Taschkent
aus nzz.ch,
Terror, Enthauptungen, Propaganda: Anhänger des radikalen Islams arbeiten weiterhin unbe-irrt an der Errichtung eines weltweiten Kalifats. Doch wer sind diese Leute? Und wie gefähr-lich sind sie? Saïda Keller-Messahli befasst sich seit Jahren mit diesem Thema: «Islamisten unterwandern unsere Gesellschaft», sagt die Expertin, die gegen radikale Imame und Moscheen kämpft. Sie fordert, dass die Politik nun stärker durchgreife, sonst habe dies schwerwiegende Folgen – für die Schweiz, Deutschland und ganz Europa.
In der jüngsten Ausgabe von «NZZ Standpunkte» mit NZZ-Chefredaktor Eric Gujer hält sich Keller-Messahli deshalb mit Kritik nicht zurück. Das tut sie nie. Für die einen ist sie «eine der mutigsten Frauen der Schweiz» («NZZ am Sonntag»), für andere «ein ausser Kontrolle geratener Bulldozer, der alles platt walzt, was sich ihr argumentativ in den Weg stellt» («Sternstunde Religion»). Kalt lässt sie die wenigsten. In der Sendung spricht Keller-Messahli über frauenfeindliche Schüler, Polizeischutz – und sie sagt, warum Wanderprediger so gefährlich sind.
Noch immer werde Kritik an einem politischen Islam nur hinter vorgehaltener Hand geäussert, sagt Keller-Messahli. Gerade an den Schulen werde das zum Problem. Muslimische Kinder hätten oft bereits genaue Vorstellungen, wie sich Mädchen zu kleiden hätten – am besten mit einem Kopftuch. «Die Kinder bringen ihre Ideologie mit in unsere Schulen.»
Das führe zu Spannungen, sagt Keller-Messahli und nennt ein Beispiel: «Lehrerinnen wird gesagt: ‹Ich höre sowieso nicht auf Sie, weil Sie eine Frau sind.› Das ist inakzeptabel.» Statt sich mit Schulfreunden zu treffen und sich sozial zu vernetzen, verbrächten muslimische Kinder ihre freien Samstage und Sonntage in Moscheen. «Dort werden sie indoktriniert.»
Ein grosses Problem seien radikale Wanderprediger. «Sie gehen in der Schweiz von Moschee zu Moschee und verbreiten menschenverachtende, freiheits- und frauenfeindliche Propaganda», sagt sie. Die Salafisten nutzten aus, dass in einer Demokratie die Religionsfreiheit gewährleistet werde. Keller-Messahli fordert deswegen Kontrollen. Jeder Arzt brauche eine Bewilligung, um zu praktizieren. «Warum nicht auch Imame?» Sie setzt sich deshalb für eine hiesige Ausbildung ein. Die Schweiz habe überhaupt keinen Überblick darüber, wer wo predige, doch das sei zwingend nötig: «Da, wo der Islam politisch wird, müssen wir reagieren.»
Keller-Messahli erwartet deshalb Unterstützung aus der Politik, doch manchmal sei das Gegenteil der Fall. Es gebe Linke – meistens Grüne oder Sozialisten –, die den politischen Islam reflexartig in Schutz nähmen, selbst wenn die Personen gegen Gleichberechtigung und Freiheit predigten. «Die Linken sind nützliche Idioten», sagt Keller-Messahli. «Sie dienen den Islamisten zu, nicht nur in der Schweiz, sondern in vielen Ländern Europas.»
So stünden beispielsweise die meisten ihrer Verbündeten in Deutschland unter Polizeischutz, wie sie in der Sendung verrät. «Das ist traurig und ein Skandal.» Keller-Messahli hat in Berlin eine liberale Moschee mitbegründet, die von der Rechtsanwältin und Imamin Seyran Ates geführt wird. Dort sind Männer und Frauen gleichberechtigt, und auch gleichgeschlechtliche Paare werden akzeptiert. Seither werde Seyran Ates von Islamisten bedroht. Echte Hilfe erhielten sie von den Behörden nicht: «Die liberalen Muslime werden von der Politik im Stich gelassen.»
Dabei seien sie entscheidend. Wenn eine Besserung kommen solle, dann müsse sie von den Muslimen in Europa ausgehen, sagt Keller-Messahli. Sie hätten die Chance, etwas Neues zu entwickeln und eine Religionskritik zu betreiben, die diesen Namen wirklich verdienen würde – doch noch zensierten sich die Kritiker zu oft selbst.
