Sonntag, 14. September 2014

Das politische Ereignis par excellence: die Wissenschaft.

Morning time

Die bürgerliche Gesellschaft ist wesentlich öffentlicher Raum. Aber die öffentliche Meinung ist "von Natur" gespalten. Wissenschaft vermag das Feld des Meinungskampfs einzuengen, indem sie Einverständnis erzwingt; sie ist öffentliches Wissen. Ihr Aufstieg im Zeitalter der Moderne war das politische Ereignis par excellence. Je mehr Bereiche des öffentlichen Lebens von Wissenschaft durchdrungen werden, umso weiter reicht das Feld politischen Einverständnisses. 

Nichts anderes bezeichnet Max Webers Wort von der „Rationalisierung der Welt“, deren äußeres Merkmal ihre Verrechtlichung ist.

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Das ist ein alter Sinnspruch von mir, den ich immer gern mal wieder aufsage, damit er nicht untergeht. Unser Alltag ist in keiner Weise "verwissenschaftlicht". Wir sind zwar vom Aufwachen bis zum Einschlafen von Technik begleitet, die uns mehr beherrrscht als wir sie, aber unser Denken und Fühlen, unser Streiten und unsere Paarungen sind nicht mehr von Vernunft und gar von Wissenschaft geleitet denn je. Wir haben Neigungen und Leidenschaften, und im gesellschaftlichen Verkehr können wir stolz sein, wenn wir wenigstens gesunden Menschenverstand walten lassen. 

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Wie einer, dessen Name heute schon vergessen ist, einmal sagte: "Und das ist auch gut so."

Die Vernunft ist ja gar nicht überall am Platz. Was sollen Logik, was Physik und Chemie in der Liebe und in der Freundschaft? Und wenn da nicht - was in Ehe und Familie? 


Es gibt reichlich, reichlich rechtliche Bestimmungen, die auch dort hineinreichen. Das hat seinen Sinn, wenn regulär mit Missbräuchen zu rechnen ist, die die Integrität der Personen verletzt, auf die nicht nur sie selbst, sondern auf die das Gemeinwesen einen Anspruch hat. Der Sinn ist negativ: Missbräuche einschränken, nicht positiv: Vernunft und Wissenschaft zur Geltung bringen. Könnte man sich darauf verlassen, dass allenthaben Anstand und gesunder Menschenverstand herrschen, bliebe dem Recht nichts zu tun. Recht ist ein Notbehelf und nicht das Ideal. Eigent- lich geht es darum, Anstand und gesunden Menschenverstand geltend zu machen. Dafür braucht es keine Hoheits- träger, das kann jeder selbst besorgen; nur. Ein andrer nämlich nicht.

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Im politischen Bereich kann die Wissenschaft Kampf und Streit vermeiden, indem sie Einverständnis erzwingt. Was die Wissenschaft erwiesen hat, kann heute kein öffentlicher Machtträger in Abrede stellen. Aber bevor sie so weit ist, solange sie den Streit in den eigenen vier Wänden noch nicht zu einem Schluss gebracht hat, bleiben politische Entscheidungen politische Entscheidungen, können sich hinter wissenschaftlichen Meinungen nicht verstecken, und müssen die Risiken ganz alleine tragen.

Merke: Das Private ist so wenig politisch, wie das Politische privat ist.
 


 

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