aus scinexx
Vor 10.000 Jahren lebender Jäger und Sammler besaß Gene für dunkle Haut und helle Augen
"Deshalb hat man bis vor Kurzem gedacht, dass der Homo sapiens relativ
schnell nach seiner Ankunft in Europa eine hellere Haut entwickelte", so
der Forscher. Hinweise darauf
liefern auch DNA-Analysen, die Relikte von Neandertalergenen in den
Erbgutbereichen für unsere Hautpigmentierung fanden. Das spricht dafür,
dass unsere Vorfahren durch Kreuzungen mit den hellhäutigeren
Neandertalern eine hellere Haut bekommen haben könnten.
DNA-Analyse beim "Cheddar Man"
Doch nun stellt das Skelett eines steinzeitlichen Mannes aus England dieses Szenario in Frage. Seine Überreste wurden schon 1903 in einer Höhle in Somerset entdeckt. Der "Cheddar Man", wie er nach einer nahen Schlucht getauft wurde, war 1,66 Meter groß und bereits als junger Mann gestorben – warum, weiß man nicht. Datierungen ergaben, dass das Skelett rund 10.000 Jahre alt ist. Der Cheddar Man ist damit das älteste fast vollständige Skelett eines Homo sapiens in Großbritannien.
Der Schädel des Cheddar Man
Um
mehr über diesen steinzeitlichen Jäger und Sammler herauszufinden,
haben nun Forscher des Natural History Museums den Versuch unternommen,
sein Erbgut zu isolieren und zu analysieren. "Dabei suchen wir nach
möglichst dichten Knochen, die die DNA in ihrem Inneren so gut wie
möglich geschützt haben könnten", erklärt Selina Brace. Beim Cheddar Man
entnahmen sie dafür eine Probe aus einem Gehörknöchelchen - mit Erfolg.
Dunkle Haut, blaue Augen
Die DNA-Analyse enthüllte: Der Cheddar Man hatte eine überraschend
dunkle Hautfarbe – er ähnelte eher einem Afrikaner als einem heutigen
Europäer. Denn in seinem Genom fanden die Forscher genetische Marker für
die Hautpigmentierung, wie sie heute bei den Bewohnern des südlichen
Afrika vorkommen. "Das erinnert uns mal wieder daran, dass wir nicht
einfach von dem heutigen Aussehen von Menschen auf das Aussehen ihrer
frühen Vorfahren schließen können", sagt Booth.
Interessant auch: Trotz seiner dunklen Haut hatte der steinzeitliche
Cheddar Man bereits blaue Augen. "Es scheint, dass sich die helle
Augenfarbe in Europa viel früher entwickelte als helle Haut oder blonde
Haare", erklärt Booth. "Die Europäer damals besaßen offenbar eine dunkle
Haut und dunkelbraunes Haar. Aber die meisten von ihnen hatten dazu
helle Augen, entweder blau oder grün."
"Durchaus repräsentativ"
"Der Cheddar Man ist zwar nur eine einzelne Person, aber er könnte
durchaus repräsentativ sein für die Bevölkerung Europas in der damaligen
Zeit", so der Forscher. Tatsächlich haben Anthropologen schon vor
einigen Jahren in Spanien
die nur 7.000 Jahre alten Überreste eines Steinzeit-Mannes mit
ebenfalls dunkler Haut und blauen Augen entdeckt. Beides zusammen
spricht dafür, dass zumindest die Europäer der Mittelsteinzeit noch
dunkelhäutig waren - und dies selbst im damals noch mit dem Festland
verbundenen England.
Helle Haut erst bei den ersten Bauern?
Anthropologen vermuten inzwischen sogar, dass sich die heute typische
helle Haut der Europäer erst nach der Ausbreitung der Landwirtschaft –
und vielleicht sogar noch später – etablierte. Denn ein DNA-Vergleich
ergab vor einigen Jahren, dass sich das Aussehen der Europäer erst im
Laufe der letzten 5.000 Jahre grundlegend wandelte.
Wie der Cheddar Man zu seinen Lebzeiten aussah, zeigen das Natural
History Museum in London und der britische Sender Channel 4 anhand einer
wissenschaftlichen Rekonstruktion. Auf Basis seiner Schädelmerkmale und
der genetischen Marker haben Mitarbeiter einer Spezialfirma das Gesicht
des steinzeitlichen Jägers und Sammlers rekonstruiert. "Natürlich sind
Gesichtsrekonstruktionen immer teils Wissenschaft und teils Kunst", sagt
Booth. "Aber es gibt einige anatomische Standards, die durchaus
verraten, wie die grundlegende Morphologie eines Gesichts aussah."
(Natural History Museum London, 09.02.2018 - NPO)
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