Donnerstag, 19. Dezember 2013

Zunahme des Prekariats liegt nicht an Hartz IV.

institution logo Hartz-Reformen beschleunigten nur zeitweise den Zuwachs bei Minijobs und Zeitarbeit
Wolfgang Braun  
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB)
 

19.12.2013 10:11 

Die Hartz-Reformen führten nicht zu einer nachhaltigen Beschleunigung des Wachstums der atypischen Erwerbsformen. Sie haben diesen Trend nur zeitweise verstärkt, und das auch nur bei den Minijobs, der Zeitarbeit und der Solo-Selbständigkeit. Der Wandel der Erwerbsformen sei vor allem Ausdruck eines langfristigen Trends, erklärt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in der aktuellen Ausgabe 2/2013 der Zeitschrift „IAB-Forum“ mit dem Schwerpunktthema „Zehn Jahre Agenda 2010“.

Bei den Minijobs, der Zeitarbeit und der durch das neue Instrument der „Ich-AG“ geförderten Solo-Selbständigkeit wurden durch die Hartz-Reformen rechtliche Rahmenbedingungen verändert. Bei der sozialversicherungspflichtigen Teilzeit und der befristeten Beschäftigung, den weiteren atypischen Beschäftigungsformen, änderte sich rechtlich dagegen nichts. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe, eine kürzere Bezugsdauer des Arbeitslosengelds und striktere Zumutbarkeitskriterien erhöhten allerdings für Arbeitslose generell den Druck, Konzessionen bei der Aufnahme einer Beschäftigung in Kauf zu nehmen, schreiben die Arbeitsmarktforscher. Dennoch sei bei der befristeten Beschäftigung und der sozialversicherungspflichtigen Teilzeit kein Effekt der Hartz-Reformen erkennbar.
 

Die Entwicklung der Erwerbsformen zeigt den IAB-Forschern zufolge bereits seit den 1990er Jahren einen deutlichen Aufwärtstrend der atypischen Erwerbsformen. Die Ursachen für den Wandel der Erwerbsformen seien vielschichtig: Neben gesetzlichen Änderungen würden auch Faktoren wie die zunehmende Erwerbsbeteiligung von Frauen, das Wachstum des Dienstleistungssektors oder ein durch verschärften Wettbewerb bedingter Flexibilisierungsbedarf der Betriebe Einfluss auf die Entwicklung der Erwerbsformen nehmen.
 

Die absolute Zahl der Normalarbeitsverhältnisse – also sozialversicherungspflichtiger unbefristeter Vollzeitbeschäftigung außerhalb der Zeitarbeit – ging nur bis 2005 zurück, danach stieg sie sogar wieder an. Anders stellt sich die Situation bei den atypischen Erwerbsformen dar, die im gesamten Zeitraum kräftig zulegten. Ihr Anteil wuchs von 24 Prozent im Jahr 1995 auf 37 Prozent im Jahr 2011.
 

Die insgesamt beträchtlichen Zuwächse bei den atypischen Erwerbsformen fallen jedoch bei den einzelnen Beschäftigungsformen sehr unterschiedlich aus. Den größten Anstieg verzeichneten dabei die Minijobs, und das zunächst in den 1990er Jahren. 2004, also im Jahr nach der Neuregelung im Zuge der Hartz-Reformen, zeigen die Daten dann noch einmal einen starken Zuwachs bei den Minijobs. Danach flachte der Trend ab, zuletzt veränderte sich deren Zahl nur noch wenig.
 

Die Zeitarbeit wies zwar neben den Minijobs die höchsten Wachstumsraten auf, stellt aber in absoluten Zahlen betrachtet noch immer die Erwerbsform mit den wenigsten Beschäftigten dar. Ihr starker Aufwärtstrend zwischen 2004 und 2008 endete mit einem deutlichen Rückgang im Krisenjahr 2009. Die Beschäftigungsverluste wurden dann im Jahr 2010 wieder ausgeglichen.
 

Der Anstieg sozialversicherungspflichtiger Teilzeitbeschäftigung verteilt sich relativ gleichmäßig über den gesamten Zeitraum ab 1995. Die befristete Beschäftigung hatte zunächst in den 1990er Jahre und dann noch einmal stark nach 2003 zugenommen, stagnierte aber zuletzt. 

Foto: Annamartha  / pixelio.de

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