Nota. - Wie stellt sie sich vor, dass "die Politik" die liberalen Muslime unterstützen solle? Ein freiheitlicher Rechtsstaat ist säkular - Deutschland wie die Schweiz. In die inneren Verhältnisse der Glaubensgemeinschaften hat er sich nicht einzumischen, auch nicht hintenrum. Er tritt allerdings auf, wenn und wo das Strafrecht berührt ist. Dazu müssen die, die geschützt werden wollen, allerdings ihr Gesicht zeigen und sich kenntlich machen, anders gehts nicht.
Und die gern zitierte Zivilgesellschaft? Die muss nicht unparteiisch sein. Doch in das Innen-leben der Religionen hat sich nur einzumischen, wer ihnen angehört. Katholikinnen und Ka-tholiken mögen beklagen, dass die römische Kirche Frauen nicht zum Priesteramt zulässt; andere nicht. Was ginge das denn zum Beispiel eine lutherische Pastorin an?
Was anderes ist es mit der Stellung der jeweiligen Religion in der Gesellschaft. Das ist eine öffentliche und politische Angelegenheit. Da darf ein jeder Staatsbürger seine eigne Meinung zu haben.
Auch die Atheisten im Land. Die sind a priori Religions- und daher "islamkritisch". Doch nie-mand kann uns vorschreiben, dass wir alle Religionen gleich bewerten und gleichbehandeln. Das Christentum zum Beispiel hat die westliche Kultur bis ins Mark geprägt. Da gibt es eine ganze Reihe von einzelnen Glaubenssätzen und Vorschriften, die zum positiven Bestand un-serer Zivilisation gehören; etwa das Gebot der Einehe, das die Frau dem Mann grundsätzlich gleichstellt - aber vor allen Dingen, und das war wohl ursprünglich ihr Hauptgrund, die Gesell-schaft aus den Fesseln der Stammes- und Clanzugehörigkeit befreit hat. Andere christliche Glaubensartikel sind viel allgemeiner und weisen weit über die Kirschen hinaus, etwa im Satz von der gemeinsamen Gotteskindschaft aller Menschen, nämlich auch der Nichtgetauften.
- Der geistige Beitrag des Christentums zum Abendland
- Der wichtigste Beitrag des Christentums zum Abendland.
- Als sich Gott zum Christentum bekehrte.
Nicht immer haben die Glaubenssätze den privaten Interessen - der Begüterten - standgehal-ten, viel zu oft haben sie ihnen sogar als Vorwand gedient. Und solange das Christentum in den westliche Ländern auch politisch herrschend war, durften wohl auch Nichtchristen daran Anstoß nehmen. Doch seit die Macht der Kirchen selbst Irland zurückgedrängt ist und hof-fentlich auch bald in Polen wird, sind innerreligöse Konflikte rein innerkirchliche Angelegen-heiten. Nicht dass Andere dazu keine Meinung haben dürfen; doch die ist dann Privatsache - wie der Glaube selbst.
Auch der Atheist hat also ein vernünftiges Interesse daran, dass die zivilisatorischen Errun-genschaften des christlichen Abendlands nicht den Anmaßungen frommer Eiferer zum Opfer fallen. Und schon gar nicht einem Sektenglauben, der zu Freiheit, Menschenrechten und Bür-gerrechten in seiner jahrhundertelangen Geschichte nie etwas beigetragen hat, weil es in seinen Glaubenssätzen dafür keinen Anlass gibt. In unserer konkreten Situation ist der denkende Atheist daher nicht nur "islamkritisch", sondern ein Gegner des Islam, sobald er in der Öffentlichkeit auftritt.
Und um die Sache abzurunden: Das Christentum ist nicht nur die an weitesten verbreitete Weltreligion (das bewiese garnichts); sondern ist auf der Welt die einzige Religion, die den Stachel zu ihrer Aufhebung selbst in sich trägt. Sein Gott hat sich bekehrt, er ist ein anderer geworden, und seine Lehre verheißt die schließlich Umwälzung aller weltlichen Verhältnisse. Es verweist über sich hinaus und ist von allen Bekenntnissen das einzige, das ganz privat werden kann.
JE
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