In der heutigen FAZ zieht Volker Zastrow das Fazit aus dem Streit in der Union. Er meint, Seehofer habe all sein Pulver verschossen und nichts dafür erhalten. Angela Merkel hat sich auf ganzer Linie durchgesetzt.
Seehofers Taktik beruhte auf vier Fiktionen:
Erste Fiktion: Es sei nur um einen
Hundertsechsundzwanzigstelpunkt gegangen, einen halben von 63. So etwas
nennt man politisches „Framing“. Der Rahmen gibt die Deutung vor. Hier
also, dass es nur um eine Kleinigkeit gegangen sei. Nein, es ging um den
Kernpunkt. Ob das ein halber von 63 oder von 63000 war, spielt keine
Rolle.
Warum Kernpunkt? Für die Bundeskanzlerin sind einseitige Maßnahmen in Europa kein Mittel ausgleichender Politik, sondern deren Ende. Anders ausgedrückt: Ihre Politik wäre gescheitert, wenn kein anderer Weg mehr bliebe. Sie hat diese Politik in drei „essentials“, drei wesentlichen Grundsätzen beschrieben: nicht einseitig, nicht unabgestimmt, nicht zu Lasten Dritter. Dazu steht jener halbe von 63 Punkten in prinzipiellem Wider- spruch.
Warum Kernpunkt? Für die Bundeskanzlerin sind einseitige Maßnahmen in Europa kein Mittel ausgleichender Politik, sondern deren Ende. Anders ausgedrückt: Ihre Politik wäre gescheitert, wenn kein anderer Weg mehr bliebe. Sie hat diese Politik in drei „essentials“, drei wesentlichen Grundsätzen beschrieben: nicht einseitig, nicht unabgestimmt, nicht zu Lasten Dritter. Dazu steht jener halbe von 63 Punkten in prinzipiellem Wider- spruch.
Die CSU wäre Seehofer nicht in den Abgrund gefolgt
Zweite Fiktion: Die CSU hätte nach einer
Entlassung Seehofers durch die Kanzlerin ihre Minister „zurückge- zogen“.
Parteien können keine Minister zurückziehen. Minister können den
Bundespräsidenten um ihre Ent- lassung bitten. Welche Minister der CSU
nach einem Bruch der Fraktionsgemeinschaft das tatsächlich getan hätten,
statt in die CDU
zu wechseln – wer weiß?
Seehofer wusste es nicht. Spätestens in der
langen Sitzung am Sonntag hat er den Widerstand gegen sein Manöver
begriffen. Zuvor hatte es nicht an Wortmeldungen gefehlt, dass ein
Scheitern der Fraktionsgemein- schaft nicht infrage käme. Söder, der
Seehofer anfangs noch vorantrieb, hatte nach dem Brüsseler Gipfel
bereits beigedreht. Minister Müller hatte seine Bedenken deutlich
gemacht. Seehofers Spiel war verloren, denn nach seiner Entlassung wäre
die CSU ihm nicht in den Abgrund gefolgt. Deshalb konnte er seinen
angedrohten Alleingang nicht durchziehen. Stattdessen das Manöver mit
dem, auch fiktiven, Rücktritt.
Dritte Fiktion: Merkel sei Seehofer insoweit entgegengekommen, dass sie, zumindest zum Teil, ihre „essentials“ geopfert, also nationale Alleingänge nun doch gebilligt habe. Das hat sie nicht. Sie hat Zurückweisungen an der österreichischen Grenze nur „auf Grundlage einer Vereinbarung mit der Republik Österreich“ akzeptiert. So steht es in der Einigung, auf die sich CDU, CSU und SPD am Donnerstag verständigt haben. Dasselbe hatte Merkel ihrem Innenminister schon vor Wochen, vor dem Ultimatum, angeboten. Bilaterale Vereinbarungen im Rahmen eines europäischen Generalkonzepts stehen im Einklang mit ihren Grundsätzen.
