Sorgt Klimaphänomen La Niña dafür, dass die Erwärmung stillsteht?
Seit 15 Jahren sind die Temperaturen global nicht gestiegen. Das liegt vielleicht an einer Abkühlung des östlichen Pazifiks.
Von Jürgen Langenbach
Seit 1998 steht die befürchtete globale Erwärmung still. Die Temperaturen sind in den 80er- und 90er-Jahren gestiegen, seitdem blieben sie auf diesem Niveau. Das wurde von Klimaforschern lange eher verdrängt – und vom UNO-Klimabeirat IPCC auch –, nur wenige suchten mögliche Ursachen für den Widerspruch, dass die Gehalte des Treibhausgases CO2 in der Luft steigen und steigen, die Temperaturen aber nicht folgen: 2007 kam zunächst Mojib Latif (Uni Kiel) mit der Hypothese, die Klimawandelpause käme von veränderten Meeresströmungen, kurz darauf sah Susan Solomon des Rätsels Lösung in Veränderungen der Wasserdampfkonzentration hoch in der Atmosphäre, im Vorjahr schließlich vermutete Michael Mann (Boston University), es läge an den Aerosolen, die Chinas schmutzige Kohlekraftwerke ausstoßen und die den Himmel so verdunkeln, dass weniger Sonnenenergie zum Erdboden kommt.
Zentralproblem „Klimasensitivität“
Aber das passte schlecht zu den Daten, die großen Emissionen Chinas begannen 2003, da war der Stillstand schon fünf Jahre alt. Und Latif und Solomon blieben in der Community auch eher isoliert, die setzte unverdrossen auf den Weitergang der Erwärmung. Nun kommt ein neuer Vorstoß, von Yu Kosaka und Shang-Ping Xie (Scripps, San Diego): Sie sehen einen Zusammenhang des stagnierenden Klimawandels mit einer Abkühlung des östlichen Pazifiks durch das periodische Klimaphänomen La Niña (Nature, 28. 8.). Das stützt sich nicht auf Modellrechnungen, sondern auf gemessene Daten, und das wird von Nature selbst so ernst genommen, dass das Schlachtschiff der Wissenschaftspublizistik in einem Editorial Stellung nimmt: „Der Hiatus bei der Erwärmung kam als Überraschung (. . .) Einige argumentieren, dass die gegenwärtigen Temperatur-Trends zeigen, dass das Klimaproblem weniger dringlich ist. Man kann nur hoffen, dass das so ist, und dass Wissenschaftler der Sache weiter auf den Grund gehen.“
Welcher Sache? Der Sache: Das zentrale Problem ist die „Klimasensitivität“, sie gibt an, wie stark die Temperaturen steigen, wenn die CO2-Gehalte in der Atmosphäre sich verdoppeln. Und sie ist ein Schätzwert, der nicht experimentell geprüft werden kann, sondern nur umwegig erschlossen, aus Paläodaten etwa. Aber an diesem Wert hängen sämtliche Prognosen: Nun hat selbst das IPCC auf den Erwärmungsstillstand reagiert und seinen Sensitivitätswert leicht zurückgenommen, von „2–4,5 Grad Celsius“ auf „1,5–4,5“.
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