Samstag, 10. September 2016

Ein zweites Troja in Bulgarien?

aus Der Standard, 24. 8. 2016                                                                                      Perperikon, Blick vom Burgberg

Archäologen entdecken in Bulgarien mykenisches Gefäß
Seltene Keramik weist auf überregionale Handelsbeziehungen im 13. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung hin

Archäologen haben in Südwestbulgarien in den Überresten einer Siedlung aus der späten Bronzezeit eine überraschende Entdeckung gemacht: Das deutsch-bulgarische Forscherteam legte ein fast vollständiges mykenisches Gefäß frei. "Mykenische Keramik ist bislang nur sehr selten in Bulgarien entdeckt worden", erklärt Grabungsleiter Philipp Stockhammer von der Ludwig-Maximilians-Universität München. 



Die Region wurde bislang in der Archäologie für die bronzezeitlichen Handelsbeziehungen eher als Peripherie angesehen. Die stark befestigte Siedlung von Bresto aus dem 13. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, die in der heutigen bulgarischen Gemeinde Banya liegt, wurde am Schnittpunkt der Gebirge Rila, Pirin und Rhodopen errichtet. Sie liegt auf einem Südhang in der Schleife eines Flusses. Die massive Befestigungsmauer ist bislang in Größe und Architektur einzigartig in Westbulgarien und Nordgriechenland. Die regional nächste Parallele für eine entsprechende Mauer findet sich den Archäologen zufolge in Troja. 



Mauern wie in Troja 

"Es ist spannend, dass es in Südwestbulgarien eine Siedlung gibt, deren Befestigung vom Aussehen an Troja erinnert, und sich dort auch mykenische Keramik findet", sagt Stockhammer, der Experte für die Handelsbeziehungen im Ostmittelmeerraum der Bronzezeit ist. Die Funde werfen ein Licht auf die überregionalen Beziehungen, in die die Menschen der damaligen Siedlung eingebunden waren. "Die bisherigen Ausgrabungen und Funde lassen vermuten, dass es Kontakte nach Süden in die Ägäis und Richtung Troja gab", sagt Stockhammer. Die auffallend große Architektur von Bresto lässt zudem vermuten, dass die Siedlung über vergleichsweise großem Reichtum verfügte. "Es gibt keine ähnlich große Siedlung in der Region", sagt Stockhammer. (red.)  



aus Der Standard, Wien, 9. 9.2016                                                                                                Mauern von Perperikon

Akropolis in Bulgariens antiker Felsenstadt Perperikon ausgegraben
470 Meter hoher Burgberg vollständig freigelegt 

Sofia – Die antike Felsenstadt Perperikon in Bulgarien ist ein unerschöpflicher Ausgrabungsort für Archäologen. Im Sommer wurde der aus riesigen Steinblöcken errichtete Burgberg von Perperikon, die Akropolis, komplett ausgegraben. "Dies ist der höchste Teil der Burg, die in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts durch eine drei Meter hohe Mauer umringt wurde", so Nikolaj Owtscharow. Der Archäologe leitet seit 17 Jahren die Ausgrabungen in der in Naturfelsen angelegten Stadt, deren Geschichte bis in die Steinzeit zurückreicht. 



Owtscharows Team brachte im Sommer dort auch eine Bischofskathedrale ans Licht. Die aus der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts stammende Kirche gehöre zu den größten frühchristlichen Basiliken in Bulgarien. Der 470 Meter hohe Felsenberg Perperikon, rund 250 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Sofia, war einst für die Thraker eine heilige Stätte. Später siedelten auf dem Gebiet Römer, Goten, Byzantiner und Bulgaren. (APA)  


Nota. - Das ist das antike Thrakien; wie das angrenzende Mazedonien von den Griechen als Barbarenland angesehen, gehörte es doch demselben Kulturkreis an. Die Bedeutung des Balkans in der Geschichte der abendländischen Kultur wird oft unterschätzt. Über den Balkan kam der Ackerbau aus dem Fruchtbaren Halbmond nach Mitteleuropa, hier entstand die Donaukultur. Im Römischen Reich war der Balkan sicher nicht weniger kultiviert als Gallien, Süd- und Westdeutschland und England. Die Völkerwanderung hat hier nicht entfernt so schwere Schäden angerichtet wie im Westen: Noch heute wird in der römischen Provinz Dacia das neulateinische Rumänisch gesprochen.

Die städtische Kultur wird auf dem Balkan schon während der Zerfallszeit des Oströmischen Reichs im Nieder-gang gewesen sein, aber den Schlusspunkt setzte die türkische Eroberung. Seither bildeten sich dort balkanische Zustände aus, wie auch in Griechenland. Das wirkt bis heute.

JE



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