Sonntag, 25. Februar 2018

Beizeiten das Haus bestellen.

aus tagesspiegel.de, 25. 2. 2018

Von wegen führungsschwach. Angela Merkel ist offenbar fest entschlossen, ein politisches Erbe zu hinterlassen, an dem keiner ihrer Nachfolger vorbeikann.

... Merkels Personaltableau zeigt insgesamt, dass die CDU-Chefin den Kern ihres politischen Erbes zu verteidigen gedenkt. Dieser Kern besteht in dem, was ihr Kritiker als „Sozialdemokratisierung“ und Verrat am Althergebrachten vorwerfen. Man kann aber, mit einem gerade wieder schwer in Mode kommenden Begriff, genau so gut „Erneuerung“ dazu sagen. 

Die passte nicht jedem, weil sie Gewissheiten infrage stellte und an Pfründen kratzte. Man konnte auch in jedem einzelnen Fall über Stilfragen und pädagogisches Geschick – oder Mangel an solchem – reden. Bloß ändert das nichts daran, dass die CDU nur deshalb noch Volkspartei ist, weil sie neue Wählerschichten erschlossen hat. Die SPD hat das versäumt, mit den bekannten Folgen: Die gewerkschaftstreuen Malocher sterben ihr weg, und die GemeinschaftskundelehrerInnen werden nicht mehr. Manche von denen wählen sogar heimlich CDU. 

Der Strategin Merkel dagegen war früh klar, dass die Mitte ein beweglicher Ort ist. Eine bürgerliche Mehrheitspartei kann sich der Drift einer Gesellschaft nicht prinzipiell verweigern, selbst um den Preis nicht, dass ein neuer Kurs manchen Traditionalisten unter Protest von Bord gehen lässt. Sie kann allenfalls versuchen, die Bewegung so zu beeinflussen, dass nicht zu viele seekrank werden.
 
Allerdings steht nirgendwo geschrieben, dass der Ort immer nur in eine Richtung wandert. Womit die Frage hinter den Wort- und Stellungspielen um die Rolle des Konservativen und seiner Symbolfiguren in der CDU erreicht wäre: Dreht die Mitte grade scharf nach rechts?

Konservative Mode ist noch kein Rechtsruck

Der Augenschein – Donald Trump, Victor Orbán, Sebastian Kurz, Alexander Gauland – liefert den Anhängern dieser Theorie Indizien. Aber man muss immer aufpassen, nicht in die politische Börsenkursfalle zu tappen. Nicht jeder demoskopische Kursanstieg ist der Beginn einer Hausse. Selbst der Einzug der AfD in den Bundestag war erst mal nichts weiter als die späte – und letztlich sogar maßvolle – Quittung für den frühen Flüchtlingskurs Merkels und ihres Partners SPD. Eine generelle Wende im Zeitgeist beweist das nicht, auch wenn einer wie Spahn clever seine Marktlücke als modischer Konservativer erkannt hat. ...


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