aus Süddeutsche.de, 4. 1. 2018
... Wie kriminell sind die Menschen aus Syrien, Afghanistan oder vom Balkan? Was ist belegbar und was sind Scheinwahrheiten?
In ihrer Untersuchung zur Gewaltkriminalität präsentieren die
Kriminologen Dirk Baier, Christian Pfeiffer und Sören Kliem dazu einige
Antworten. Fest steht demnach: Durch Flüchtlinge ist es seit dem Jahr 2014
zu einem spürbaren Anstieg von Gewalttaten in Deutschland gekommen,
dies überschattet den eigentlich positiven Trend hin zu weniger Mord,
Totschlag oder Raubdelikten. Die Studie im Auftrag des
Bundesministeriums für Familie und Jugend hatte hierzu die Lage in
Niedersachsen analysiert, und zwar mit einem genaueren Blick auf
Menschen, die entweder Asyl beantragt haben, irgendeine Art von Schutz
erhalten haben, zum Beispiel Asylberechtigte, die als Schutzsuchende
abgelehnt wurden oder zur Gruppe mit "unerlaubtem Aufenthalt" zählen.
Fast jede achte Gewalttat in dem Land rechnet die Polizei einem
Migranten aus einer dieser Gruppen zu. Dabei handelt es sich lediglich
um Verdachtsfälle, allerdings um solche, welche die Polizei als
aufgeklärt einstuft und als solche an die Staatsanwaltschaften abgibt.
Flüchtlinge fallen damit deutlich häufiger als Verdächtige einer
Gewalttat auf, als es ihrem Anteil an der Bevölkerung entspricht.
Das Urteil, Flüchtlinge seien pauschal krimineller, lässt sich
dennoch nicht fällen. Zum einen unterscheiden sich die Zahlen stark nach
Herkunftsländern, zum anderen lässt sich einiges - wenn auch nicht
alles - durch kriminologische Hintergründe erklären. So ist in den
Jahren von 2014 bis 2016
auch die Zahl der Flüchtlinge stark gestiegen, nämlich auf mehr als das
Doppelte. Dies kann allerdings nur eine Teilantwort geben, denn die
Zahl der Tatverdächtigen unter ihnen ist fast um das Dreieinhalbfache
gewachsen. Hinzu kommt, dass im Zuge der Flüchtlingskrise besonders
viele Jugendliche und junge Männer nach Deutschland kamen. Wer beim
kriminellen Verhalten nicht Greise mit Pubertierenden gleichsetzen will,
der muss dies berücksichtigen. 14- bis 30-Jährige fallen stets durch
besonders viele Gewalt- und Sexualstraftaten auf, unabhängig von Land
oder Herkunft.
Darüber hinaus werden Flüchtlinge schneller einer Gewalttat
verdächtigt, weil sie häufiger angezeigt werden. Dies lässt sich
jedenfalls aus früheren Untersuchungen der Studienautoren folgern.
Besonders oft gehen Opfer zur Polizei, wenn der Tatverdächtige anderer
Nationalität ist, also etwa ein Serbe einen Deutschen verprügelt oder
ein Iraner auf einen Kroaten trifft. Mutmaßliche Opfer von gewalttätigen
Flüchtlingen aber sind laut Polizeidaten zu einem Drittel Deutsche oder
Menschen anderer Nationalität als der Verdächtige, das heißt, es
handelt sich um eine Konstellation, die erfahrungsgemäß besonders häufig
eine Anzeige nach sich zieht - und damit überhaupt erst in der
Statistik auftaucht.
Die Kriminologen vermuten allerdings, dass die Taten auch etwas
mit der Machokultur in den Heimatländern vieler Flüchtlinge zu tun hat;
dies habe sich in früheren Befragungen insbesondere bei Jugendlichen aus
dem ehemaligen Jugoslawien, der Türkei und anderen muslimischen Ländern
gezeigt. Sie stimmten besonders häufig Aussagen zu wie: "Ein Mann, der
nicht bereit ist, sich gegen Beleidigungen mit Gewalt zu wehren, ist
ein Schwächling."
Nota. - Grad noch rechtzeitig fällt mir ein: Dass man bei statistischen Befunden relativieren und differenzieren muss, ändert selbstverständlich nichts an den Sachverhalten.
JE
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