Dienstag, 6. September 2016

Auf die Kanzlerin kommt es an.


Die Süddeutsche titelt heute als Aufmacher: Merkel hat nur noch zwei Optionen.

Die eine ist die:

"Durchziehen. Natürlich muss das schiere Management der Flüchtlingspolitik besser werden. Aber darüber hinaus würde der Kanzlerin jedwede Kursänderung als rein taktisches Manöver ausgelegt. Wer das will, kann gleich SPD wählen. Für Merkels Bewegungsspielraum, ihre Flüchtlingspolitik zu verändern, gibt es aus Gründen der Glaubwürdigkeit, aber auch aus ihrer persönlichen Überzeugung heraus eine Obergrenze. Und die liegt sehr, sehr niedrig.

Durchziehen hieße, die Bundestagswahl offensiv zu einem Plebiszit über ihre Flüchtlingspolitik zu machen. Zu einer Abstimmung über die Bereitschaft, sich den Problemen vor Europas Haustür zu stellen und nicht wegzusehen. Dieser Versuch wäre mitnichten aussichtslos. Auf dem Weg dahin allerdings könnte es für Merkel schwieriger sein, zunächst die eigene CDU zu überzeugen als später die Wähler. Auf dem Parteitag im Dezember in Essen wäre dafür noch einmal eine so starke, ja suggestive Rede nötig wie in Karlsruhe vor einem Jahr. Mindestens.

Bei der Wahl selber läge in der hochgradigen Personalisierung und der so tiefen persönlichen Abneigung ihrer Gegner auch eine Chance zur Mobilisierung für Merkel. Mehr noch als 2013wären womöglich auch Bürgerinnen und Bürger bereit, die Kanzlerin zu wählen, die sich früher eher die Hand abgehackt hätten, als ihr Kreuz bei der Union zu machen. Bei allen Fehlern beeindruckt diese Kanzlerin viele Deutsche noch immer, jedenfalls mehr als potenzielle Gegenkandidaten."

Die andere wäre: jetzt zurücktreten. Das scheint die Süddeutsche ihr nahelegen zu wollen. "Das Verdienst einer mutigen Flüchtlingspolitik bliebe trotzdem. Mit der ersten Variante hat Merkel durchaus die Chance, noch einmal eine Wahl zu gewinnen. Mit der zweiten Variante würde sie ganz sicher Geschichte schreiben."

Nach ihr die Sintflut? Bis vor einem Jahr hätte niemand für möglich gehalten, dass Angela Merkel imstande sei, eine aus politischer Einsicht gewonnene Überzeugung durchzuhalten, auch wenn sie darum kämpfen müsste. Die Journalisten der Süddeutschen können sich leisten, den Schwanz einzukneifen, wenn es brenzlig wird, sie sind von niemandem gewählt worden. Aber Frau Merkel ist eine Politikerin, die Macht übernommen hat, um sie auszuüben.

Gestern schrieb ich: "Wenn Merkel jetzt einknicken würde, käme die AfD auch bei der Bundestagswahl auf 20 Prozent, und die CDU müsste froh sein, wenn sie da mithalten könnte. Die AfD hätte das nicht verdient, aber die CDU." Wenn Merkel jetzt zurückträte, wäre sicher: Wer immer ihr nachfolgte, würde, welche Wortblasen er auch absonderte, versuchen, die Entscheidung vom vergangenen September so zu durchlöchern, dass er sie quasi ungeschehen macht. Wenn die Süddeutsche schreibt, sie würde damit "ganz sicher Geschichte schreiben", dann lügt sie und weiß es. Sie würde Leisetretern erlauben, eine geschichtliche Tat wegzuwischen.



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