Mittwoch, 27. Juni 2018

Schicken Sie Horst Seehofer auf die Alm!

Edmond Tschaggeny, Der Almauftrieb
aus welt.de, 27. 6. 2018

von

Horst Seehofer kann es sich noch nicht vorstellen: Wird Angela Merkel wirklich den Bruch mit der CSU riskieren? Die Richtlinienkompetenz der Bundeskanzlerin würde es erlauben. Und langsam sollte sich Angela Merkel mit dem Gedanken vertraut machen, ihren renitenten Innenminister zu entlassen und ein neues Bündnis aller Parteien zu schmieden, denen Europa wichtiger ist als neuer Nationalismus.

Also zum Beispiel ein Bündnis aus CDU, SPD und Grünen und/oder FDP – und ohne die CSU. Lasst doch CSU, AfD und Linke in der Opposition lamentieren. Wir brauchen ein stabiles pro-europäisches Bündnis!

Die Landtagswahlen in Bayern finden am 14. Oktober statt. Seit der AfD-Vorsitzende Gauland angekündigt hat, er werde die anderen Parteien „jagen“, fühlt sich die CSU ganz offensichtlich angesprochen. Sie versucht nun in panischer Sorge vor einem Absturz bei den Landtagswahlen dem Halali zu entgehen, indem sie sich den AfD-Wählern anbiedert und die gesamte Flüchtlingspolitik Angela Merkel in die Schuhe schiebt.

Brandgefährliche, dumme Muskelspiele

Die Art und Weise, wie Horst Seehofer und seine Adlaten nun schon seit 2016 die Kanzlerin permanent vorführen, ist beschämend und auf Dauer nicht tolerierbar. Sie wird der CSU auch nichts nützen, die Umfragen zeigen das jetzt schon.

Vielleicht muss Angela Merkel ja wirklich weg, aber dann auch Horst Seehofer und seine Berliner-bayerische Renitenz-Truppe. Der gegenwärtige Hauptstreitpunkt, die Zurückweisung von andernorts bereits registrierten Flüchtlingen, ist doch nur ein kleiner Teil des Problems, zumal solche Zurückweisungen bereits stattfinden.

Was Seehofer betreibt, sind brandgefährliche, dumme Muskelspiele im Auftrag Söders, die beide Unionsparteien schwächen. Sein „Masterplan“ liegt immer noch nicht auf dem Tisch. Mediales Störfeuer ist offenbar wichtiger als konkrete Maßnahmen.

Angela Merkel muss den gordischen Knoten durchschlagen und dem bayerischen Löwen die Krallen stutzen. Frau Merkel, entlassen Sie den Bundesinnenminister!

Solidarität ist keine Einbahnstraße

Neuwahlen wären die beste Lösung. Sie würden wahrscheinlich die AfD stärken, aber die restlichen Parteien hätten immer noch reichlich Koalitionsmöglichkeiten, um der AfD die Stirn zu bieten. Die CSU könnte dann gemeinsam mit der AfD rechte Oppositionspolitik betreiben.

Europa braucht eine gemeinsame Politik für Flüchtlinge und Asylanten. Deutschland braucht eine effektivere Registrierung und Verwaltung der ankommenden Migranten, eine schneller arbeitende Justiz und eine konsequentere Abschiebung unberechtigter Antragsteller. Das sind letztlich Managementfragen, die doch zu lösen sein müssten.

Die andere Seite ist die Einforderung europäischer Solidarität. Wer Deutschland, Frankreich und Italien mit Asylanträgen im Regen stehen lässt, dem muss das Geld knallhart gekürzt werden. Solidarität ist keine Einbahnstraße. Wir sind nicht die Zahlmeister für Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn, wenn diese es ablehnen, die Flüchtlingslasten mitzutragen. Weichspülen ist hier nicht angesagt.

Klar werden muss: Die Absicherung der Außengrenzen wollen letztlich alle. Also gilt es, die Einrichtungen dafür auszubauen und in den Ländern, aus denen die Flüchtlinge kommen, finanzielle Bleibeanreize und verstärkte Entwicklungshilfe anzubieten. Diese Dinge sind schon länger in Arbeit, aber sie müssen beschleunigt angegangen werden.


Nota. - Ich hatte ja schon Sorge, ich sei der einzige Besonnene in diesem unsern Land. Jetzt sind wir schon zwei, und es werden noch welche dazu kommen, wenn wir klar und deutlich genug reden. In dem Punkt könnte Herr Brunowski noch an sich arbeiten. Eins muss man sich hinter die Ohren schreiben: Ohne Radikalität wird es eine Neue Mitte nicht geben. 
JE




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