Sonntag, 9. November 2014

Fünfundzwanzig Jahre.


 
Es ist ein Gedenktag heute, nicht wahr?

Ich entsinne mich: Ich werde wohl einer der letzten gewesen sein. Dass die Zweiteilung der Deutschen nicht das letzte Wort der Geschichte war, stand für mich jederzeit außer Frage. Es wird gegen Herbst 1988 gewesen sein, als auch ich mich schließlich damit abfand: Aber ihr Ende werde wohl ich nicht mehr erleben. Ein rundes Jahr später habe ich es erlebt, so ungläubig wie alle andern.

Die Spaltung Deutschlands war der Schlussstein des Systems von Jalta - in dem Sinn, dass er es nicht nur krönte, sondern, er und nichts sonst, zusammenhielt.

Die Aufteilung der Welt in zwei Blöcke, mit einem Sumpf dazwischen, in dem sie beide fischten - ach wie trivial. Nein, das sozialistische Lager war die Formel, in der der Sozialismus in einem Land und Stalins Liquidierung der proletarischen Revolution ihren Abschluss und ihre dauernde Gestalt gefunden hatten. Die "friedliche Koexistenz" und die "Konkurrenz der Systeme", das war's, was von der pp. Weltrevolution übriggebleiben war.

Staatseigentum an den Produktionsmitteln, Außenhandelsmonopol, "Planwirtschaft" - das sind leere Hülsen, solange die politische Macht das Monopol einer Kaste von Feudalmagnaten bleibt, deren respektive Gefolgschaften die Gesellschaft durchdringen, konkurrieren, kombinieren, teilen und schachern und schieben. Aus den tausendfältig bedingten Formen grundherrlichen Feudalbesitzes bildet sich langsam, aber sicher das bürgerliche Privateigentum wieder aus, und aus der Asche des Volkeigentums steigt wie ein Phoenix der Oligarch. Die bürokratische Konterrevolution hatte ihren natürlichen Abschluss erreicht.

Mit dem Schlussstein fiel das ganze Haus in sich zusammen. Es war unter den einmal gegebenen Umständen das Beste, was uns passieren konnte; uns Deutschen vor allen andern.

Dass es so lange dauern würde, bis all der Unrat fortgeräumt ist, hätte keiner geahnt. Aber es führt kein Weg daran vorbei.



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