Vierte Fiktion: Gerade mal zwei Tage nach seiner Niederlage streut Seehofer bereits, wenn keine bilateralen Vereinbarungen – mit Österreich und Italien – zustande kämen, „müssten wir darauf zurückgreifen, direkt an der Grenze abzuweisen“. Seehofer: „Die Sache ginge dann wieder von vorne los.“ Also doch wohl die Anordnung des Ministers gegen den Willen der Kanzlerin, die diesen dann entlässt, woraufhin dann die CSU die Minister zurückzieht, die Union zerbricht et cetera.
Freilich macht es, so sagt man in Bayern, einen Ochsen nicht zum Stier, dass er nichts vermisst. Seehofers Drohpotential ist weg. Die CSU wird ihm nicht mehr folgen, schon gar nicht in den Abgrund. Er kann der Kanzlerin seinen Willen nicht aufzwingen. Das weiß nun ganz Europa. Im „Chicken Game“ war es Seehofer, der einlenkte. Merkel hat nicht gezuckt.
Dritte Fiktion: Merkel sei Seehofer insoweit entgegengekommen, dass sie, zumindest zum Teil, ihre „essentials“ geopfert, also nationale Alleingänge nun doch gebilligt habe. Das hat sie nicht. Sie hat Zurückweisungen an der österreichischen Grenze nur „auf Grundlage einer Vereinbarung mit der Republik Österreich“ akzeptiert. So steht es in der Einigung, auf die sich CDU, CSU und SPD am Donnerstag verständigt haben. Dasselbe hatte Merkel ihrem Innenminister schon vor Wochen, vor dem Ultimatum, angeboten. Bilaterale Vereinbarungen im Rahmen eines europäischen Generalkonzepts stehen im Einklang mit ihren Grundsätzen.
Vierte Fiktion: Gerade mal zwei Tage nach seiner Niederlage streut Seehofer bereits, wenn keine bilateralen Vereinbarungen – mit Österreich und Italien – zustande kämen, „müssten wir darauf zurückgreifen, direkt an der Grenze abzuweisen“. Seehofer: „Die Sache ginge dann wieder von vorne los.“ Also doch wohl die Anordnung des Ministers gegen den Willen der Kanzlerin, die diesen dann entlässt, woraufhin dann die CSU die Minister zurückzieht, die Union zerbricht et cetera.
Freilich macht es, so sagt man in Bayern, einen Ochsen nicht zum Stier, dass er nichts vermisst. Seehofers Drohpotential ist weg. Die CSU wird ihm nicht mehr folgen, schon gar nicht in den Abgrund. Er kann der Kanzlerin seinen Willen nicht aufzwingen. Das weiß nun ganz Europa. Im „Chicken Game“ war es Seehofer, der einlenkte. Merkel hat nicht gezuckt.
Nota. - Auf das Framing kommt es allerdings an. Unterm Gesichtspunkt business as usual hat Frau Merkel ge- wonnen. Es stand aber mehr zur Entscheidung. Deutschland braucht eine neue Mehrheit. Nicht eine, die aus ver- schiedenen Lagern auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zusammengeklaubt wurde, sondern eine, die sich um eine zentrale Achse selbst gefunden hat. Das ist nun erneut auf Sankt Nimmerlein verschoben worden.
JE
ebd.
Vor allem Bundesinnenminister Horst Seehofer kommt schlecht weg. 69 Prozent der Deutschen sagen, der CSU-Chef habe dem Ansehen der Politik geschadet, 19 Prozent sehen dies nicht so. 41 Prozent meinen, Seehofer sollte Innenminister bleiben, 48 Prozent sind aber dagegen. 46 Prozent der Deutschen sagen, auch Bundeskanz- lerin Angela Merkel (CDU) habe dem Ansehen der Politik geschadet, 49 Prozent sehen dies allerdings nicht so.
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