aus scinexx Deutsche Emigranten betreten um 1850 ein Dampfschiff in Richtung New York
Klima trieb deutsche Auswanderer in die USA
Viele Deutsche flohen im 19. Jahrhundert wegen ungünstiger Klimabedingungen nach Amerika
Fluchtursache Klima: Mehr als fünf Millionen Deutsche emigrierten im 19. Jahrhundert nach Nordamerika - oft waren ungünstige klimatische Bedingungen der Grund, wie eine Studie jetzt zeigt. Demnach war das Klima für immerhin 20 bis 30 Prozent der Auswanderungen aus dem Südwesten Deutschlands verantwortlich. So flohen die Menschen damals etwa vor den Folgen von Vulkanausbrüchen und sommerlichen Dürreperioden. Für die größte Auswanderungswelle in die USA waren jedoch andere Faktoren maßgeblich.
Von Deutschland nach Amerika
Denn das 19. Jahrhundert war geprägt von kühlen Wintern, kalten Sommern und extremen Wetterereignissen wie Hitzeperioden, Dürren und Überschwemmungen. Doch wie sehr trugen diese ungünstigen klimatischen Bedingungen zur Massenauswanderung nach Amerika bei? Um das herauszufinden, haben sich Rüdiger Glaser von der Universität Freiburg und seine Kollegen die Migrationsdaten und Bevölkerungsstatistiken aus dieser Zeit nun genauer angesehen.
Sie verglichen die Zahlen mit Wetterdaten, Erntestatistiken und Getreidepreisen, um einen möglichen Zusammenhang zu erkennen. Dabei konzentrierten sie sich auf den Raum des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg - eine Region, aus der damals besonders viele Menschen auswanderten. Beispielsweise machte sich auch der bekannte Pharmazeut Karl Pfizer im Oktober 1848 von dort aus auf den Weg in die USA.
Flucht vor der Asche des Vulkans
Die Auswertung ergab: Für viele Migrationswellen scheint das Klima eine der wesentlichen Ursachen gewesen zu sein. "Insgesamt zeigt unsere Studie, dass die Migration im 19. Jahrhundert zu 20 bis 30 Prozent indirekt darauf zurückzuführen ist", sagt Glaser. "Es wird deutlich, dass es eine Kettenreaktion gab: Schlechte klimatische Bedingungen führten zu geringen Ernten, steigenden Weizenpreisen und schließlich zur Flucht."
Doch der Einfluss des Klimas war nicht für alle Einwanderungswellen gleich hoch, wie die Forscher berichten. Besonders extrem wirkte sich dieser Faktor demnach auf die Migrationsphase im sogenannten Jahr ohne Sommer 1816 aus. Ein Jahr zuvor war der Vulkan Tambora auf Indonesien ausgebrochen, dessen Asche und Gas sich in der Atmosphäre verteilte und weltweit einen mehrjährigen Temperatursturz verursachte. Ernteeinbußen und stark gestiegene Getreidepreise waren die Folge dieses zu feuchten und kalten Sommers.
Von Dürre bis zur Armenabschiebung
Auch das Spitzenmigrationsjahr 1846 war durch klimatische Extreme beeinflusst: "In diesem Jahr fiel der Sommer extrem heiß und trocken aus, was zu Ernteeinbußen und hohen Nahrungsmittelpreisen führte", sagt Glasers Kollegin Annette Bösmeier. Zu anderen Zeiten waren dagegen andere Faktoren maßgeblich für die Migration von Deutschland nach Amerika - so auch bei der größten Migrationswelle zwischen 1850 und 1855.
Damals gab es zwar ebenfalls wetterbedingte Ernteausfälle. Zusätzlich setzte jedoch ein Exportstopp Frankreichs während des Krimkriegs den deutschen Getreidemarkt unter Druck, wie das Team berichtet. In Baden förderten einzelne Gemeinden darüber hinaus ganz gezielt die Auswanderung. Nicht ohne Eigennutz unterstützte der Staat vor allem die Ärmsten bei einem Neubeginn im Ausland. Durch diese Armenabschiebung sollten zu einer wirtschaftlich wie sozial prekären Zeit Aufstände verhindert und die Ausgaben für die sogenannte Armenpflege gesenkt werden.
"Komplexer Prozess"
"Die Migration im 19. Jahrhundert war ein komplexer Prozess, der von vielfältigen Faktoren beeinflusst war. Fehlende wirtschaftliche Perspektiven, sozialer Druck, das Bevölkerungswachstum, Verfolgung, Krieg und das Propagieren der Auswanderung von verschiedenen Seiten bewogen Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen. Wir sehen aber ganz klar, dass auch das Klima ein entscheidender Faktor war", schließt Glaser.
