Samstag, 16. Januar 2016

Größere Ungleichheit in China als in den USA.

Wanderarbeiter
aus derStandard.at, 15.1.2016

Ein Prozent der Chinesen besitzt ein Drittel des Volksvermögens 
Wohlstandsgefälle im kommunistisch regierten Reich der Mitte wesentlich größer als in den kapitalistischen USA

von Alexander Hahn

Mit dem wirtschaftlichen Aufstieg Chinas nimmt auch die Ungleichheit im Reich der Mitte rasant zu. Derzeit besitzt das reichste Prozent der Bevölkerung insgesamt ein Drittel des Gesamtvermögens des Landes, wie aus einer Erhebung der Renmin Universität in Peking hervorgeht. Richtig bedenklich wird diese Betrachtung im Umkehrschluss, denn das ärmste Viertel der Chinesen muss sich demnach bloß ein Prozent des Vermögens teilen.

Diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen, wenn es nach Universitätsprofessor Thou Xiaozheng geht: "Es kann keinen Zweifel geben, dass die Einkommensunterschiede größer und größer werden", wird er von der Financial Times zitiert. "Die Armen werden immer ärmer und die Reichen immer reicher." Zum Beleg zeigt der von der Studie unabhängige Hurun Report, dass die Zahl der Dollar-Millionäre in China im Vorjahr um acht Prozent auf 3,14 Millionen Menschen, darunter 596 Milliardäre, angestiegen ist.

Höhere Steuern für Umverteilung

Kurioserweise weist damit just ein kommunistisch regiertes Land größere Ungleichgewichte auf als viele kapitalistische Staaten. Gemessen wird dies anhand des sogenannten Gini-Koeffizienten, der Werte zwischen Null, dem marxistischen Traumzustand völliger Gleichverteilung, und eins annehmen kann, wenn sämtliches Volksvermögen auf eine einzelne Person entfällt. China weist derzeit einen Wert von 0,49 auf – klingt nicht dramatisch, liegt aber deutlich über den USA mit 0,41 oder Deutschland, das bloß auf 0,30 kommt. Die Weltbank ortet bei Gini-Koeffizienten über 0,4 bereits schwere Ungleichheiten.
Die Pekinger Studienautoren, die rund 25.000 Haushalte in 25 Provinzen des Landes befragt haben, empfehlen eine progressivere Besteuerung, um mehr Geld bei den Reichen abschöpfen zu können. Über einen Ausbau der Sozialleistungen könnten diese Mittel an die armen Bevölkerungsschichten weitergegeben werden. Klingt fast nach einem Sozialstaat westeuropäischer Prägung. 



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