Was zum Ende der Eiszeit geführt haben könnte
Forscher
präsentieren neue Vermutung, warum vor gut 10.000 Jahren der CO2-Anteil
in der Atmosphäre stieg, was zur folgenreichen Erderwärmung führte
von Klaus
Taschwer
Mainz/Wien – Rein wissenschaftlich betrachtet ist der Buchtitel des Klassikers "Der Mensch erscheint im Holozän" von Max Frisch falsch gewählt. Mit dem Holozän (Altgriechisch für "das völlig Neue") wird in den Geowissenschaften der gegenwärtige Zeitabschnitt der Erdgeschichte bezeichnet, der vor rund 11.700 Jahren mit der Erwärmung der Erde nach dem Pleistozän begann. Und damals war der moderne Mensch natürlich längst erschienen und hatte auch schon etliche Teile des Planeten betreten, etwa den amerikanischen Doppelkontinent.
Das "Nacheiszeitalter" und sein stabileres und weniger kühles Klima trugen aber wesentlich dazu bei, dass sich die Eroberung der Erde durch den Menschen beschleunigte. Eine Folge davon war das Holozän-Massensterben vor gut 10.000 Jahren, als viele der großen Säugetiere in Eurasien und in Amerika ausstarben.
Folgenreiche Erwärmung
Sehr viel wichtiger war, dass der Mensch aufgrund des damaligen Klimawandels anfing, Getreide und andere Pflanzen anzubauen sowie Ziegen, Schafe und andere Tiere zu domestizieren. Diese neolithische Revolution durch die Landwirtschaft begann in der Levante und breitete sich von da aus über die Welt aus.
Doch warum wurde es vor fast 12.000 Jahren wärmer, sodass die Eismassen nach und nach abschmelzen konnten? Der Einfluss des Menschen konnte es noch nicht gewesen sein. Was aber war es dann?
Offensichtlich ist, dass es im Laufe des frühen Holozäns zu einem Anstieg des Kohlendioxidgehalts in der Atmosphäre kam. Diese Zunahme der CO2-Konzentration war freilich weitaus geringer als jene seit Beginn der industriellen Revolution: Der Anteil des Treibhausgases stieg am Beginn des "Nacheiszeitalters" von rund 260 auf 280 ppm (also parts per million), in den letzten 200 Jahren von 280 auf 400 ppm.
Weit hergeholte Beweismittel
"Verglichen mit heute scheint dieser Anstieg um 20 ppm gering zu sein", sagt der Geowissenschafter Daniel Sigman, "dennoch gehen Forscher davon aus, dass genau das ein erneutes Abkühlen während des Holozäns verhindert hat." Wodurch aber gelangte damals nach und nach mehr Kohlendioxid in die Luft? Sigman, der an der Uni Princeton forscht und lehrt, dürfte nun gemeinsam mit einem deutsch-amerikanischen Forscherteam fündig geworden sein. Und sowohl die Beweismittel wie auch die konkrete Erklärung sind jedenfalls für Laien buchstäblich weithergeholt.
Die Ausgangshypothese der Wissenschafter: Langfristig betrachtet sind die Weltmeere die wichtigsten Depots für die Einlagerung von atmosphärischem Kohlendioxid, das heute in den Meeren für eine bedrohlich starke Versauerung sorgt. Die Forscher um Erstautorin Anja Studer (Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz) begaben sich für ihre Studie in das Südpolarmeer rund um die Antarktis, um dort nach Fossilien von Foraminiferen, Kieselalgen und Tiefseekorallen zu suchen.
Auftrieb im Südlichen Ozean
Aus den Anteilen der Stickstoffisotope in den Überresten dieser drei verschiedenen Arten von Meeresbewohnern konnten die Wissenschafter die Nährstoffkonzentration an der Oberfläche des Südpolarmeers in den letzten mehr als 10.000 Jahren rekonstruieren – und damit auch die Veränderungen der Strömungsbedingungen, die dort jeweils herrschten.
Wie die Forscher im Fachblatt "Nature Geoscience" berichten, nahm der Auftrieb im Südlichen Ozean im Laufe des frühen Holozäns zu, was wiederum dazu führte, dass mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangte – vermutlich in etwa jene zusätzlichen 20 ppm, die so folgenreich für das Klima des Planeten und die Entwicklung der Menschheit waren. Ein Rätsel allerdings bleibt, das die Forscher noch nicht lösen konnten: Warum kam es zu dieser Veränderung der Zirkulation im Südpolarmeer?
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