Obwohl ihre Studie in die Vergangenheit blickt, sollen die Ergebnisse auch zur Diskussion über die Ursachen für Migration in der heutigen Zeit beitragen, schreiben die Wissenschaftler. So erwarten Experten auch angesichts des derzeitigen Klimawandels in Zukunft Massenauswanderungen, wenn der Meeresspiegel weiter steigt und Hitzeperioden und Stürme zunehmen. (Climate of the Past, 2017; doi: 10.5194/cp-13-1573-2017)
(European Geosciences Union/ Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau, 22.11.2017 - DAL)
Ferdinand Freiligrath
Die
Auswanderer
Sommer 1832
Ich kann den Blick nicht von euch wenden;
Ich muß euch anschaun immerdar:
Wie reicht ihr mit geschäft'gen Händen
Dem Schiffer eure Habe dar!
Ihr Männer, die ihr von dem Nachen
Die Körbe langt, mit Brot beschwert,
Das ihr aus deutschem Korn gebacken,
Geröstet habt auf deutschem Herd;
Und ihr, im Schmuck der langen Zöpfe,
Ihr Schwarzwaldmädchen, braun und schlank,
Wie sorgsam stellt ihr Krüg und Töpfe
Auf der Schaluppe grüne Bank!
Das sind dieselben Töpf und Krüge,
Oft an der Heimath Born gefüllt!
Wenn am Missouri Alles schwiege,
Sie malten euch der Heimath Bild;
Des Dorfes steingefaßte Quelle,
Zu der ihr schöpfend euch gebückt,
Des Herdes traute Feuerstelle,
Das Wandgesims, das sie geschmückt.
Bald zieren sie im fernen Westen
Des leichten Bretterhauses Wand;
Bald reicht sie müden, braunen Gästen,
Voll frischen Trunkes, eure Hand.
Es trinkt daraus der Tscherokese,
Ermattet, von der Jagd bestaubt;
Nicht mehr von deutscher Rebenlese
Tragt ihr sie heim, mit Grün belaubt.
O sprecht! Warum zogt ihr von dannen!
Das Neckarthal hat Wein und Korn;
Der Schwarzwald steht voll finstrer Tannen,
Im Spessart klingt des Älplers Horn.
Wie wird es in den fremden Wäldern
Euch nach der Heimathberge Grün,
Nach Deutschlands gelben Weizenfeldern,
Nach seinen Rebenhügeln ziehn!
Wie wird das Bild der alten Tage
Durch eure Träume glänzend wehn!
Gleich einer stillen, frommen Sage
Wird es euch vor der Seele stehn.
Der Bootsmann winkt! - Zieht hin in Frieden:
Gott schütz euch, Mann und Weib und Greis!
Sei Freude eurer Brust beschieden,
Und euren Feldern Reis und Mais!
Sommer 1832
Ich kann den Blick nicht von euch wenden;
Ich muß euch anschaun immerdar:
Wie reicht ihr mit geschäft'gen Händen
Dem Schiffer eure Habe dar!
Ihr Männer, die ihr von dem Nachen
Die Körbe langt, mit Brot beschwert,
Das ihr aus deutschem Korn gebacken,
Geröstet habt auf deutschem Herd;
Und ihr, im Schmuck der langen Zöpfe,
Ihr Schwarzwaldmädchen, braun und schlank,
Wie sorgsam stellt ihr Krüg und Töpfe
Auf der Schaluppe grüne Bank!
Das sind dieselben Töpf und Krüge,
Oft an der Heimath Born gefüllt!
Wenn am Missouri Alles schwiege,
Sie malten euch der Heimath Bild;
Des Dorfes steingefaßte Quelle,
Zu der ihr schöpfend euch gebückt,
Des Herdes traute Feuerstelle,
Das Wandgesims, das sie geschmückt.
Bald zieren sie im fernen Westen
Des leichten Bretterhauses Wand;
Bald reicht sie müden, braunen Gästen,
Voll frischen Trunkes, eure Hand.
Es trinkt daraus der Tscherokese,
Ermattet, von der Jagd bestaubt;
Nicht mehr von deutscher Rebenlese
Tragt ihr sie heim, mit Grün belaubt.
O sprecht! Warum zogt ihr von dannen!
Das Neckarthal hat Wein und Korn;
Der Schwarzwald steht voll finstrer Tannen,
Im Spessart klingt des Älplers Horn.
Wie wird es in den fremden Wäldern
Euch nach der Heimathberge Grün,
Nach Deutschlands gelben Weizenfeldern,
Nach seinen Rebenhügeln ziehn!
Wie wird das Bild der alten Tage
Durch eure Träume glänzend wehn!
Gleich einer stillen, frommen Sage
Wird es euch vor der Seele stehn.
Der Bootsmann winkt! - Zieht hin in Frieden:
Gott schütz euch, Mann und Weib und Greis!
Sei Freude eurer Brust beschieden,
Und euren Feldern Reis und Mais!
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