger die Künstliche Intelligenz (KI) und den Mobilfunk-Netzstandard 5G.

Der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang weist derweil Vorwürfe zurück, sein Land wolle die Europäische Union spalten. „Wir unterstützen nachdrücklich den europäischen Integrationsprozess in der Hoffnung auf ein vereintes und prosperierendes Europa“, schreibt Li Keqiang in einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“. Pekings intensive Zusammenarbeit mit osteuropäischen Ländern sei „vorteilhaft für eine ausgewogene Entwicklung innerhalb der EU, dient auch zur Geschlossenheit der EU und stellt eine nützliche Ergänzung der Beziehungen zwischen China und Europa dar“. Die gemeinsamen Interessen zwischen China und Europa wögen viel schwerer als die Differenzen, schreibt Li.

China war vorgeworfen worden, durch die besondere Kooperation mit osteuropäischen Staaten die EU auseinanderzutreiben. Im vergangenen Jahr hatte ein alljährlich stattfindendes Treffen Li Keqiangs mit Regierungschefs aus 16 Ländern in Mittel- und Osteuropa Brüssel alarmiert. Erörtert wurde die Zusammenarbeit in wichtigen Bereichen - wie etwa Infrastruktur, Energiewirtschaft, Technologien und Tourismus. EU-Diplomaten beklagten, „Teile und herrsche“ sei die chinesische Strategie, um die europäische Einheit zu untergraben. ...


Nota. - Wie hoch die Kosten eines britischen Ausscheidens für die Europäische Union würden, ist noch gar nicht klar. Aber zerbrechen wird sie daran nicht. Viel bedenklicher sind die Kosten für Großbritannien selbst. Weniger die, die sich in Pfund und Europa ausdrücken lassen, als die längerfristigen politischen Kosten. Dass es sich auf die Dauer allein gegen die Begehrlichkeiten der Amerikaner und Chinesen behaupten kann, ist nicht wahrscheinlich. 

Eine amerikanische oder gar chinesische Satrapie direkt vor der eigenen Küste - das wäre allerdings ein Preis, der auf Dauer auch der Europäischen Union zu hoch sein würde. Doch bevor es so weit käme, wäre der unvermeidlich vorhergehende Untergang der Britishness ein schwerer Schlag gegen den Kernbestand Europas, und das ist die eigentliche Bedrohung.
JE 

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