Neue Regierung steht vor alten Problemen
Keine Anzeichen für eine schnelle Besserung der Wirtschaft in Ägypten
Keine Anzeichen für eine schnelle Besserung der Wirtschaft in Ägypten
von Astrid Frefel, Kairo
Die ägyptische Übergangsregierung von Hazem Beblawi ist an den Wirtschaftsproblemen des Landes zugrunde gegangen. Ihre expansive Finanzpolitik hat die interne Verschuldung weiter erhöht. Der Privatsektor leidet unter strukturellen Defiziten.
Einer der Hauptgründe für den Rücktritt des ägyptischen Kabinetts von Premier Hazem Beblawi ist die Streikwelle, die seit Wochen durch das Land rollt. Es streiken Staatsangestellte, die den versprochenen Lohn nicht erhalten haben. Mitarbeiter von privaten Firmen, die höhere Gehälter verlangen, legen ebenfalls ihre Arbeit nieder. Bessere Arbeitsbedingungen und Lohnrückstände sind weitere Gründe für die vielen Streiks im ganzen Land.
Die ägyptische Übergangsregierung von Hazem Beblawi ist an den Wirtschaftsproblemen des Landes zugrunde gegangen. Ihre expansive Finanzpolitik hat die interne Verschuldung weiter erhöht. Der Privatsektor leidet unter strukturellen Defiziten.
Einer der Hauptgründe für den Rücktritt des ägyptischen Kabinetts von Premier Hazem Beblawi ist die Streikwelle, die seit Wochen durch das Land rollt. Es streiken Staatsangestellte, die den versprochenen Lohn nicht erhalten haben. Mitarbeiter von privaten Firmen, die höhere Gehälter verlangen, legen ebenfalls ihre Arbeit nieder. Bessere Arbeitsbedingungen und Lohnrückstände sind weitere Gründe für die vielen Streiks im ganzen Land.
Überall Firmenpleiten
Beblawi hatte sein Amt nach der
Absetzung von Präsident Mohammed Mursi durch die Armee im vergangenen
Juli angetreten. In den folgenden Monaten verschlechterte sich die
Sicherheit, und der Tourismus erreichte ein neues Rekordtief. Als Folge
mussten zahlreiche Firmen schliessen. Zwischen Juli und September 2013
gingen rund 30 000 Arbeitsplätze verloren. Das Wachstum des
Bruttoinlandproduktes (BIP) betrug im 3. Quartal 2013 magere 1%
gegenüber einem Durchschnitt von 2,5% in der Zeit seit der Revolution
vom Januar 2011. Die Regierung Beblawi versuchte mit einer expansiven
Finanzpolitik Gegensteuer zu geben und mit höheren Staatsausgaben die
Investitionstätigkeit sowie den privaten Konsum anzukurbeln.
Den Angestellten des öffentlichen
Dienstes wurde zu Jahresbeginn ein Lohn von mindestens 1200 ägypt. £
(knapp 160 Fr.) versprochen, während die höchsten Gehälter auf den
35-fachen Wert festgesetzt und dann gleichzeitig viele Ausnahmen
zugelassen wurden. Kürzlich beschloss die alte Regierung eine
Rentenerhöhung, und noch vor wenigen Tagen gewährte der Staatspräsident
der Polizei eine Gehaltsaufbesserung. Im September 2013 und im Februar
2014 wurden zudem zwei Investitionsprogramme von 29,6 Mrd. £ (rund
3,95 Mrd. Fr.) und 33,9 Mrd. £ (4,5 Mrd. Fr.) aufgelegt. Ziel dieser
Massnahmen ist es, das Wirtschaftswachstum auf 3,5% zu steigern.
Erhöhungen nicht budgetiert
Nicht alle Staatsangestellten
haben den versprochenen Lohn erhalten. Die zusätzlichen Ausgaben waren
in den Budgets vieler der betroffenen Organisationen nicht eingeplant,
weil der Regierungsentscheid mitten im Finanzjahr gefallen ist. Ein
anderes Gehaltsgefüge hätte ohnehin zunächst die Anpassung des gesamten
Entlöhnungssystems notwendig gemacht, um nicht neue Verzerrungen zu
schaffen. Zudem haben gehaltliche Zugeständnisse im Staatswesen, die
häufig zur Aufrechterhaltung der Loyalität der Beamten erfolgen, Druck
auf die Privatunternehmen geschaffen, bei den Gehältern nachzuziehen.
Der Unmut enttäuschter Arbeitnehmer entlädt sich jetzt vielerorts in
Streiks. Die Forderung nach mehr sozialer Gerechtigkeit war ein
Schlüsselmotiv der Massenproteste im Revolutionsjahr 2011 gewesen. Der
neue Regierungschef Ibrahim Mahlab hat angekündigt, dass er das Gespräch
mit den Streikenden suchen und die Kommunikation verbessern werde.
Die grösste Schwäche sei der sich
stetig verschlimmernde Zustand der öffentlichen Finanzen, hält auch die
Rating-Agentur Fitch in ihrem neusten Bericht fest. Er ergibt sich aus
einer Kombination von sinkenden Einnahmen und höheren Ausgaben. Neben
den steigenden Löhnen sind es insbesondere die ausufernden Subventionen -
allein für Energie 128 Mrd. £ (rund 17 Mrd. Fr.) -, die im Finanzjahr
2013 zu einem Budgetdefizit von 13,7% des BIP geführt haben. Die
Regierung Beblawi habe zudem keine Visionen gehabt, wie das
Budgetdefizit abzubauen sei, werfen ihr Kritiker aus Wirtschaftskreisen
vor. Sie hat sich genauso wenig an das «heisse Eisen» Subventionen
gewagt wie die Vorgängerregierungen, obwohl bekannt ist, dass vor allem
die Subventionen von Benzin überproportional den weniger Bedürftigen
zugutekommen. Auch von den Lebensmittelsubventionen profitieren viele
Reiche.
Die expansive Fiskalpolitik mit
steigender interner Verschuldung (fast 85% des BIP) über die vergangenen
zwei Jahre lasse wenig Raum für die Finanzierung des privaten Sektors,
warnt die Weltbank in ihrem neusten Quartalsbericht. Das
Wirtschaftswachstum werde zudem durch die bekannten Strukturschwächen
gehemmt, wie zu wenig Investitionen in Industrie sowie Infrastruktur und
die Verstrickung von Firmen mit der Politik, die Marktzugang und
Wachstum neuer Unternehmen blockierten.
Mehr Schwarzarbeit
Die Folge der Schwäche in fast
allen Schlüsselbranchen sei eine Ausweitung des informalen Sektors, hält
die Weltbank fest. Die neue Führungsmannschaft Ägyptens, die am
vergangenen Wochenende vereidigt wurde, muss sich daher denselben
Herausforderungen wie die Regierung Beblawi stellen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen