aus derStandard.at, 24. Jänner 2017, 11:00
Ausbruch des Samalas-Vulkans war nicht Schuld an mittelalterlicher Krise
Eruption in Indonesien bescherte Europa im Jahr 1257 Kälteeinbruch und "Jahr des Nebels"
Genf – Die Eruption des Samalas-Vulkans in Indonesien im Jahr 1257 war einer der größten Vulkanausbrüche der letzten Jahrtausende. Der alleinige Auslöser für die weltweite sozioökonomische Krise Mitte des 13. Jahrhunderts dürfte sie allerdings nicht gewesen sein. Vielmehr haben die schweren klimatischen Folgen des Ausbruchs bereits bestehende Krisen verstärkt, wie nun Wissenschafter der Universität Genf gemeinsam mit internationalen Kollegen berichten.
Der heftige Schwefel-Ausstoß des indonesischen Vulkans bescherte Europa einen Kälteeinbruch und ein "Jahr des Nebels". Diese Eruption gilt als wahrscheinlicher Auslöser für die Hungersnöte und gesellschaftlichen Umwälzungen Mitte des 13. Jahrhunderts. Das internationale Forscherteam um Markus Stoffel von der Universität Genf hat die klimatischen und gesellschaftlichen Auswirkungen des Vulkanausbruchs nun erneut untersucht und schlussfolgert, dass der Vulkanausbruch nicht die alleinige Ursache für die historische Krise gewesen sein kann. Extreme Wetterereignisse nach dem Ausbruch
Dabei stützten sich die Forscher auf mehr als 200 mittelalterliche Schriftstücke sowie auf Klima-Rekonstruktionen anhand von Baumringen und Eisbohrkernen, wie sie im Fachblatt "Nature Geoscience" berichten. "Es gibt in der Tat viele Hinweise auf extreme Wetterereignisse nach dem Ausbruch, die schwerwiegende gesellschaftliche Folgen hatten", sagte Studienautor Sébastien Guillet. "Aber unsere Ergebnisse zeigen, dass die klimatischen Bedingungen in Europa bereits 1259 wieder zur Normalität zurückkehrten."
Obwohl diese extremen Wetterereignisse wahrscheinlich mit dem Vulkanausbruch in Zusammenhang stünden, hätten sie die soziale Krise vermutlich nur verstärkt, fügte Stoffel hinzu. Viele historische Texte zeigten, dass die Hungersnöte in England und Japan bereits mehrere Jahre vor dem Vulkanausbruch begannen. Das veranlasste die Forschenden dazu, die Auswirkungen der Eruption auf die Gesellschaft neu zu bewerten. Verdunkelte Sonne, Getreide "hart wie Stein"
Mittelalterliche Schriftquellen verzeichneten eine Verdunklung der Sonne, tiefe Temperaturen, lang anhaltende Regenfälle und zunehmende Bewölkung in Europa im Jahr 1258. Die Schriftstücke sprachen von katastrophal geringen Ernteerträgen, sehr später Weinlese und Getreide, das "hart wie Stein" geerntet wurde.
Vulkan Samalas auf der indonesischen Insel Lombok
Die Chronologien verzeichneten jedoch auch ein wärmeres Klima im darauffolgenden Jahr (1259), und eine Rückkehr zur Normalität während der vier Jahre nach dem Vulkanausbruch von 1257. Dies stehe im Widerspruch zu Modellrechnungen, die vorhersagen, dass die Anomalien bis 1264 angedauert hätten, schreiben die Wissenschafter.
Die Forscher weisen zudem darauf hin, dass der Temperatursturz durch die Samalas-Eruption ähnlich ausfiel wie bei späteren Vulkanausbrüchen mit geringerem Ausmaß. Die Eruption hätte bestehende Krisen verstärkt, sei aber nicht der Auslöser für die Hungersnöte gewesen, schlussfolgern die Forschenden im Fachartikel.
Bei seinem Ausbruch förderte der Samalas-Vulkan mehr als 40 Kubikkilometer Magma zutage und spie Schätzungen zufolge eine Säule von 43 Kilometern Höhe. Der in Eisbohrkernen nachgewiesene Schwefel-Eintrag aus der Eruption war doppelt so hoch wie beim Ausbruch des ebenfalls indonesischen Tambora-Vulkans 1815, der im darauffolgenden Jahr auch in Mitteleuropa ungewöhnlich kalte Temperaturen auslöste – das "Jahr ohne Sommer". (APA, red,)
Abstract
Nature Geoscience: "Climate response to the Samalas volcanic eruption in 1257 revealed by proxy records."
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