Trump, Putin und Europa
Ein neues Jalta?
Trumps
vermutete Nähe zu Russland hat Befürchtungen geweckt, der nächste
US-Präsident könnte einen Deal mit dem russischen Präsidenten
abschliessen: einen Deal auf Kosten Europas.
Der nächste amerikanische Präsident, Donald Trump, sieht sich selbst als Meister des Deals, er hat ein ganzes Buch darüber geschrieben: «Die Kunst des Deals». Es ist zu erwarten, dass er das, was in seinem Leben als Businessmann funktioniert hat, auch auf seine Amtsführung als Präsident übertragen wird: Politik als eine Serie von Deals. An seinem designierten Aussenminister, dem Chef des Ölkonzerns ExxonMobil, Rex Tillerson, hat Trump vor allem die Qualitäten als «dealmaker» gerühmt. Einer seiner grossen Vorzüge sei, dass er enorme Deals in Russland abgeschlossen habe. Trump selbst hat immer wieder gesagt, er wolle mit Russland in ein kooperatives Verhältnis treten; Teile des Clinton-Lagers sehen den Sieg von Trump auch als eine Folge russischer Interventionen in den amerikanischen Wahlkampf, insbesondere durch der Internetplattform Wikileaks zugespielte, gehackte Informationen.
Trumps vermutete Nähe zu Russland hat Befürchtungen geweckt, der nächste amerikanische Präsident könnte, über die Köpfe der Europäer hinweg, einen Deal mit dem russischen Präsidenten abschliessen: ein neues Jalta, eine neue Aufteilung Europas in Interessensphären. Bekanntlich besteht eines der Ziele des russischen Präsidenten darin, Russland wieder zu einer Weltmacht zu machen. Und wie zu Zeiten der Sowjetunion gehört zu diesem Status, nach Verständnis des Kremls, eine Sphäre des «privilegierten Einflusses».
Donald Trump, der massive Spannungen mit Russland über die Ukraine und Syrien erbt, könnte glauben, als professioneller Dealmaker könne er den Knoten durchschlagen und mit Putin eine Abmachung finden, bei der beide Seiten etwas bekommen würden. Überraschend wäre das nicht: Es gehört mittlerweile zum Ritual, dass neue amerikanische Präsidenten glauben, sie könnten durch den Aufbau einer persönlichen Beziehung mit Putin eine Atmosphäre der Kooperation schaffen. Doch Obama ist damit ebenso gescheitert wie George W. Bush: Es hat sich bisher noch jedes Mal herausgestellt, dass des Kremls Grossmachtambitionen im Konflikt stehen mit der liberalen internationalen Ordnung, für deren Erhalt die USA noch immer die Positionen eines Garanten einnehmen.
Diesmal
könnte es anders sein. Trump hat offenbar kein Interesse an dieser
Ordnung: Sein Amerika, soweit wir es aus seinen Äusserungen und
Personalentscheidungen herauslesen können, ist nicht mehr
Weltordnungsmacht, nicht mehr Garant der liberalen internationalen
Ordnung, sondern auf seinen eigenen, sehr eng und kurzfristig
definierten nationalen Vorteil bedacht. Zudem will Trump den Kampf gegen
den radikalen Islam im Nahen Osten zur Priorität machen und könnte
dabei auf ein enges Waffenbündnis mit Russland setzen, in Syrien und
darüber hinaus.
Und
Trumps Hauptgegner ist offenkundig nicht Russland, sondern China. So
freundlich sich Trump gegenüber Russland gibt, so konfrontativ äussert
er sich zu China. Womöglich steckt dahinter nicht nur Ressentiment,
sondern Strategie: Es könnte sein, dass Trump Russland mit Amerika
verbünden will, um China zu isolieren und zu schwächen. Im Gegenzug für
Unterstützung für Amerika aber würde der Kreml freie Hand in Osteuropa
fordern, womöglich auch darüber hinaus. Europa muss sich warm anziehen
und lernen, für die eigenen Interessen selbst einzustehen, wenn es nicht
zum Spielball werden will.
Nota. - Wer's während der Flüchtlingdkrise nicht begriffen hat, wird es nach der Wahl Donals Trumps begreifen müssen: Weil Europa Deutschland als Führungsmacht braucht, braucht Deutschland selbst ein Führung; keine spektakuläre, aber eine verlässliche: die, die es hat,
JE
PS. Falls Sie sie nicht erkannt haben sollten: Die dritte in dem Bund auf dem oberen Foto ist Marine Le Pen.
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