aus nzz.ch, 5.9.2016, 07:00 Uhr EOS Systems
Wirtschaft im Gespräch: EOS-Gründer und Chef Hans J. Langer
«Der 3-D-Druck steht kurz vor dem industriellen Durchbruch»
Weil sein Arbeitgeber seine Ideen zur Entwicklung des industriellen 3-D-Drucks ablehnte, gründete Hans Langer 1989 die EOS GmbH. Nun sieht er die Zeit für den grossen Wachstumssprung gekommen.
von Gerhard Bläske
Ursprünglich strebte Hans J. Langer eine Wissenschaftslaufbahn an. Nach dem Studium an der Technischen Universität in München arbeitete er am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik an Lasern. Doch mangels Karriereperspektiven wechselte der promovierte Physiker in die Industrie. Als sein amerikanischer Arbeitgeber General Scanning seine Idee, statt einzelner Lasersystemkomponenten modulare Systeme mit individuellen Applikationen für den industriellen 3-D-Druck zu entwickeln, ablehnte, gründete er 1989 die EOS GmbH (Electro Optical Systems).
Riesige Schränke
Das einstige Startup ist zu beachtlicher Grösse gereift. Der weltweit führende Hersteller von industriellen 3-D-Druck-Systemen wird voraussichtlich im Geschäftsjahr 2015/16 mehr als 300 Mio. € Umsatz machen. Die Familiengruppe ist laut Langer hochprofitabel. Investitionen würden aus dem Cash-flow finanziert, und man habe genug Geld auf der Bank, sagt der distinguiert wirkende Herr mit Seidenschal, Einstecktuch und nach hinten gekämmter grauer Lockenpracht. Vor zwei Jahren wurde ein neues Firmengebäude fertig, aber auch das ist schon wieder zu eng. Auf der gegenüberliegenden Strassenseite des Unternehmenssitzes in einem Industriegebiet der Münchner Vorortgemeinde Krailling wächst ein neuer Bau empor.
- Wírd der 3-D-Drucker die Welt verändern?
- Jetzt aber wirklich: Ein neues Maschinenzeitalter.
- Industrie 4.0?
- Der Niedergang der Arbeitsgesellschaft und die Kritik der Politischen Ökonomie.
Bis heute hat EOS weltweit mehr als 2000 Maschinen installiert, die Belegschaft zählt rund tausend Mitarbeiter. Nun aber erwartet Langer einen gewaltigen Wachstumssprung. Experten glauben, dass der 3-D-Druck die Welt verändert, und Langer ist überzeugt, dass das von EOS weiterentwickelte Laser-Sinter-Verfahren zum industriellen Standard wird. Es stehe vor dem Durchbruch zur Massenproduktion. Mit der selbstentwickelten additiven Fertigung auf Basis der Laser-Sinter-Technologie lassen sich nicht nur Zahnkronen oder Prothesen, sondern etwa auch Bauteile für Flugzeugturbinen fertigen – schneller, flexibler, individueller, günstiger, mit geringerem Gewicht und besser als mit herkömmlichen Technologien und Werkstoffen. In den an riesige Schränke erinnernden EOS-Anlagen, die bis zu 1 Mio. € kosten können, verfestigt ein Laserstrahl pulverförmige Kunststoff- und Metallwerkstoffe Schicht für Schicht (additiv) zu einem festen Bauteil.
Wer sich nicht rechtzeitig mit dieser Technologie beschäftige, könne in Zukunft erhebliche Wettbewerbsnachteile haben, glaubt Langer. Das konnte auch er einst nicht absehen. Oft habe er Glück gehabt. Gerade dann, wenn es notwendig war, stand ein Kapitalgeber oder ein Kunde bereit, der an Langer und seine Ideen glaubte. Als Physiker sei er es gewohnt, permanent zu hinterfragen, sagt der sehr kommunikative EOS-Chef. Dadurch habe er Trends frühzeitig erkannt, deren Konsequenzen durchdacht und darauf gesetzt.
Den Durchbruch brachte nach Langers Einschätzung ein Auftrag von BMW in den 1990er Jahren. Der Münchner Autobauer bestellte bei EOS je ein System für die Digitalisierung (Lesen) und Fertigung (Schreiben) in 3-D. EOS musste das Gerät erst entwickeln und bauen, lieferte aber pünktlich. Ein weiterer wichtiger Schritt sei ein Grossauftrag des Triebwerkherstellers General Electric gewesen: Durch die Produktion einer Einspritzdüse auf EOS-Maschinen spare das Unternehmen über die Lebensdauer des Triebwerks einen dreistelligen Millionenbetrag. Statt aus vielen Einzelteilen besteht die Einspritzdüse nun aus einem Stück und ist wesentlich leichter, haltbarer und verbrauchsärmer als die aus vielen Einzelteilen bestehenden Vorgänger. Herkömmliche Verfahren für die Einspritzdüsen wurden aus dem Markt gedrängt. Auch SpaceX- und Tesla-Gründer Elon Musk setzt für seine Raketenantriebe auf EOS.
Auch mit 64 sprudelt Langer über vor Ideen. Er habe nicht den Fehler gemacht, die operative Führung zu spät abzugeben, sagt er. Dadurch habe er weiter strategisch denken können. EOS ist Teil einer Unternehmensgruppe, zu der mit Scanlab, dem weltweit führenden Hersteller von High-End-Scannermodulen, ein weiterer der für Deutschland typischen Hidden Champions aus dem Mittelstand gehört.
Neues Büro im Silicon Valley
Das US-Geschäft wird kräftig ausgebaut. Im Silicon Valley hat EOS ein Büro eröffnet. Zu Langers Beteiligungsgesellschaft gehören mehr als 20 Firmen, darunter die Zürcher Sintratech. Bei vielen Projekten arbeitet EOS auch mit externen Partnern zusammen, wie Georg Fischer oder Airbus. Mit UnternehmerTUM – dem Startup-Center der TU München – und dem Strascheg Center for Entrepreneurship an der Hochschule München hat Langer einen 3-D-Printing-Cluster auf den Weg gebracht, der Studenten und Auszubildende mit der Technologie vertraut macht und Startups im Bereich des 3-D-Drucks unterstützt. Deutschland sei in der industriellen Laser- und 3-D-Drucktechnik weltweit führend. Bei so vielen geschäftlichen Aktivitäten bleibt nicht so viel Zeit fürs Segelfliegen, eine langjährige Leidenschaft Langers. Das wird sich so rasch auch nicht ändern. Ans Aufhören denkt er nämlich noch nicht.
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