Jäger und Sammler brannten Europas eiszeitliche Wälder nieder
Offene Steppen dominierten vor 20.000 Jahren die Landschaft, wo eigentlich dichte Wälder gewesen sein sollten
Frankfurt am Main – Eigentlich müsste Europa während der letzten Eiszeit in weiten Teilen von dichten Wäldern bedeckt gewesen sein. Das zumindest ergeben aktuelle Vegetationsmodelle. Tatsächlich aber zeigt die Analyse von Sedimentablagerungen, dass Europa vor 20.000 Jahren von offenen Steppen beherrscht wurde. Eine nun von internationalen Forschern vorgelegte Studie legt nahe, dass dafür der Mensch verantwortlich gewesen ist. Mithilfe von Feuer sorgten die Jäger und Sammler gezielt für die Entstehung des lichten Charakters der eiszeitlichen europäischen Landschaft. Es wäre einer der frühesten Hinweise auf einen großflächigen Eingriff des Menschen in die natürliche Vegetation seiner Umgebung.
Mit der Eiszeit verbindet man vor allem ein Bild: Eine Landschaft aus klirrender Kälte und glitzerndem Schnee durch die Mammuts, Bisons und Wollnashörner streifen. Eine neue Studie lässt vermuten, dass es bisweilen aber recht hitzig zugegangen sein dürfte. "Jäger und Sammler haben wahrscheinlich in der Eiszeit vorsätzlich Feuer gelegt und so dazu beigetragen, den offenen Charakter eiszeitlicher Steppenlandschaften in Europa zu schaffen und zu erhalten", so Mirjam Pfeiffer vom Senckenberg Biodiversiät und Klima Forschungszentrum und Koautorin der im Fachjournal "Plos One" erschienene Arbeit. Wo das Klima dichte Wälder zugelassen hätte, seien demnach durch den Einfluss der eiszeitlichen Menschen Steppenlandschaften und lichte, parkähnliche Wälder geschaffen worden.
Offene Landschaften sind praktischer
Zu diesem Ergebnis kamen die Wissenschafter, indem sie archäologische Funde zu menschlichen Aktivitäten und dem Einsatz von Feuer sowie eiszeitliche Sedimente und Aschereste, die im Boden überdauert haben, auswerteten und mit Vegetationssimulationen verglichen. Eine Erklärung, warum die Jäger mit dem Feuer spielten, hat das Team auch: Einerseits hätten lichtere Landschaften die Jagd erleichtert und es wäre einfacher gewesen, Nahrung in vergleichsweise offenen Landschaften zu sammeln. Andererseits hätten sich die Jäger durch lichtere Vegetation besser fortbewegen können.
"Einer der entscheidenden Faktoren menschlicher Evolution ist seine Fähigkeit, die Umgebung zu verändern, um darin besser zu überleben. Eiszeitjäger haben vermutlich genau das getan. Sie waren quer durch Europa – von Spanien bis nach Russland – in der Lage, Landschaft und Vegetation entscheidend zu ihren Gunsten zu verändern", erklärt Pfeiffer. "Der erste große Eingriff des Menschen in seine natürliche Umgebung hätte damit mehr als 20.000 Jahre vor der Industriellen Revolution stattgefunden."
Widersprüchliche Daten
Der Einfluss der Eiszeitjäger erklärt, warum es bisher bei der Rekonstruktion der letzten Kaltzeit, die ihren Höhepunkt zwischen 24.500 bis 18.000 vor unserer Zeitrechnung erreichte, Widersprüche gibt. Analysiert man Sedimente aus Seen und Mooren, zeigt sich, dass Europa während der Eiszeit eher wenig bewaldet war. Vegetationssimulationen auf Basis acht möglicher Klimaszenarien hingegen ergaben, dass zu dieser Zeit Europa unter natürlichen Bedingungen dichter bewaldet gewesen sein müsste.
Wenn aber vom Menschen verursachtes Feuer in den Vegetationssimulationen berücksichtigt wird, ergibt sich plötzlich ein Vegetationsmuster, das deutlich besser mit den Vegetationsrekonstruktionen aus Umweltdaten übereinstimmt. "Wir gehen daher davon aus, dass der eiszeitliche Mensch verantwortlich für diesen Unterschied gewesen sein könnte", resümiert Pfeiffer. (red, 23.1.2017)
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