Mittwoch, 4. Februar 2015

Varoufakis hat für Deutschland einen Plan.

n-tv

Sagen wir mal so: Die neue griechische Regierung sagt in der Sache kaum was anderes, als was fast jeder Leit- artikler auch schonmal geschrieben hat: Den Griechen den Brotkorb immer höher hängen bringt gar nichts, wenn der Normalgrieche nicht erkennen kann, dass sich die Opfer auch lohnen: dass sich im Land irgendetwas zum Besseren wendet. Denn dann fügt sich zur wirtschaftlichen Depression - die griechische Wirtschaftslei- stung hat sich seit Beginn der Sparpolitik um ein Viertel vermindert - eine mentale hinzu. Das käme Europa sowohl fiskalisch wie politisch teuer zu stehen, denn dann bliebe Griechenland auf unabsehbare Zeit der kranke Mann Europas, und die Frage seines Ausscheidens aus der Währungsunion und gar aus der Europäischen Gemeinschaft stellte sich jede Saison neu.

Der Schuldenschnitt ist aber kein semantisches Problem, und das wird Varoufakis, der gar kein ideologischer Haudrauf und rhetorischer Feuerwerker ist, sondern ein nüchterner Wirtschaftsfachmann, im Ernst auch nicht glauben. Niemand würde Griechenland noch einen Cent borgen, wenn er damit rechnen muss, dass die europä- ischen Politiker die Schulden später einfach streichen. Und Spanien und Portugal auch nicht! Das ist eine Forderung, die aufgestellt wurde, um davon abrücken zu können; das gibt Verhandlungsspielraum. Aber wie solle es ohne das gehen? Das ist eine Frage von Details, und die müssen konkret erörtert werden - aber neu. Wenn wir alle Glück haben, hat die neue griechische Regierung nichts anderes gemeint.

Wer dort den Ton angibt, weiß man noch nicht. Varoufakis macht gar keinen schlechten Eindruck, und dass er das Spiel mit der öffentlichen Meinung beherrscht, gibt höchstens Anlass zur Hoffnung. Aber er gehört dem Parteienbündnis von Tsipras nicht einmal an, man weiß nicht, wen er außer sich noch vertritt. Er jedenfalls meint nicht, dass Deutschland in Europa eine zu große Rolle spielt, sondern im Gegenteil, dass Deutschland zu ängstlich ist, in Europa den Platz einzunehmen, der ihm durch die bloßen Fakten zukommt. Deutschland beschränke sich auf die Rolle eines kleinlichen Kontrolleurs, des Zuchtmeisters, der immer nur nein zu sagen weiß, wenn ein Risiko auftaucht. Stattdessen müsse es die Zügel in die Hand nehmen und dem ganzen Tross zeigen, wo es lang gehen soll. Und er fügt ganz klug hinzu: Die deutschen Steuerzahler haben bislang schon viel zu viel berappt, aber alles in ein Fass ohne Boden. Wenn die Deutschen einen Plan hätten für Europa, dann bräuchte es viel weniger Steuergelder, aber die wären besser angelegt.

Und hier ist die Stelle, wo es allerdings politisch wird, und wirklich heikel: In Europa gäbe es viel zu viel Geld, das auf irgendwelchen Konten nutzlos herum liegt (und zur Zeit nicht einmal Zinsen trägt); das müsse energisch in Länder wie Griechenland gelenkt werden, wo Millionen Menschen nur darauf warteten, es verwerten zu dürfen.

Der Haken ist nur: Wenn es 'dem Geld selber' aber nicht lukrativ erscheint, dorthin zu gehen...? Denn das tut es ja einstweilen nicht. Soll ihm dann 'die Politik' auf die Sprünge helfen? Europa als ein sozialdemokratischer Superstaat, in dem Deutschland die Hegemonie - so nennt es Varoufakis ausdrücklich - ausübt? Da läuft es uns Deutschen nicht einmal als Steuerzahler, sondern als Staatsbürger kalt - ach nein, eigentlich: ganz lau über den Rücken.




Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog.

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