aus Der Standard, Wien,11.2.2016
Wien lädt zu EU-Sondergipfel zur Flüchtlingskrise
Bundeskanzler Faymann wird nächste Woche in Brüssel Gastgeber für "Koalition der willigen EU-Staaten" sein
von Thomas Mayer aus Brüssel
"Die Einladungsbriefe sind noch nicht verschickt", sprich, mit der offiziellen Bestätigung könne man im Moment noch nicht dienen. Aber auf die Frage, ob es unmittelbar vor dem nächsten regulären EU-Gipfel kommende Woche in Brüssel wieder einen Flüchtlingssondergipfel der "Koalition der willigen EU-Staaten" gemeinsam mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu geben wird, kommt aus dem Bundeskanzleramt in Wien ein "vorsichtiges Ja".
Zumindest derzeit. Das Extratreffen von (mindestens) elf Staats- und Regierungschefs (darunter die deutsche Kanzlerin Angela Merkel) wird sich nur mit der Flüchtlingskrise und den anstehenden konkreten Schritten für Lösungen befassen. Es ist dies bereits der zweite Gipfel in diesem Format nach einer ersten Einladung durch Bundeskanzler Werner Faymann im vergangenen Dezember. Ort der Aussprache wird nach Informationen des STANDARD die Ständige Vertretung Österreichs in Brüssel sein.
Hollande und Renzi erwartet
Die Vorbereitungen und Sicherheitsmaßnahmen haben Anfang der Woche begonnen. In den kommenden Tagen wird sich entscheiden, ob die Gruppe zur Umsetzung des EU-Türkei-Pakets und zur Beschleunigung der EU-Programme zur Flüchtlingsversorgung in der Union um zwei entscheidende "Player" ergänzt wird. Neben Faymann und Merkel waren bisher die Regierungschefs der Beneluxstaaten (also Niederlande, Belgien und Luxemburg) dabei, von Finnland und Schweden, von Portugal, Griechenland, Slowenien – und der Türkei. Frankreichs Präsident François Hollande ließ sich im Dezember von Europaminister Harlem Desir vertreten.
Nächste Woche könnte Hollande persönlich in die österreichische Botschaft kommen. Merkel hat sich das bei einem gemeinsamen Abendessen in Straßburg (mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz) ausdrücklich gewünscht. Kanzler Faymann wird heute, Freitag, nach Rom reisen und Wirtschaftsgespräche mit Premier Matteo Renzi führen. Spätestens danach sollte klar sein, ob sich auch Italien der Flüchtlingspolitik dieser "Koalition der Willigen" anschließen wird. Kommissionschef Jean-Claude Juncker wird wie auch Schulz eingeladen. Die Osteuropäer sind nicht interessiert.
Wende in der EU-Flüchtlingspolitik
Damit zeichnet sich im Management der Flüchtlingskrise eine deutliche Wende in der EU ab. Bisher hatte man so getan, als käme nur eine gesamteuropäische Lösung infrage. Nun hat auch die Nato auf türkischen und deutschen Druck hin am Mittwoch entschieden, eine Mission zur Sicherung der Seegrenze zwischen Griechenland und der Türkei zu starten. Der Plan der Koalition ist, dass illegale Flüchtlinge in Zukunft in die Türkei zurückgebracht werden sollen. Stattdessen sollen vor allem Syrer direkt von der Türkei aus in EU-Staaten neu angesiedelt werden (Resettlement). Beim Sondergipfel wollen die beteiligten Staaten erstmals darüber reden. Ziel ist, dass der illegale Zustrom nach Europa beendet wird.
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