Unter der Überschrift Chinas Funktionäre am Rande des Nervenzusammenbruchs berichtete die FAZ am 2. Juli über die jüngste Antikooruptionskampagen in China:
"Es geht um Machtmissbrauch und Vetternwirtschaft in Milliardenhöhe: Mit seiner Kampagne gegen Korruption hat der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping schon Kader in den Selbstmord getrieben." Doch nun rege sich Widerstand.
"Die Verhaftung von General Xu Caihou, der bis 2012 Chinas höchster Militärführer war, ist nicht nur ein Schlag gegen die Volksbefreiungsarmee. Xu war auch Mitglied des Politbüros der Kommunistischen Partei. Parteichef Xi Jinping greift durch, und in China fragen sich mittlerweile auch seine Parteigenossen, ob er seinen Feldzug gegen die Korruption nicht zu weit treibt."
Xi Jinping zuerst einmal durch eine Kampagne gegen die Korruption vorgestellt. Er muss sein eigenen Leute in Stellung bringen, und dafür muss er die Leute seiner Vorgänger entsorgen. Früher dienten dazu vorgebliche ideologische Abweichungen von der Generallinie, aber kommunistisch ist an dieser Partei kaum noch das Kostüm, und Popularität erntet man damit schon lange nicht mehr. Insofern ist alles wie gehabt.
Doch "Xi Jinpings Vorgehen gegen die Korruption in der Partei übertrifft an Intensität und Dauer alle bisherigen Kampagnen dieser Art. Zehntausende Funktionäre wurden bereits abgesetzt oder verhaftet. Und auch gegen die höheren Amtsinhaber lässt der Staats- und Parteichef ermitteln. Seit Antritt der neuen Führungsriege im Jahr 2012 wurden Verfahren gegen 30 Funktionäre auf Ministerebene eingeleitet. Die Ermittler der Disziplinarkommission der Partei arbeiten sich von Provinz zu Provinz, von Staatsunternehmen zu Behörden vor."
Allerdings hätten Korruption und Vetternwirtschaft inzwischen auch zuvor unvorstellbare Ausmaße angenommen. "Wenn jetzt von illegalen Vermögen die Rede ist, geht es nicht mehr um Zehntausende von Euro, es geht oft um Millionen und Milliarden, die Funktionäre und ihre Familien unter Ausnutzung der Beziehungen der Amtsträger anhäufen."
Besonders die Dauer von Xi Jinpings Feldzug gegen die Korruption habe überrascht. "Xi Jinping kämpft gegen die Seilschaften seiner Amtsvorgänger Hu Jintao und Jiang Zemin und gegen die seines Rivalen, des früheren Politbüromitglieds Zhou Yongkang, der wohl der Nächste im Visier der Korruptionsermittler ist."
Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping
Xi habe es offenbar geschafft, mit Hilfe der Ermittler sogar das Militär unter seine Kontrolle zu bringen. Die Verhaftung von General Xu Caihou ist ein Signal an alle.
Offiziell sei die Unterstützung für seine Antikorruptionskampagne zwar ungeteilt, "er macht sich aber auch viele Feinde. Hinter den abgesetzten und angeklagten Funktionären stehen meist ganze Familienclans mit weitreichenden Verbindungen und Wirtschaftsinteressen. Die sehen sich übervorteilt, zumal sie zu Recht argumentieren können, dass die Entscheidungen darüber, wer verfolgt wird und wer nicht, willkürlich erscheinen. So kursiert auf chinesischen Websites die Verteidigungsrede eines abgesetzten Funktionärs aus Guangzhou, der klagt, dass doch alle mehr oder weniger korrupt seien und die Korrupten gegen die Korrupten ermittelten."
Sogar die Möglichkeit, die illegalen Vermögen ins Ausland zu schaffen, bevor die Ermittler die Hand darauf legen können, würden nun unterbunden. Die Folge sei ein um sich greifende Lähmung: Niemand wage mehr, eine Entscheidung zu treffen. "Es häufen sich die Selbstmorde von Funktionären. Xi Jinpings Amtsvorgänger Hu Jintao und Jiang Zemin haben intern Kritik an dessen Vorgehen geäußert. Sie argumentieren, dass das Ausmaß der Kampagne dem Ansehen der Partei schade, weil es den Eindruck eines durch und durch korrupten Systems vermittle. Dass Xi sich von diesen Bedenken nicht abhalten lässt, liegt auch in der ideologischen Überzeugung des Parteichefs begründet. Er sehe sich als Retter der Partei, sagt der China-Fachmann Johnson. Xi Jinping hat das Beispiel des Untergangs der Sowjetunion stets vor Augen. Mehrfach hat er gewarnt, dass es Chinas KP nicht ergehen dürfe wie der KPdSU."
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