aus derStandard.at, 4. April 2017, 10:18
Wurzeln der
Kooperation liegen in engen Zweier-Freundschaften
Österreichischer Biomathematiker Martin Nowak entdeckte Formel für die
Entwicklung von Zusammenarbeit in einer Gesellschaft
Wien – Enge Zweierfreundschaften sind mehr wert als ein loses Netzwerk
an Bekanntschaften, wenn es um den Zusammenhalt in einer Gesellschaft
geht: Zu diesem Schluss kommt ein Team um den österreichischen
Biomathematiker Martin Nowak. Die Forscher fanden erstmals eine
Gleichung, wie die natürliche Selektion in einer realistischen
Bevölkerung Kooperation hervorbringt. Die Studie erschien im Fachmagazin
"Nature".
Bisher konnte man nur ausrechnen, wie Kooperation in einer Population
entsteht, wenn jeder exakt gleich viele Bekanntschaften hat, erklärte
Nowak, der an der Harvard University (USA) forscht. Die mathematische
Beschreibung eines wirklichkeitsnahen Beziehungsnetzwerks sei eigentlich
so komplex, dass sie laut gängiger Computerwissenschaft gar nicht
möglich ist – ausgenommen in Grenzfällen.
Grenzfälle in Beziehungsnetzwerken
"Wenn die Evolution nur schwach wirkt und vieles vom Zufall abhängt, ist
genau so ein Grenzfall", sagte Nowak. Bei regelmäßigen Treffen mit
Mathematik-Kapazundern wie dem Fields Medaillen-Gewinner Shing-Tung Yau
und dem Mathematik-"Jungstar" Ben Allen sei man schließlich auf die
Formel gekommen.
Schon 1992 hat Martin Nowak mit seinem damaligen Mentor Robert May
(heute Lord May of Oxford) in "Nature" eine Arbeit veröffentlicht, bei
der gezeigt wurde, dass bestimmte Beziehungsstrukturen in einer
Bevölkerung Kooperation ermöglichen. "Seit damals sucht man nach der
allgemeinen Formel, die jetzt gefunden wurde", erklärte er.
Wenig Kooperation auf Basis von Facebook
Die Forscher untersuchten mit dieser Formel verschiedenste
Beziehungsnetzwerke bei Menschen, Delfinen und Primaten. Am wenigsten
Kooperation brachte dabei das soziale Internet-Netzwerk Facebook hervor,
berichten sie.
"Am besten für die Kooperation sind stabile paarweise Beziehungen, also
Partnerschaften und Freundschaften", sagte Nowak. Sie bilden quasi das
Rückgrat der Zusammenarbeit in einer Gesellschaft und könnten durch eine
große Zahl an losen Bekanntschaften und Verbindungen niemals ersetzt
werden. (APA, red,)
Abstract
Nature: "Evolutionary dynamics on any population structure."
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