Dienstag, 11. Oktober 2016
Eine Religion wie jede andere.
Bad Gandersheim
Es ist nicht eine Kultur so gut wie eine andere. Eine Kultur, die die Menschenrechte achtet, ist besser als eine, die sie nicht achtet. Die abendländische Kultur beruht auf den Menschenrechten, und da sie immer wieder bedroht werden, müssen sie immer wieder verteidigt werden, egal, aus welcher Kultur die Angreifer kommen.
Es ist nicht jede Religion so schlecht wie eine andere. Die abendländische Kultur ist durch die christliche Religion geprägt. Ob auf ihr die Menschenrechte beruhen oder ob sie sie lediglich nicht verhindert hat, mag umstritten sein. Jedenfalls steht sie ihnen nicht entgegen, denn die Lehre von der Gotteskindschaft aller Menschen und das allgemei- ne Erlösungsversprechen entzieht jeder Diskriminieruung den moralischen Boden. Es hat viele Jahrhunderte ge- braucht, um sie nicht nur in den Gebetsbüchern, sondern im Alltag wirksam werden zu lassen, und nicht zufällig haben die christlichen Kirchen unterdes ihre weltlichen Privilegien eingebüßt. Aber dies ist der Stand der Dinge.
Richtiger gesagt, von ihren weltlichen Privilegien ist hier und da noch etwas übrig geblieben. Zu viel, sagen manche, und zu viel ist es wirklich, wenn dadurch Menschen, die - wie ich zum Beispiel - dem christlichen Glauben nicht anhängen, zurückgesetzt werden. Kreuze in Klassenzimmern gehören dazu, über den Einzug der Kirchensteuer durchs Finanzamt müsste man reden, Karfreitagsprozessionen tun aber niemandem weh, und Kirchenglocken - das muss man mal sagen - gehören zu den Kirchen; die aber sind ganz mächtige Zeugnisse und Zeichen unserer Kultur.
Soweit das Christentum zum Grundbestand unserer geistigen und materiellen Zivilisation gehört, hat es eine Son- derstellung. Keine andere Religion kann die in Anspruch nehmen, denn es hat sie nicht, weil es Religion ist, sondern weil es zu unserer Kulturgeschichte gehört - und fast möchte man sagen: obwohl es Religion ist, denn die ist als solche Privatangelegenheit. Jede andere Religion darf bei uns im Abendland in Anspruch nehmen, als Privatsache geachtet zu werden, und das wird sie. Wo sie mit den Regeln des öffentlichen Lebens kollidiert, muss sie zurück- stecken. Religionsfreiheit hat ihren Platz zwischen vier Wänden.
Auch dies darf gesagt werden: Eine Kultur, die ihrer gewiss ist - und wir haben keinen Grund, an der un sern zu zweifeln -, ist nicht kleinlich. Sie wird immer etwas mehr dulden, als was absolut unabdingbar ist. Ich habe hier in Berlin noch nicht so viele Burkas gesehen, dass ich fände, dem müsse nun endlich Einhalt geboten werden. Darüber kann man allerdings verschiedener Meinung sein, dann muss man vielleicht streiten. Aber eifern muss man nicht. Mit dem IS hat das nämlich nichts zu tun.
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