Freitag, 8. Juni 2018

Es war einmal der Westen.


Das Ende des Sowjetblocks war nicht nur das Ende der Ost-West-Konfrontation. Es war zugleich - mit Verzö- gerung - das Ende des Westens.

Bis zum Zweiten Weltkrieg fand Weltpolitik in Europa statt. Wer von Westmächten redete, meinte Frankreich und Großbritannien. Russland gehörte schon halb zu Asien.

Der Zweite Weltkrieg hat den Westen Europas zum Vasallen der Vereinigten Staaten gemacht. Vasallen lassen sich ihre Gefolgschaft vergüten, der Marshall-Plan sorgte für Loyalität, der Westen war jetzt "das atlantische Bündnis", die amerikanischen Kredite wurden zu bombensicheren Investitionen.

Voraussetzung war der Kalte Krieg (das, was unter Stalin von der Weltrevolution übriggeblieben war).

Mit dem Untergang der Sowjetunion wurde Russland zu einer "Regionalmacht", wie Obama sagte, es war in Asien zu beschäftigt, um sich um Europa zu kümmern. Amerika war 'die einzige übriggebliebene' Weltmacht. Doch wo es keinen ebenbürtigen Widerpart gibt - wozu soll ein Land Welt-Macht sein? Europa wurde, seit es auf den nuklearen Schutzschild nicht mehr angewiesen ist, von einem Vasallen zu einem Mitbewerber, und in Asien meldeten sich gleich mehrere Anwärter auf einen Platz an der Sonne. Unter diesen Umständen tut Ame- rika gut daran, sich mehr um sich selber zu kümmern als um die andern. Und nicht zuletzt muss es dafür sorgen, dass die Vasallen von gestern künftig ihre Verteidigungskosten selber tragen.

Das amerikanische Zeitalter ist vorüber. Seit es den Einen Gegner nicht mehr gibt, ist der Gleichklang der Interessen nicht mehr so zwingend, dass er den Westen bei Wind und Wetter zusammenhält. Obama hat mit seinem gedankenlosen Rückzug aus dem Irak Putin nach Syrien eingeladen und auf Amerikas weltpolitische Führungsrolle lange vor Donald Trump verzichtet. Dessen Außenpolitik in scheinbarer Wildwest-Manier trägt lediglich dem Umstand Rechnung, dass heute jeder wieder sich selbst der Nächste ist - nämlich wie beim Poker, nicht wie beim Skat.

Für Europa heißt das: Die Einigung, die es unter atlantischer Ägide gefunden hat, muss es auf eigenen Füßen erhalten und ausbauen, denn wenn auch bei uns wieder jeder sich selbst der Nächste würde, könnten sich die verbleibenden Vaterländer nicht einmal aussuchen, woher die Heuschrecken kommen, die ihnen die Felder kahlfressen - so wie demnächst in Little England.


Nachtrag, 10. 6. 18. - Als ob ich Trumps Tweet nach dem G7 vorhergesehen hätte...



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