aus Der Standard, Wien, 1. Juni 2017, 17:14
Korruptionsvorwürfe gegen Zuma und Gupta-Familie in Südafrika
Unternehmerfamilie, die dem Präsidenten nahesteht, soll bei staatlichen Aufträgen hunderte Millionen Euro abgezweigt haben
Sollten
bislang noch ein paar Puzzlestücke gefehlt haben, so ist das ganze
Ausmaß des Morasts jetzt endgültig zum Vorschein gekommen. Nelson
Mandelas Regenbogenstaat wird von einer Kabale beherrscht, die
Staatspräsident Jacob Zuma gemeinsam mit einer indischstämmigen
Unternehmerfamilie, den Guptas, sowie einigen Dutzend Eingeweihten in
hohen Positionen schmiedete: Zigtausende E-Mails, die südafrikanischen
Enthüllungsjournalisten zugespielt worden sind, haben das finstere Bild
jetzt komplettiert.
Die am Donnerstag unter dem Titel
"Gupta-Leaks" in dem angesehenen Online-Dienst "Daily Maverick"
veröffentlichten Auswertungen eines Teils des elektronischen
Briefverkehrs machen deutlich, wie die mit Zuma befreundete
Gupta-Familie eine Parallelregierung errichtet und die Steuerzahler um
Milliarden Rand betrogen hat. Die Bürger Südafrikas mussten für vom
staatlichen Eisenbahnkonzern Transnet unter dubiosen Bedingungen
erworbene Lokomotiven offenbar hunderte Millionen Euro mehr bezahlen, um
die Gupta-Familie reich zu machen – während der Stromkonzern Eskom
dafür sorgte, dass Gupta-Firmen Aufträge in Millionenhöhe zukamen.
Gleichzeitig
wurden in südafrikanischen Botschaften in Indien Erfüllungsgehilfen
platziert, um Gupta-Vertrauten regelwidrig Visa- oder gar
Staatsbürgerschaftsurkunden auszuhändigen. Erstmals wird auch deutlich,
wie tief der von Zuma erst kürzlich gegen den Widerstand von Teilen
seiner eigenen Partei zum Finanzminister ernannte Malusi Gigaba in die
Machenschaften verwickelt ist: Als Minister für Staatsunternehmen war er
am Transnet-Deal beteiligt und als Innenminister zuständig für
Konsular-Angelegenheiten.
Lukrative Lokomotive
Schon
seit geraumer Zeit ist klar, dass die Guptas hinter zahlreichen
Personalentscheidungen des Präsidenten standen: Die Vertrauten der drei
Brüder wurden sowohl ins Kabinett wie in die höchsten Managementetagen
und Aufsichtsgremien von Staatsunternehmen gehievt. Das skandalöseste
Detail der Machenschaften fiel den Journalisten im Zusammenhang mit
Transnet in die Hände: Die E-Mails belegen, dass die Gupta-Firma
Tequesta Group Ltd vor zwei Jahren 21 Prozent des Kaufpreises von 554
elektrischen Lokomotiven abzweigte – ausschließlich für die Vermittlung
des Deals, und ohne dafür irgendwelche Dienstleistungen zu vollbringen.
Diese 21 Prozent aus dem Vertrag mit dem chinesischen Hersteller China
South Rail (CSR) machten umgerechnet mehr als 320 Millionen Euro aus.
Zumindest
einen Teil ihrer Beute wussten die drei Gupta-Brüder ins Ausland zu
retten: Im teuersten Stadtteil Dubais, den Emirates Hills, erwarben sie
sich ein Anwesen für 331 Millionen Rand (rund 23 Millionen Euro) mit
zehn Schlafzimmern, zwölf Bädern, neun Empfangsräumen und einem großen
Tresor. Auch Zumas Sohn Duduzane, der als Direktor mehrerer Gupta-Firmen
fungiert, legte sich in Dubai Grundbesitz zu – in Form einer Wohnung im
zweithöchsten Gebäude der Welt, dem Burj Khalifa, für umgerechnet 1,25
Millionen Euro. Bereits am Wochenende waren südafrikanischen Zeitungen
E-Mails zugespielt worden, in denen Präsident Zuma den Emir von Dubai
davon unterrichtete, dass er Dubai zu seiner "zweiten Heimat" machen
wolle und in Emirates Hills bereits ein Anwesen erworben habe. Zuma
bestritt inzwischen, eine derartige Mail jemals geschrieben zu haben
oder ein Haus in Dubai zu besitzen.
Der "wahre Zuma"
Bereits
seit Monaten fordern Kritiker Zumas Rücktritt: Zuletzt sah sich der
ANC-Präsident am Wochenende mit einem Misstrauensantrag im höchsten
Gremium seiner Partei konfrontiert. Der Öffentlichkeit zugespielten
Informationen zufolge reagierte er mit Drohungen: "Schubst mich nicht zu
weit, sonst bekommt ihr den wahren Zuma zu sehen", soll er am Ende
einer 90-minütigen Verteidigungsrede gesagt haben, in der er außerdem
"westliche Kräfte" für die Kampagne gegen ihn verantwortlich gemacht
habe.
Politische Beobachter sehen das Kap der Guten Hoffnung nach
den Gupta-Leaks in eine labile Phase treten. "Das sind die letzten Tage
von Zuptastan"*, schreibt der Kolumnist Adriaan Basson: "Und wie ein
verletztes Tier ist Jacob Zuma jetzt am gefährlichsten."
*) =Zuma/Guptastan
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