Strafen für Kinderpornografie  
Schlechtes Planschbecken-Gesetz
Ein Produkt strafrechtlicher Hysterie: Der Gesetzentwurf zu härteren Strafen für Kinderpornografie ist schlecht. Er benutzt den Fall Edathy, um jegliche Nacktheit in die Nähe von Pädophilie zu rücken. Vor solchem Unfug muss man Kinder, Eltern und das Strafrecht schützen.
 
Kommentar von Heribert Prantl

Der strafrechtliche Schutz von Kindern ist eine ernsthafte Angelegenheit. Wer den kaugummihaften Gesetzentwurf des Bundesjustizministers liest, zweifelt an dieser Ernsthaftigkeit. Dieser Entwurf, der unter anderem die Strafbarkeit von Kinderpornografie ausweiten und das Recht am Bild erhärten soll, ist schlecht. Er ist partiell schlecht gedacht, er ist partiell schlecht gemacht, und er ist partiell in der Praxis nicht anwendbar. Dieses Gesetz ist in einigen Teilen ein Produkt strafrechtlicher Hysterie.

Der Gesetzentwurf benutzt den Fall Edathy, um selbst Dinge für strafbar zu erklären, bei denen man allenfalls mit viel schlechter Phantasie an Kinderpornografie und Missbrauch denken kann. Er bestraft auch das Herstellen völlig unverfänglicher Bilder, wenn irgendjemand diese Bilder nutzen könnte, um sich daran aufzugeilen. Das kann selbst sein, wenn die Kinder bekleidet sind. Und: Jegliche Nacktheit kann mit dem geplanten Gesetz in die akute Nähe von Pädophilie geraten. Das Gesetz erklärt auch das Natürliche für unnatürlich. Das ist unnatürlich.

Künftig könnten Eltern, die die Planschbecken-Party beim Kindergeburtstag fotografieren, in den Bereich der Strafbarkeit geraten. Diese Befürchtung wurde - nicht zu Unrecht - soeben beim Deutschen Juristentag in Hannover geäußert. Man muss Kinder, Eltern und das Strafrecht vor solchem Unfug schützen.

Das neue Strafrecht versucht zum einen, internationale Konventionen und europäische Richtlinien in nationales Recht umzusetzen. Das ist an sich sehr löblich und dagegen wäre nichts zu sagen, wenn das in kluger Weise geschähe. Aber hinter der Fülle von geplanten Gesetzesänderungen steht kein Konzept und keine Präzision. Das neue Strafrecht macht aber noch mehr als den Versuch, internationale und europäische Vorgaben umzusetzen: Es reagiert punktuell und fragwürdig auf öffentliche Empörung im Fall Edathy. Es schafft ein streckenweise sehr unpraktikables Anti-Nackt-Strafrecht.

Dieses geplante Strafrecht unterstellt allüberall und allenthalben strafbar Sexuelles. Es straft auch ein absolut nicht strafwürdiges Verhalten, weil irgendwer irgendwann Strafwürdiges dabei denken oder damit anstellen könnte. Das geht nicht. Das ist nicht Schutz vor Missbrauch; das ist Prüderie in Paragrafenform. Strafrecht funktioniert nur dann, wenn klar ist, was bestraft wird. Wenn Strafrecht nebulös wird, schadet es mehr, als es nützt.



 

Nota. Das obige Foto gehört mir nicht, ich habe es im Internet gefunden. Wenn Sie der Eigentümer sind und seine Verwendung an dieser Stelle nicht wünschen, bitte ich um Nachricht auf diesem Blog. JE