Donnerstag, 15. Oktober 2015

Die Sozialdemokraten und ihre nationale Frage.



Aus leider allzu triftigem Grund weist die heutige FAZ darauf hin, dass Angela Merkels Politik in der Flüchtlings-frage die Sozialdemokratie in eine viel tiefere Zerreißprobe* treiben wird als ihren eigenen KanzlerInnenwahlverein.

"SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi warf Merkel vor, keine ausreichende Antwort auf die Herausforderungen der Krise zu haben. 'Angela Merkel steht nicht dafür, dass sie ausgereifte Gesellschaftskonzepte auf den Tisch legt, sondern dafür, kurzfristig zu agieren und auf Sicht zu fahren'"  
 womit sie, sei hinzugefügt, sich von der SPD nicht unterscheidet.

"Mit Blick auf die CSU-Position und die Willkommensgeste der Kanzlerin sagte Fahimi, die Union erzeuge 'eine politische Bipolarität, wie sie extremer kaum sein könnte', sie sei innerlich zerrissen. Die Stimmung im Land werde umschlagen, wenn die Kommunen den Alltag nicht mehr bewältigen könnten, so Fahimi weiter. 'Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Wohnverhältnisse vor Ort schwieriger werden, dass das Schwimmbad oder die Turn-halle für Flüchtlinge genutzt werden, die Schulen aber nicht saniert werden können oder zu wenig Lehrer für unsere Kinder da sind, weil die Kommunen das Geld für die Unterbringung oder Integrationskurse brauchen', warnte Fahimi."

Erkennen Sie, in welches Dilemma die SPD schliddert? Seit dem Abgang Schröders wieder ganz zurückgeführt auf Lippendienst am Gutmenschentum, Bedürftigenkümmerei und politisch korrekter Minderheitenpflege, aber nie, wenn's hart auf hart geht - ist sie urplötzlich von der eisernen Kanzlerin überrollt und weiß nicht einmal mehr, was sie sagen soll. Und in ihrer Verlegenheit plaudert Frau Fahimi aus, was ach so viele von diesen Gerechten im Herzen schon immer dachten: Klar wolln wir helfen, jederzeit; es darf uns bloß nix kosten.

Natürlich werden die Wohnverhältnisse "vor Ort" schwieriger werden, natürlich werden die Kommunen Geld, das (unter anderm) für Infrastrukturarbeiten vorgesehen war, für die Flüchtlingshilfe umlenken müssen. Ja wie soll es denn anders gehen? Da sind sie auf dem falschen Fuß erwischt: Ihre Wohltaten waren ja immer für die eigne Klien-tel gedacht; dass der nun selber Unbequemlichkeiten aufgebürdet werden sollen, war nicht vorgesehen. Da dauert's nicht mehr lange, dann hören wir auch von dieser Seite: Unsere Menschen sind noch nicht so weit!

Denn die energische und an dieser Stelle einzig angemessene Antwort steht ihnen ja nicht zu Gebot: dass es sich um eine nationale Aufgabe handelt. Dass wir als Nation herausgefordert sind, zum ersten Mal wieder, und wir können von Glück reden, dass uns das an einer Stelle passiert, wo wir sogar noch Bella figura machen.

Dass der erzkonservative Kardinal Woelki aus Nächstenliebe mitmachen will, ist sein christlicher Job und völlig in Ordnung. Aber die allein würde wahrlich nicht ausreichen, um die Politik einer Bundesregierung zu begründen. Deren Grund ist vielmehr ein historischer: Europa muss sich vereinigen, sonst wird es in der Welt untergehen. In Europa ist aber der Punkt erreicht, wo nur noch ein Land einen unmittelbaren Vorteil davon hat, die Vereinigung voranzutreiben, und das ist naturgemäß das stärkste; während alle andern gern noch das eine oder andere Sonder-recht mit hinüberretten wollen, und die treten auf die Bremse. Es ist nicht so, dass Großdeutschland die eigenen Interessen gegen die Interessen rivalisierender Prätendenten durchsetzen müsste. Es ist so, dass niemand in Europa die Führung übernehmen wird, wenn Deutschland es nicht tut. Aber so unfertig, wie Europa noch ist, hält es nicht lange. Mit andern Worten, wenn Deutschland vor seiner Führungsaufgabe kneift, zerfällt Europa.

Es ist eine nationale Aufgabe, und da muss man unsern Menschen auch schon mal was zumuten. Dem Wutbürger ist sowieso alles zuviel. In Dresden krakeelen sie schon auf der Straße um ihre ungestörte Ruhe auf der Datsche im stillen Winkel, wenn ihnen das einer nehmen will, werden sie rabiat. Das ist der DunkelDeutsche Rest, sie wünschen sich Deutschland warm und eng wie einen Kuhstall. 


Ob sich die Sozialdemokraten wirklich nicht entscheiden können, auf welcher Seite sie mitmachen?


*) Magdeburgs sozialdemokratischer Oberbürgermeister Lutz ist heute wegen der parteioffiziellen Flüchtlingspolitik aus der SPD ausgetreten, und die eben erst bestallte Frau Wagenknecht pustet auch schon in dies Horn.

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