Mittwoch, 6. November 2013

Gold und Geld.

aus NZZ, 6. 11. 2013


Vom Gold zum Papiergeld und zurück?
Zu den Gefahren einer zügellosen Geldpolitik und zur Gold-Orientierung als Kontrastmittel

von Erich Weede · Die zentrale Botschaft des Buches lässt sich in die Wendung fassen: «Alles, was sich beliebig vermehren lässt, wird irgendwann wertlos.» Das würde, wie der Autor darlegt, sogar für Gold gelten, aber im Gegensatz zum Papiergeld kann niemand Gold beliebig vermehren. Daniel Eckert ist Historiker und Wirtschaftsjournalist und im ersten Teil seines Buches «Alles Gold der Welt» bietet er eine Diagnose der wirtschafts- und geldpolitischen Probleme unserer Zeit. Er skizziert, wie westliche Demokratien unter hohen Staatsschulden, teilweise auch hohen Schulden von Privatleuten und Unternehmen, leiden und wie das Papiergeldsystem es den Zentralbanken ermöglicht, die Märkte mit Liquidität zu überfluten.

Daniel D. Eckert:
Alles Gold der Welt.
Die Alternative zu unserem maroden Geldsystem.

Finanzbuch-Verlag, München 2013. 229 S., € 19,99.

Die Geldpolitik soll nicht mehr nur Geld für dessen klassische Funktionen bereitstellen - als Tauschmittel, Recheneinheit und zur Wertaufbewahrung -, sondern zusätzliche Aufgaben übernehmen: Im Blick sind etwa Eigenheime oder Arbeitsplätze für möglichst viele Amerikaner bis hin zur Einheit Europas. Eckert hält das für eine Überlastung der Geldpolitik, die bisher zwar nicht zu einer nennenswerten Inflation geführt habe und so schnell wohl auch nicht dahin führen werde - aber schon bei 2%iger Geldentwertung pro Jahr verbleiben nach zehn Jahren nicht viel mehr als 80% der alten Kaufkraft. Die Niedrigzinspolitik begünstigt zwar den grossen Schuldner Staat, impliziert aber die langsame Enteignung der Sparer, die bei sicheren Anlagen nicht einmal einen Inflationsausgleich erhalten. 

Nach der Analyse wendet sich der Autor dem «alten» Goldstandard zu, der in Grossbritannien entstanden ist und dessen Beispiel andere Wirtschaftsmächte gefolgt und ebenfalls zur Golddeckung der Währung übergegangen sind. Vor dem Ersten Weltkrieg implizierten Exportüberschüsse den Zustrom von Gold, damit steigende Geldmengen und Preise und Löhne, auch sinkende Zinsen. Importüberschüsse liefen auf den Abfluss von Gold, sinkende Preise und Löhne, auch steigende Zinsen hinaus. Beide Arten von Überschüssen tendierten dazu, wieder abgebaut zu werden. Der klassische Goldstandard verhinderte grosse Ungleichgewichte in den Zahlungsbilanzen, mutete den Arbeitern aber manchmal beträchtliche Lohneinbussen zu. Eckert beschreibt sodann, wie Versuche zur Wiederherstellung des Goldstandards nach dem Ersten Weltkrieg scheiterten und die USA nach dem Zweiten Weltkrieg den Dollar als Leitwährung durchsetzten, wobei der Dollar bis 1971 noch an das Gold gebunden war.

Im dritten Teil wird das Buch spekulativer, weil der Autor alternativ mögliche Szenarien der Geldpolitik durchspielt. Eine durch Gold gedeckte Währung würde demnach eine langsamer wachsende Geldmenge implizieren als die gegenwärtige Geldpolitik der westlichen Welt. Das Risiko der Inflation würde sinken, das der Deflation steigen. Deflationsfurcht und der Verweis, auf die politische Unmöglichkeit kräftiger Lohnsenkungen in Demokratien sind häufig die Argumente gegen den Versuch, wieder eine Goldbindung der Währung durchzusetzen. Eckert plädiert für eine behutsame Form der Gold-Anbindung. Er schlägt vor, neben bestehenden Währungen wie dem Euro auch Gold als gesetzliches Zahlungsmittel zuzulassen. Der Wechselkurs zwischen Papiergeld und durch Gold gedecktem Geld sollte frei schwanken.

So gäbe es neben dem mit politischen Aufgaben überlasteten Geld dann ein freies Marktgeld als Alternative. Die Durchsetzungschancen dieses Vorschlags sind wohl gering. Aber der Zweck des Vorschlags ist weniger, seine baldige Durchsetzung vorzubereiten, als vielmehr einen Interessenkonflikt zwischen Politik und Bürgern zu verdeutlichen. Während die Politik gesetzliche Zahlungsmittel weiter monopolisieren will, möchten viele Bürger Geld mit stabiler Kaufkraft. Mit einer durch Gold gedeckten Parallelwährung würden die Schwächen der gegenwärtigen Geldpolitik erbarmungslos aufgedeckt.

Erich Weede ist Professor emeritus für Soziologie an der Universität Bonn.

 

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