Donnerstag, 10. Mai 2018

Grundeinkommen VII.


Dass die Debatte in die Breite geht, kann man nur begrüßen. Verständlich ist auch der grundsätzliche Pragmatismus in dieser Frage: "Probieren geht über studieren", sagt der gesunde Menschenverstand - und meint, man solle irgendwo einen großen Feldversuch durchführen. 

Nur ist gerade das unrealistisch. Bevor man auch nur theoretisch ein Experiment ins Auge fasst, sei es ein physikalisches, sei es ein soziales, müssen erst die Versuchsbedingungen festgestellt werden - die sachlichen Prämissen, unter denen der Versuch durchgeführt werden soll. Aber das bedingungslose Grundeinkommen würde ebendiese Prämissen selber verändern. Nur weiß man nicht, wie - denn  das sollte mit dem Feldversuch ja erst herausgefunden werden!

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Das einstweilen geltende Gesellschaftsmodell geht davon aus, dass Wertschöpfung letzten Endes nur durch menschliche Arbeit geschieht. Die Öffentlichen Angelegenheiten können daher nur bezahlt werden durch einen Anteil an der gesamtgesellschaftlich erbrachten Arbeit. Auf Deutsch: Letzten Endes sind unsere Steuern ein Abzug vom Arbeitsertrag. Die Arbeit wird besteuert.

Das Argument für das Grundeinkommen ist aber: In der Industrie 4.0 entstehen die - explosionsartig anwach- senden - Werte nicht länger aus der - schwindelerrend schwindenden - menschlichen Arbeit. Gewinne werden offenbar immer noch gemacht, aber sie sind kaum noch Resultat wirklicher gegenwärtiger Arbeit, sondern von Jahrhunderten vergangener Arbeiten, die in Wissenschaft und Technik vergegenständlicht sind. Nicht die lebendige Arbeit sollte besteuert werden, sondern die akkumulierte tote.

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Angenommen, Schleswig-Holstein führte bei sich ein bedingungsloses Grundeinkommen von 1000 € ein - diese Idee hat die Diskussion bei uns neu entfacht. Aus dem eigenen Steueraufkommen von Schleswig-Holstein werden sie es kaum bezahlen wollen noch können. Was wäre für die Finanzierbarkeit also erwiesen? Was wäre bewiesen, wenn ein paar Zehntausend erstmal für ein paar Monate - oder auch Jahre, wer weiß das schon - blaumachten? Wenn einer entscheiden kann, sein ganzes Leben der schönen Kunst oder dem Erkunden fremder Länder, der interesselosen Betrachtung, dem Lob seines Herrn oder womöglich der frohen Geselligkeit zu widmen, ohne sich über seinen Lebensunterhalt den Kopf zerbrechen zu müssen, ist das - eine ganz andere Welt

Das kann man nicht "einfach mal ausprobieren". Da muss man viel ausforschen, da muss man viel nachdenken, da wird man vor allem: viel streiten müssen. 

Aber zu all dem muss man sich erst einmal die Mittel geben. Und darum kann der Streit nicht früh genug und nicht breit genug geführt werden, denn schon das allein wird ordentlich was kosten.



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