Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de
Das Prinzip der rechtlichen Gleichstellung der Staatsbürger stammt historisch-reell aus der tatsächlichen Gleichheit der tauschenden Warenbesitzer auf dem Markt; nicht andersrum. Die geweitete politische Form sollte die Dynamik der gesellschaftlichen Wirklichkeit freisetzen, nämlich aus dem Korsett feudaler, vorbürgerlicher Privilegien befreien.
Die Sache hatte von Anbeginn einen Haken: Die einander am Markt begegnenden Subjekte müssen Waren anzubieten haben - sonst können sie sie nicht gegen andere Waren eintauschen. Um Waren anzubieten, müssen sie sie produzieren können. Müssen außer der Kraft und Geschicklichkeit auch die Werkstoffe und Geräte besitzen, die zu ihrer Herstellung nötig sind.
Mit der Einbeziehung der Landwirtschaft in das Marktgeschehen begann in Europa das große Bauerlegen alias "die ursprüngliche Akkumulation des Kapitals". Eine ganze Klasse von Menschen entstand, die keine Waren anbieten können, weil sie ihr Produktionsmittel, den Boden, verloren hatten. So mussten sie ihre Arbeitskraft selbst zu Geld machen; verkaufen an einen Andern, der sich ihrer fruchtbringend bedienen kann, weil er die nötigen sachlichen Mittel dazu besitzt. Das, was aus der Verwendung der Arbeitskraft neu an Brauchbarem hinzukommt, gehört dem, der sie gekauft, und nicht dem, der sie verkauft hat. Unmittelbar ist nichts Ungerechtes, ist kein Verstoß gegen 'die Gleichheit' daran. Die Ungleichheit war längst zuvor entstanden, als die Masse der Bauern von ihrem Land vertrieben worden waren.
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Die Herrschaftsform der Demokratie lässt sich vernünftiger Weise aus dem Prinzip der Gleichheit gar nicht herleiten. Vom politischen Standpunkt des Gemeinwesens aus ist es vorderhand gar nicht wichtig, ob sich jeder in gleichem Maße 'einbringen' und 'verwirklichen' kann. Dem Gemeinwesen liegt daran, dass 'das Richtige' - was immer das sei - getan wird, und um zu entscheiden, was das Richtige ist, braucht man die richtigen Leute, und nicht alle, die 'betroffen' sind - und nichtmal alle, die den Mund auftun.
Wer aber entscheidet nun darüber, welches die richtigen Leute sind? Auch nicht Alle, sondern wiedrum - die richtigen Leute... Die Katze beißt sich in den Schwanz. Das Problem ist institutionell gar nicht zu lösen. Da 'man' im Vorhinein nicht beurteilen kann, wer dem Gemeinwohl am besten dienen wird, muss man es im Nachhinein tun: auf Verdacht ein paar auswählen und nach einem nicht allzu langen Zeitraum prüfen, ob sie sich bewährt haben. Das wird en détail vielleicht auch nicht Jeder können; aber der große Durchschnitt in der Regel schon, und jedenfalls mit mehr gesundem Menschenverstand als irgendwer sonst; nämlich sofern der Meinungskampf öffentlich geführt wird. Rechtsstaat und bürgerliche Freiheiten haben den Sinn, den gesunden Menschenverstand zu pflegen und zu fördern, indem sie Öffentlichkeit garantieren.
Gleichheit ist ein Gebot des freiheitlichen Rechtsstaats um der Öffentlichkeit willen, aber nicht die Grundlage der Demokratie. Die Reihenfolge ist umgekehrt.
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