aus scinexx
Wohlstand macht unzufriedener
In reichen Ländern wachsen mit dem Einkommen auch Neid und Frustration
Mehr Geld bedeutet nicht automatisch mehr Glück, im Gegenteil: In
reicheren Ländern nimmt die Zufriedenheit mit steigendem
Pro-Kopf-Einkommen sogar ab. Der Grund: Dort sorgen Neid und zu hohe
Erwartungen für Frustrationen, wie Forscher ermittelten. Das ist ab
einem Pro-Kopf-Einkommen oberhalb von 26.000 Euro pro Jahr der Fall -
auch Deutschland liegt über diesem Schwellenwert.
Je
mehr wir verdienen, desto glücklicher und zufriedener müssten wir
eigentlich sein. Denn dann könnten wir uns all die Dinge leisten, die
wir uns wünschen: gutes Essen teure Kleider und Wohnungen und luxuriöse
Urlaubsreisen. Tatsächlich gingen Forscher bisher davon aus, dass die
Zufriedenheit von Menschen mit steigendem Einkommen größer wird - aber
nur bis zu einer gewissen Grenze. In reicheren Ländern, so der
bisherigen Stand der Dinge, flacht sich die Kurve ab. Hier bringt mehr
Geld dann nur noch geringe Zuwächse an Zufriedenheit und irgendwann
macht das Geld gar keinen Unterschied mehr. Der
Wirtschaftswissenschaftler Eugenio Proto von der University of Warwick
und seine Kollegen haben diese Theorie nun nachgeprüft.
Geld macht zufriedener - in ärmeren Ländern
Dafür werteten die Forscher Daten von mehr als 50 Ländern zum jährlichen
Pro-Kopf-Einkommen unter Berücksichtigung der Kaukraftparität aus.
Diese Werte glichen sie mit den Ergebnissen des World Values Survey ab.
Diese umfangreichste weltweite Erhebung befragt seit 1990 regelmäßig
Menschen in bisher 80 Ländern zu deren Werten, Meinungen und
Befindlichkeiten. Auch Glück und Zufriedenheit wird in dem umfangreichen
Fragebogen auf verschiedene Weise erfragt. "Ob sich durch Wohlstand das
Glück eines Landes und seiner Bewohner erkaufen lässt, ist eine Frage,
die viele Regierungen beschäftigt", sagt Proto.
Die Ergebnisse bestätigten zunächst einige der Vorannahmen: Bei den
Bewohnern ärmerer Länder wächst mit dem Einkommen auch die
Zufriedenheit: Menschen in Ländern mit einem Pro-Kopf-Einkommen von
weniger als 5.000 Euro pro Jahr - dazu gehören beispielsweise
Indonesien, Pakistan und viele afrikanische Staaten - geben zwölf
Prozent seltener an, vollkommen zufrieden zu sein als Bewohner von
Ländern mit einem Pro-Kopf -Einkommen von 13.000 Euro. Schon ab 15.000
Euro pro Kopf und Jahr aber beginnt die Kurve allmählich abzuflachen,
zusätzliches Geld bringt dann nur noch wenig Glücksgewinn.
Neid frisst Glück
Überraschend aber war, was dann folgte: "Die Lebenszufriedenheit bleibt
ab einem bestimmten Wohlstand nicht gleich, sondern sie sinkt sogar
wieder ab - das wurde bisher noch nie nachgewiesen", konstatiert Proto.
In Ländern mit einem Pro-Kopf-Einkommen von mehr als 26.500 Euro pro
Jahr gaben wieder weniger Befragte an, vollkommen zufrieden zu sein. Zu
diesen Ländern gehören neben Deutschland auch die meisten anderen
Industrieländer.
Die Forscher führen diese sinkende Zufriedenheit in den reichen Ländern
auf veränderte Erwartungen zurück: "Höhere Durchschnittseinkommen führen
auch zu höheren Erwartungen: Wenn wir überall um uns herum Wohlstand
und Chancen sehen, wollen wir mithalten", beschreibt Proto den Effekt.
Die dadurch entstehende Schwere zwischen Erwartungen und tatsächlichem
Einkommen nage dann an der Zufriedenheit. Das lehrt dann wohl zweierlei:
Neid frisst Glück und wer reich ist, ist noch lange nicht glücklicher.
(PLOS ONE, 2013; doi: 10.1371/journal.pone.0079358)
(PLOS ONE, 29.11.2013 - NPO)
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