Studierende wollen in den öffentlichen Dienst
Sie träumen vom starken Staat Studierende sehnen sich nach einer sicheren Stelle im öffentlichen Dienst. Doch diese Hoffnung kann trügerisch sein.
Viele Studierende wollen laut einer neuen Studie im öffentlichen Dienst arbeiten – dieses Ergebnis einer Umfrage ist auf den ersten Blick überraschend. Der öffentliche Dienst? War das nicht diese verstaubte Amtsstube, in der strikte Hierarchien und langweilige Aktenschieberei den Alltag dominieren? Warum wollen Studierende nicht lieber mit einem Start-up reich werden oder in einem Unternehmen Karriere machen? Stattdessen drängt es laut der Studie des Beratungsunternehmens EY 42 Prozent der Studierenden zu einer Laufbahn bei Vater Staat (zur vollständigen Studie geht es hier).
Außerdem beobachtet er in seinem Umfeld, wie viele Menschen sich um ihre Zukunft am Arbeitsplatz sorgen. Ein Problem, das viele Studierende umtreibt. So ist Jobsicherheit laut der Studie von EY auch das Hauptauswahlkriterium bei der Berufswahl: 57 Prozent der Studierenden nennen es als einen der wichtigsten Faktoren bei der Wahl eines Arbeitgebers.
Oliver Simon, Leiter der Personalabteilung von EY in Deutschland, überrascht dieses hohe Sicherheitsbedürfnis der Jugend. „Der Arbeitsmarkt boomt, die Unternehmen suchen händeringend nach Fachkräften“, sagt er. „Da ist es schon verwunderlich, dass die Studierenden so sehr auf Sicherheit bedacht sind.“ Die Wahrnehmung der Jugendlichen entspreche nicht der Realität auf dem Arbeitsmarkt.
Eine Folge der Angst vor der "Abstiegsgesellschaft"
Bernhard Heinzlmaier, Vorsitzender des Instituts für Jugendkulturforschung in Wien, hingegen überraschen die Studienergebnisse nicht. „Wir sehen seit Jahren ein hohes Sicherheitsbedürfnis, insbesondere in der Jugend“, sagt er. So gaben 2016 in einer Studie in Österreich 60 Prozent der Befragten an, dass sie Halt im Leben suchen. Bei den unter 30-Jährigen lag dieser Wert sogar bei 75 Prozent. In Deutschland sei die Situation ähnlich.
Heinzlmaier sieht für diese Wahrnehmung auch durchaus gute Gründe. So sei die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten zunehmend in Richtung einer „Abstiegsgesellschaft“ gegangen. Der vom Soziologen Oliver Nachtwey in seinem gleichnamigen Buch geprägte Begriff beschreibt eine Gesellschaft, in der die Angst vor dem Statusverlust insbesondere unterhalb der oberen Mittelschicht dominiert. Ein Indiz für die „Abstiegsgesell- schaft“ sieht Nachtwey in der starken Zunahme von atypischer Beschäftigung und Solo-Selbstständigen. Dem Statistischen Bundesamt zufolge arbeiteten 2016 20,7 Prozent der Erwerbstätigen als atypisch Beschäftigte und 5,5 Prozent als Solo-Selbstständige. Zum Vergleich: 1991 lagen diese Zahlen noch bei 12,8 und 3,7 Prozent. Gleichzeitig kam es zu einem Rückgang von Normalarbeitsverhältnissen und der mit ihnen verknüpften sozialen und wirtschaftlichen Absicherung. ...
Nota. - Von all den Zukunfstszenarien, mit denen wir seit Jahren traktiert werden, ist dies die schrecklichste. Früher war die Schubkraft der Elitebildung der Drang, voranzukommen. Heute bildet sich die Elite aus der Angst vor dem Abstieg. Und die sollen die Risiken der digitalen Revolution meistern? Zylinder ohne Dampf, oder Dampf ohne Zylinder.
JE
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