Alkohol trieb den Menschen in die Sesshaftigkeit
In einer Höhle bei Haifa haben Archäologen die womöglich älteste
Produktionsstätte von Bier entdeckt. Der Fund stärkt die These, dass der
Mensch für das Rauschmittel zum Getreideanbau überging.
Zwei der Kammern, die in die felsige Höhlendecke gegraben worden waren, dienten offensichtlich der Lagerung von Getreide, die dritte der Fermentation. Unweit davon kamen die sterblichen Überreste von etwa 30 Menschen, die auf einer von Blumen und Pflanzen bedeckten Plattform begraben worden waren, sowie zahlreiche Geräte und Werkzeuge ans Licht. Datiert werden die Funde auf das 13. Jahrtausend v. Chr.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass in der Höhle ein bierähnliches Getränk produziert wurde, das bei orgiastischen Festen kreiste. „Die haben etwas gebraut, das einen angemessenen Anteil an Alkohol enthielt“, sagt Nadel. „Wir reden dabei über das Gären von Getreide, was eine Basis von Bier ist.“ Dieses Getränk, das einer Suppe ähnlich war, könnte bei Begräbnisfeiern oder im Rahmen von Ritualen, etwa eines Ahnenkults, zum Einsatz gekommen sein.
Der große Aufwand bei der Alkoholherstellung zeigt die Bedeutung des Getränks in der Kultur des Natufien, die zwischen 12.000 und 9000 v. Chr. die südliche Levante prägte. In dieser Zeit, die in eine Warmphase der letzten Eiszeit fiel, gingen Wildbeuter daran, mit Getreideanbau und der Domestikation von Tieren (Hunden) zu experimentieren und schon länger an einem Ort zu siedeln.
Reste von Hütten, Gerätschaften, Steinwerkzeugen, Knochen und Gräbern zeigen, dass die Menschen des Protoneolithikums bereits viele Merkmale nachfolgender Kulturen ausgebildet hatten. „Alkoholerzeugung und die Lagerung von Lebensmitteln gehörten zu den wichtigsten Innovationen, die schließlich zur Entwicklung von Zivilisationen führten“, sagt der Ostasien-Spezialist Li Liu aus Stanford, der zum Grabungsteam gehört.
Dass das mühselige Sammeln von Getreide offenbar der Herstellung von Rauschmitteln diente, ist ein weiteres Argument für die These, dass auch in Göbekli Tepe der Alkohol in Strömen floss. Dort kamen Menschen von weit her zu gemeinschaftlichen Zeremonien zusammen. Aus schriftlichen Zeugnissen der frühen Hochkulturen in Mesopotamien und Ägypten (ab 3000 v. Chr.) ist bekannt, dass die Produktion von Bier überaus wichtig war. Arbeiter wurden zum Beispiel mit einem täglichen Quantum versorgt.
Auch wenn sich der Prähistoriker Hermann Parzinger der These, extremer Alkoholkonsum habe zu Sesshaftigkeit und produzierendem Wirtschaften geführt, nicht unbedingt anschließen will, resümiert er: „Es ist sicher nicht übertrieben, zu sagen, dass es für den Menschen stets eine große Rolle spielte, sich zu bestimmten Anlässen zu berauschen.“
Nota. - Es ist schon bizarr: Ausgerechnet der Alkohol, der dem nüchternen Betrachter für Lotterleben und Wur- zellosigkeit steht, soll der Grund dafür gewesen sein, dass die Jäger und Sammler, von den Anthropologen auch Wildbeuter genannt, ihr unstetes Leben zugunsten ortansässiger Ergebung in den naturgegebenen Rhythmus der Vegetationsperioden aufgegeben haben! Die weltläufige Vagabondage zugunsten des Hockens auf der heimatli- chen Scholle, die Abenteuer der Jagd zugunsten eintöniger Ackerei...
Es ist aber schon eine spezifische Erklärung nötig, wenn man verstehen soll, weshalb Menschen in grauer Vor- zeit zu einer Ernährungsweise übergegangen sind, die unmittelbar minderwertiger gewesen ist als die überkom- mene Diät aus Wildbret und Naturkost, und mittelbar die schrecklichen Folgen von Überbevölkerung, Massen- elend und Klassenkampf gezeitigt hat. Eine vernünftige Erklärung müsste man lange suchen. Eine unvernünftige wird der Sache viel eher gerecht.
JE
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