Montag, 23. Juli 2018

Brot ist älter als der Ackerbau.

Archäologie Archäologie
aus Süddeutsche.deAuf der Feuerstelle in der Mitte der Steine wurden die Brotreste gefunden

14 000 Jahre alte Brotreste, die viel verraten 
Brot könnte schon deutlich früher auf dem Speiseplan der Menschen gestanden haben als bisher gedacht. Archäologen haben im Nordosten Jordaniens verkohlte Spuren von 14 400 Jahre alten brot-ähnlichen Lebensmitteln gefunden. Bisher hatte man angenommen, Brot sei erst mit dem Ackerbau etwa 4000 Jahre später aufgekommen.

Die Forscher der Universitäten Kopenhagen, London und Cambridge untersuchten 24 verkohlte Überreste von Lebensmitteln aus ehemaligen Feuerplätzen. Ihre Erkenntnisse aus der Ausgrabungsstätte Shubayqa 1 präsentieren sie in der Fachzeitschrift PNAS.
 
Die Analyse legt nahe, dass die Jäger und Sammler aus dem Volk der Natufier unter anderem Einkorn und Strandbinsen nutzten, um flache, ungesäuerte, brotartige Fladen herzustellen. Der Anbau von Getreide sei zu dieser Zeit aber noch nicht üblich gewesen, so dass Brot wohl noch die Ausnahme war. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass getreidebasierte Lebensmittel wie Brot erst zum Grundnahrungsmittel wurden, als die Landwirtschaft fest etabliert war", schreiben die Forscher.

Möglicherweise hätten Jäger und Sammler jedoch überhaupt erst angefangen, Getreide anzubauen, weil sie aus wildem Korn das erste Brot gebacken hatten. "Brot bedeutet viel Arbeit", erläuterte der Londoner Archäologe Dorian Fuller. Dass man es trotzdem hergestellt hat, lege nahe, dass es als etwas Besonderes angesehen wurde. Und der Wunsch, mehr von diesem besonderen Essen zu machen, hat wahrscheinlich zur Entscheidung beigetragen, Getreide anzubauen."

Die elektronenmikroskopisch untersuchten Fragmente enthielten Spuren von Getreidekörnern, aber auch Wurzeln. "Sowohl die Getreide- als auch die Nicht-Getreide-Komponente scheinen gründlich gemahlen, gesiebt und ausgelesen worden zu sein", schreiben die Wissenschaftler. Das könne man nicht nur an der Größe der Teilchen erkennen, sondern auch daran, dass keinerlei Spreu oder ganze Körner gefunden worden seien.

Die Überreste seien den ungesäuerten Fladen sehr ähnlich, die an verschiedenen jungsteinzeitlichen Siedlungen und römischen Standorten in Europa und der Türkei gefunden worden seien, erklärte die Kopenhagener Archäobotanikerin Amaia Arranz Otaegui. "Wir wissen jetzt, dass brotartige Produkte lange vor der Entwicklung der Landwirtschaft hergestellt wurden", ergänzte sie. Zuvor hatte man diese Praxis bereits vermutet, weil man an der Ausgrabungsstelle Sichel-Klingen und steinerne Mörser gefunden hatte.

Eine Feuerstelle an der Ausgrabung Shubayqa 1, in der brotähnlichen Produkte von Archäologen entdeckt wurden.

aus FAZ.NET,

... Die Analyse des Materials zeigt Spuren von Fasern von Wurzeln, Gräsern, aber auch von verschiedenen Körnern. Die Zutaten wurden fein gemahlen, zu einem ungesäuerten Teig vermengt und in den Feuerstellen gebacken. Das Ergebnis war eine Art Fladenbrot wie Richter und seine Kollegen in den „Proceedings“ der amerikanischen Nationalen Akademie  schreiben. Das Korn stammte von wilden Getreidearten, die in dieser Region wuchsen. Im Nordosten Jordaniens lebten vor gut 14.000 Jahren  Jäger und Sammler aus dem Volk der Natufier.


Nota. - Der Fund ist von historischer Bedeutung. Dass der Übergng zum Ackerbau vor rund 12 000 Jahren im Jordantal begonnen haben muss, ist schon lange unbestritten. Völlig rätselhaft war jedoch, was die Menschen damals zu diesem Schritt bewogen haben mag. Dass Sesshaftigkeit und Landwirtschaft zu Grundlagen der Arbeitsgesellschaft, der Akkumulation von Reichtum und die Voraussetzung von Kultur würden, haben unser Vorfahren nicht ahnen können. Kurzfristig - aber immerhin für die nächstfolgenden Jahrtausende - bedeuteten sie eher eine Verschlechterung der Lebensbedingungen: Vereinseitigung der Ernährung und Mangelkrankheiten, das Aufkommen von Grundeigentum und Krieg und die daraus folgende Klassenspaltung der Gesellschaften und vor allen Dingen die Eingrenzung der Möglichkeiten. Wo war da ein positiver Anreiz?

Dass das Brot längst vorher bekannt war - noch vor dem Bier -, ist ein erster ernstzunehmender Hinweis. Es ließ sich, wenn genügend Getreide da war, auf Vorrat backen; ließ sich aber schlecht in praller Sonne umhertragen und brauchte kühle und schattige Verwahrung. Ein langsamer, stetiger Übergang von saisonaler Sesshaftigkeit zur Erntezeit zur dauerhaften Nierlassung für Aussaat und Ernte wird so plausibel. Dass das Bier nach der notwedigen die hinreichende Bedingung war, braucht gar nicht in Abrede gestellt zu werden.
JE

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