aus derStandard.at, 3. Dezember 2015, 07:00
Früheste Bauernkultur Mitteleuropas gelangte schneller nach Osten als gedacht
Deutsche Forscher graben bislang unbekannte Siedlungen der neolithischen Bandkeramik aus
Regensburg – Mit ihr hielt die Neolithische Revolution, also der Umstieg von Jagen und Sammeln auf Ackerbau und Viehzucht, erstmals in Mitteleuropa in großem Stil Einzug: Die Linearbandkeramische Kultur oder kurz Bandkeramik breitete sich im 6. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung vor allem im nördlichen Mitteleuropa aus und verschwand erst gegen Ende des 5. wieder.
Ihren Namen hat sie von den typischen Verzierungen, die die in dieser Kultur angefertigten Gefäße trugen. Der Verbreitungsraum der Bandkeramik auf ihrem Höhepunkt war riesig und erstreckte sich nach heutigen Kategorien von Paris bis nach Odessa und von Stettin bis nach Budapest.
Aktuelle Funde weisen darauf hin, dass man die Ostgrenze der frühen Bandkeramik noch etwas weiter verschieben muss als gedacht, wie die Universität Regensburg berichtet. Forscher der Universität Regensburg haben bei Grabungen zwei weitere Siedlungsorte in der nordwestlichen Ukraine nachweisen können.
Neue Funde
Der riesige Kulturraum der Bandkeramik erschloss sich der Archäologie bislang als kleinteiliges Mosaik aus vergleichsweise gut erforschten Regionen und weniger intensiv erkundeten – zu letzteren zählt auch der östliche Rand der jungsteinzeitlichen Kultur. Als östlichste bekannte Siedlung der frühen Bandkeramik galt eine Fundstelle am südlichen Stadtrand von Rìvne in der westlichen Ukraine.
Idolfragment, Repliken
Das Regensburger Forscherteam um Thomas Saile und Maciej Debiec entdeckte nun aber Siedlungen bei Mežirìč und Josipìvka in Wolhynien in der nordwestlichen Ukraine. Der Fund aus der frühen Bandkeramik kam für die Forscher überraschend. Bislang konnte erst für die spätere Bandkeramik in besser untersuchten Gebieten Wolhyniens ein dichtes und an kleineren Wasserläufen orientiertes Siedlungsnetz nachgewiesen werden. Erste Siedlungen gab es aber offenbar schon früher.
Die Forscher sind sich allerdings sicher, dass sich die frühe Bandkeramik trotz günstiger Bodenfaktoren nicht sehr viel weiter nach Osten ausgebreitet haben dürfte. Die zunehmend kontinentale Prägung des Klimas nach Osten hin sorgt für größere Trockenheit und Kälte sowie dadurch auch zu weniger dichter Bewaldung – keine idealen Bedingungen für die Angehörigen der Bandkeramik, die daran gewöhnt waren, einen Lebensraum aus Wäldern und Flüssen zu bewirtschaften. (red)
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