Freitag, 6. Januar 2017

Vielleicht ist Trump Europas letzte Chance.


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Die heutige FAZ veröffentlicht heute unter der Überschrift Deutschlands neue Rolle einen Gas- tkommentar von John Kornblum, dem früheren Botschafter Amerikas in der Bundesrepublik.

Mit der Wahl von Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten ist eine Zeitenwende verbunden, deren Verlauf nicht abzusehen ist. Der Bruch mit der Vergangenheit ist so dramatisch, dass Europa selbst bald von einem ähnlichen Populismus überrollt werden könnte. Alte Formeln reichen nicht mehr. Europa muss nicht nur Trump, sondern auch den eigenen Wählern beweisen, dass es in der Lage ist, ein neues Zeitalter mitzugestalten.

Die Verwirrung in Europa sei noch groß, manche sähen in einer "Vertiefung Europas" die Alternative zur atlantischen Gemeinschaft, die unter Trump zu zerfallen droht.

Die Aufgabe ist gewaltig. Sogar Trump wird allmählich begreifen, dass sie nur transatlantisch bewältigt werden kann. Eine starke europäische Rolle kann Amerika dabei helfen, ein neues gemeinsames, atlantisches Zusam- mengehörigkeitsgefühl zu geben, das seit der Wende schmerzlich vermisst wurde. Der Westen ist nicht zu Ende, vor allem wenn er sich auf die neuen Gegebenheiten einstellen kann. Bewältigt er diese größte politische und philosophische Aufgabe des 21. Jahrhunderts nicht, kann er zerstritten und richtungslos in die Versenkung fallen.

Die Krise des Westens falle in den grandiosen zivilisatorische Umbruch der Digitalen Revolution und der unkontrollierten Macht von Big Data.
 
Hier hat Europa mit seinem Sozialsystem und dem Fokus auf die Privatsphäre viel zu bieten. Amerika ist im Bereich der digitalen Technologie führend. Trumps Amerika aber wird die gesellschaftlichen Folgen, die durch diese Technologie verursacht werden, nur schlecht handhaben können. Europa hat kein Silicon Valley, aber ein gesellschaftliches Fundament, das die Wirren der Digitalisierung besser handhaben kann, als es Trumps „Deal Making“ je könnte.

Künftig können bei der Globalisierung, der Digitalisierung, den Menschenrechten, dem Datenschutz die Differenzen zwischen den Vereinigten Staaten und Europa größer werden. Behauptet dabei Europa eine unabhängige Vision, kann es Trump helfen, durch die Wirren seiner Politik zu steuern. Und, wenn ich das als Amerikaner sagen darf: Man braucht die Europäer, um unsere eigenen liberalen Prinzipien auch in Zukunft durchzusetzen.

Deutschland falle eine Führungsrolle nicht nur in Europa, sondern bei der Bewahrung und Bewährung des Westens zu.
 
Es gibt nur ein Land und eine führende Persönlichkeit, die dieser Aufgabe gerecht werden: Deutschland und Angela Merkel. Die Weltpresse ist schon längst zu diesem Schluss gekommen. Barack Obama unterstrich den Punkt während seines Berlin-Besuchs gleich nach der Wahl. Nur Deutschland ist darüber nicht so glücklich. Vielleicht hilft es, die neue Rolle zu verstehen, wenn man den Ausdruck „Führung“ durch das Wort „Verantwortung“ ersetzt. 
 
Die Zukunft ist schon angekommen. Gefragt sind nicht große Initiativen von Großmächten; gebraucht werden Strategien und Systeme, um Probleme wie den Euro, die Flüchtlinge oder die Umwelt unter Kontrolle zu bringen. Für eine solche Rolle ist die moderne Bundesrepublik gut ausgerüstet. Es ist aber im Moment ein Land, das sich seit beinahe 70 Jahren bemüht, so „normal“ wie alle anderen zu sein, und das sich schwer damit tut, sich in die Verantwortung für die „Normalität“ anderer einzufügen. Es fehlt ihm noch an der Selbstsicherheit, unter den neuen Bedingungen einer globalisierten Kultur des 21. Jahrhunderts frei aufzutreten. 
 
Deutschland soll nicht eine Großmacht im herkömmlichen Sinne sein. Stattdessen könnte das Land etwas sehr viel Wichtigeres werden: ein integrierender Knotenpunkt für eine neue Art von Wirtschafts- und Sicherheits- politik; ein Bindeglied für Informations- und Logistiknetze, das die eurasische Landmasse auch über den Atlantik mit Nordamerika verbindet. Weder Amerika noch Europa können es sich leisten, diese Gelegenheit ungenutzt verstreichen zu lassen. Gefragt ist Zusammenarbeit, um einen neuen transatlantischen Konsens zu finden.

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