Sonntag, 6. Dezember 2020

Wer verschafft der AfD eine Schlüsselrolle?


aus Tagesspiegel.de, 6. 12. 2020

 
Im Ringen mit der AfD nimmt Röttgen jetzt SPD und Grüne in die Pflicht

Die Fronten im Gebührenstreit in Sachsen-Anhalt sind verhärtet. CDU-Prominente fordern von SPD und Grünen, sich zu bewegen. Die halten dagegen. 

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Nun schaltet sich auch Norbert Röttgen (CDU) in die Debatte über den Umgang mit der AfD in Sachsen-Anhalt ein. Der Bewerber um den Parteivorsitz sagte gegenüber dem Tagesspiegel: „Die CDU lässt sich ihre Politikfähigkeit von niemandem nehmen. Was die anderen Parteien wann beantragen, kann für uns nicht entscheidend sein. Und die demokratischen Parteien sollten einen Konsens herstellen, dass der AfD in keiner parlamentarischen Frage eine bestimmende Rolle zuwachsen darf.“

Wegen der Koalitionskrise in Sachsen-Anhalt, die sich an einer Erhöhung der Rundfunkgebühren entzündet, musste am Freitag Innenminister Holger Stahlknecht seinen Posten räumen. Die CDU ist gegen eine Erhöhung. Ebenso wie die AfD. Der Gebührenstreit in dem Bundesland hat bundesweit eine Debatte über den richtigen Umgang mit der rechtsnationalen Partei ausgelöst.

Röttgen schlägt sich mit seiner Äußerung implizit auf die Seite der Landes-CDU in Sachsen-Anhalt. Die Partei betont, sie sei seit Jahren gegen die Beitragserhöhung und lasse sich ihre Position nicht von der AfD diktieren. Außerdem ist aus dem Landesverband der Partei immer wieder zu hören, dass auch im Koalitionsvertrag mit Grünen und SPD "Beitragsstabilität" vereinbart worden sei. Röttgen nimmt Grüne und SPD in die Pflicht, die CDU in der Abstimmung um den Rundfunkbeitrag die AfD nicht zum Zünglein an der Waage werden zu lassen. ...

 

Nota. - Die AfD ist, wie Gauland treffend sagt, ein gäriger Haufen. Und ausgerechnet in dem Moment, wo deren Gärung zu einer Klärung kommt, soll ihr im prlamentarischen Raum, und sei es nur auf Provinzebene, eine Schlüsselrolle zugeschanzt werden? Den Vorjahresskandal in Thüringen hatte sie immerhin durch einen eigenen Schachzug ertrickst, und das war peinlich genug. Doch jetzt machen ihr SPD und Grüne ein Weihnachtsgeschenk. 

Um die Erhöhung der Rundfunkgebühr geht es nicht wirklich, und die ist ja nicht von Unge-fähr umstritten. Wenn daran das Schicksal der Öffentlich-Rechtlichen hinge, ginge es zur Not auch ohne Sachsen-Anhalt. Statt dass man den gärigen Haufen ausgären und sich selbst zer-legen lässt, hängt man ihm einen Orden um den Hals.

Eine rechtsstaatlich-konservative Partei wäre kein Schaden für Deutschland. Die CDU könnte sich endlich zu einer offensiven Kraft der Mitte verschlanken, das brächte Bewegung ins Land - die Grüne und Sozialdemokraten nicht wünschen können. Die rechtsstaatlich gesonnenen Konservativen sind freilich zu schwach, um sich ohne reaktionär-demagogischen Ratten-schwanz ins Getümmel zu wagen. Das fliegt ihnen jetzt um die Ohren. Wenn statt einer bürgerlich-konservativen Partei eine NPD-Nachfolge dabei herauskäme, wäre immerhin auch das ein Klärung. 

Die 'Alleinstellungsmerkmale', um die Grüne und Sozialdemokraten bangen, sind längst leere Rhetorik. Die Zeit ist überreif für eine dynamische Konzentration in der Mitte. Das gäbe der SPD den Rest, und aus der konjunkturellen grünen Blase wäre die Luft raus. 

Das soll nicht sein, stattdessen wird die AfD als rechtspopulistischer Popanz an alle verfüg-baren Wände gemalt, und sie darf fröhlich weitergären. Aber sie ist ein Popanz!

PS. Dass sich ein Ministerpräsident nicht von seinem Innenminister zum Hampelmann ma-chen lässt, ist ein Thema für sich. Aber das ist Sache der LandesCDU. Im übrigen müsste sich eine CDU-Alleinregierung nur dann auf die AfD stützen, wenn sie es zuließe. Wenn die Allein-regierung scheitert, folgen die von der Verfassung vorgeschriebenen Konsequenzen. Die Frage ist freilich, wer dann mit sauberen Händen in eine Neuwahl geht.

JE

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