Mittwoch, 12. Oktober 2016

Der Untergang der Maya-Kultur hatte politische Gründe.

 
Tempelanlage Garacol

In der heutigen Frankfurter Allgemeinen berichtet Ulf von Rauchhaupt über die Maya-Ausstellung  in Speyer. So rätselhaft noch vieles an der Kultur der Maya bis heute ist - das größte Rätsel ist ihr plötzlicher und restloser Untergang.

Am 4. September 731 n. Chr. ging es dem Herrn von Calakmul noch bestens. Siebzehn Tage zuvor hatte Yukno’m Took’ K’awiil aus der ruhmreichen Dynastie von Kaan ein Kalenderfest begangen, das nur alle 7200 Tage - fast zwanzig Jahre - wiederkehrt. Es war nicht sein erstes Mal. Seit 702 n. Chr. gebot er über den Stadtstaat im tiefen Südwesten des heutigen Mexiko und hatte seither seiner Stadt nach der schmachvollen Niederlage gegen den Rivalen Tikal im Jahr 695 ein wenig von dem Glanz der Zeit seines Amtsvorgängers Yukno’m des Großen (ca. 600 bis 686) zurückgegeben, als ein großer Teil der Maya-Städte vom Hause Kaan abhängig gewesen waren.

Eines weiß man: Die Maya-Zivilisation beruhte, wie die 'hydraulischen' Gesellschaften Asiens, auf einem komplexen Bewässerungssystem. Und ihr Untergang beruhte, auch das weiß man, auf dessen Verfall. Aber nicht klimatische Veränderungen waren die Ursache, sondern

 ...das politische System der spätklassischen Maya. Da bekriegten und verbündeten sich kleine und größere Gottkönige ohne stehende Heere oder Beamtenapparate. Gleichzeitig sorgten die lokalen Eliten unter der durch ihren jeweiligen Herrscher rituell abgesicherten Ordnung für die Erhaltung der Infrastruktur, insbesondere der zur Sicherung der Wasserversorgung in einer Region, in der das Wasser der Regenzeit rasch in den Karstböden versickert. Ohne die „Aguadas“, abgedichtete Auffangbecken vor allem, war die Menschenmasse, zu der das Volk der Maya in spätklassischer Zeit angewachsen war, nicht zu ernähren.

Zwar lassen sich Dürren ab dem neunten Jahrhundert nachweisen. „Aber viele Maya-Städte waren bereits vorher verlassen worden“, sagt Nikolai Grube. Uxul zum Beispiel bereits im achten Jahrhundert. Im Kern endete die klassischen Maya-Zivilisation vielmehr durch einen Zusammenbruch des politischen Systems, der den Verfall der lebenswichtigen Wasser-Infrastruktur nach sich zog. Und dahinter steckt zu keinem geringen Teil der Dauerkonflikt zwischen Tikal und Calakmul. Genauer, dessen Ende im Jahre 736 n. Chr. 

Fünf Jahre nachdem sich Yukno’m Took’ K’awiil von Calakmul auf jener Stele hatte verherrlichen lassen, lag er gefesselt vor Yik’in Chan K’awiil von Tikal. Auf seinen Thron wurde ein Vasall Tikals gesetzt. Doch der Sieger hatte an diesem Triumph keine dauerhafte Freude. In dem Machtvakuum, das der endgültige Fall Calakmuls auslöste, begannen sich dessen vormalige Verbündete zu bekriegen und sich gegenseitig ihre Eliten zu dezimieren - und Tikal war offenbar unfähig zu einer Machtpolitik, die dem ein Ende hätte setzen können. Die letzte Stele Tikals wurde 869 n. Chr. datiert.

Maya - Das Rätsel der Königstädte. Historisches Museum der Pfalz Speyer, bis 23. April 2017

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