Schmuckstücke aus Mammutelfenbein in Deutschland entdeckt
42.000 Jahre alte Funde zeugen von spezieller Herstellungstechnik und Tradition auf der Schwäbischen Alb
Tübingen – Deutsche Forscher haben in den Weltkulturerbe-Höhlen des Achtals und Lonetals zahlreiche Perlen aus Mammutelfenbein gefunden. Die Schmuckstücke sind in ihrer Machart bislang ausschließlich von der Schwäbischen Alb bekannt. In der Karsthöhle Hohler Fels bei Schelklingen im Achtal (Baden-Württemberg) wurden auch mehrere einzigartige Perlenformen ausgegraben.
Mit insgesamt 40 Schmuckstücken sei die Anzahl der Funde ungewöhnlich hoch, sagte Nicholas Conard von der Universität Tübingen, der die Artefakte gemeinsam mit Kollegen vergangene Woche präsentierte. Die Schmuckstücke sind ab sofort im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren zu sehen.
Sozialer Zusammenhalt
"Die Stücke sind wichtig für die Entwicklung unserer Art: Neben Kunst und Musikinstrumenten dokumentieren sie als symbolische Artefakte die frühesten Schmuckfunde in dreidimensionaler Formgebung aus Elfenbein. Sie unterstreichen die gemeinsame Kultur und soziale Einheit der Menschen im Ach- und Lonetal, die neue Formen systematisch produziert haben – eventuell als Ausdruck einer Konkurrenzsituation zum Neandertaler oder als Reaktion auf die radikalen Umweltveränderungen in dieser Zeit", so Conard.
Sie sind in der Mitte verdickt und zu den Enden beidseitig abgeflacht. Die Lochungen entstanden durch das Bohren mit einem feinen Feuersteingerät oder durch wiederholtes Einschneiden. Die Perlen liegen in allen Stadien des Herstellungsprozesses vor, vom Rohling bis zum getragenen Stück. In dieser Herstellungsart kommen sie ausschließlich auf der Schwäbischen Alb vor. Zudem seien die Schmuckstücke aus den schwäbischen Höhlen der bislang älteste Nachweis für die komplexe Herstellung von Elfenbeinperlen weltweit, so der Archäologe.
Lokale Tradition
Noch außergewöhnlicher sind dreifach durchlochte Perlen aus Mammutelfenbein aus der ältesten aurignacienzeitlichen Schichten der Höhle [s. Kopfbild]. Hier laufen die Enden mehr oder weniger spitz zu, die beiden äußeren Löcher werden meist durch Einkerbungen vom mittleren Teil der Perle abgesetzt. Die Einkerbungen entstanden durch mehrfaches Ansetzen und Schneiden des entsprechenden Steinwerkzeugs. Dieser Perlentyp sei nur vom Fundort Hohler Fels bekannt und besitze keine Parallelen zu anderen Funden.
Dass auch die doppelt durchlochten Perlen nur aus Grabungen auf der Schwäbischen Alb bekannt sind, zeigt für die Wissenschafter, dass sie Ausdruck einer Gruppenidentität waren. "Diese Form wurde nicht mit Menschen aus anderen Regionen geteilt, obwohl europaweit Kontakte bestanden. Dieser Perlentyp war offensichtlich für die Gruppen im Ach- und Lonetal bestimmt", sagte Sibylle Wolf vom Senckenberg Centre HEP. Zudem würden die Perlen über einen Zeitraum von etwa 6.000 Jahren auftreten: "Das bezeugt, dass es eine Tradition des Herstellens und Tragens dieser sehr speziellen Form gab." (red, 31.7.2017)
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Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren
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