Die dionysische Herkunft der Kultur.
O. Lohmüller
aus scinexx
Das älteste Bier der Welt
Schon vor 13.000 Jahren brauten Menschen im Nahen Osten Bier aus Getreide
Steinzeitliche Braukunst: In Israel haben
Archäologen die ältesten Spuren des Bierbrauens entdeckt – und den
ältesten menschengemachten Alkohol überhaupt. Die 13.000 Jahre alten
Rückstände in Steingefäßen belegen, dass schon die halbsesshaften
Menschen der Natufien-Kultur Bier aus Wildgetreide und anderen
Pflanzenzusätzen brauten. Bier könnte damit sogar älter sein als das
Brotbacken – und rituellen Zwecken gedient haben, wie die Forscher
berichten.
Bier ist heute eines der beliebtesten alkoholischen Getränke – und
der Gerstensaft hat eine lange Tradition. Schon vor gut 4.000 Jahren
tranken die Sumerer einen vergorenen Getreidesaft, im Süden Ägyptens wurde vor rund 2.000 Jahren Bier als Medizin gegen Infekte konsumiert und auch bei den Galliern
war das Brauen alltäglich. Die bisher ältesten Zeugnisse für Bier
stammen jedoch aus dem alten China: Hier produzierten Braumeister schon
vor 5.000 Jahren Getränke aus fermentiertem Getreide.
Sammlerkultur als Brau-Vorreiter
Jetzt aber könnten Archäologen um Li Liu von der Stanford University
noch sehr viel ältere Zeugnisse des Bierbrauens entdeckt haben. Sie
fanden diese bei Ausgrabungen in der Rakefet-Höhle im israelischen
Karmel-Gebirge. Hier lebten vor rund 13.000 Jahren Menschen der Natufien-Kultureiner halbsesshaften Sammlergemeinschaft, die als Vorstufe zu den ersten Bauern gilt.
"Die Natufien-Relikte in der Rakefet-Höhle hören nicht auf, uns zu
überraschen", sagt Koautor Dani Nadel von der Universität Haifa. "Wir
haben dort nun 30 Gräber freigelegt mit einer Fülle von Grabbeigaben wie
Feuersteinwerkzeugen, Tierknochen und Mahlsteinen, aber auch rund 100
Steinmörsern und Schalen." Drei dieser Steinmörser haben die Forscher
nun auf Pflanzenrückstände hin untersucht.
Stärkekörnchen in den Gefäß-Rückständen verrieten den steinzeitlichen Brauprozess.
13.000 Jahre alte Bierrückstände
Das überraschende Ergebnis: Die Menschen der Natufien-Kultur nutzten
diese Mörser nicht nur, um Getreide, Flachs und Gemüse zu zerkleinern –
sie brauten in diesen Gefäßen auch Bier. "Das ist das früheste
archäologische Zeugnis für getreidebasiertes Bierbrauen – und der
älteste Beleg für menschengemachten Alkohol", sagen die Forscher. Schon
vor 13.600 bis 11.700 Jahren nutzten die Natufien demnach gesammeltes
Wildgetreide zum Bierbrauen - und damit möglicherweise sogar früher als
zum Brotbacken.
Die Archäologen vermuten, dass die Natufien ihr Bier für rituelle Feste
brauten und das Getränk beispielsweise bei ihren Totenritualen
konsumierten. "Diese Entdeckung spricht dafür, dass die Herstellung von
Alkohol kein bloßer Nebeneffekt eines landwirtschaftlichen Überflusses
an Getreide war", erklärt Liu. "Stattdessen wurde das Bierbrauen
wahrscheinlich aus rituellen Zwecken entwickelt – und dies zumindest in
gewissem Maße noch vor der Erfindung der Landwirtschaft."
Steinmörser und Braugefäße in der Rakefet-Höhle in Israel.
Dreischrittiges Brau-Rezept
Wie das steinzeitliche Bier hergestellt wurde, verrieten unter anderem
Analysen der Stärkekörnchen in den Pflanzenresten. Demnach nutzten die
Natufien-Menschen einen dreiteiligen Brauprozess: Zuerst ließen sie das
Getreide in Wasser keimen und trockneten sie wieder – es entstand Malz.
Dann zerkleinerten sie das Getreidemalz in ihren Mörsern und erhitzten
es. Schließlich wurde es in Gefäßen gelagert und fermentierte. Das
Ergebnis war ein alkoholhaltiger Sud – Bier.
Das Steinzeit-Bier hatte allerdings nur wenig Ähnlichkeit mit den
heutigen Brauereiprodukten, wie die Forscher betonen. Denn das
alkoholische Gebräu der Natufien enthielt nicht nur Getreide, sondern
Zusätze aus mehreren verschiedenen Pflanzenarten. Zudem ähnelte die
Konsistenz vermutlich eher einem dünnflüssigen Brei als einem modernen
Bier. (Journal of Archaeological Science: Reports, 2018; doi: 10.1016/j.jasrep.2018.08.008)
Nota. - Nietzsche hatte mehr Recht, als er ahnte. Er hätte gar nicht bei der attischen Tragödie Halt machen müssen, aber von Göbekli Tepe konnte er noch nichts wissen. Allerdings werden wir uns Dionysos von nun an mit Hopfengirlanden statt mit Weinlaubkränzen vorstellen müssen.
JE
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