aus welt.de, 24.01.2019 Gustav II. Adolf (1594-1632) machte Schweden zur Großmacht
Mit diesem Vertrag begann die Verwüstung Deutschlands
Nur wenige Monate nach seiner Landung auf Usedom 1630 war Gustav II.
Adolf von Schweden pleite. Da rettete ihn Kardinal Richelieu mit einem
Bündnisangebot – mit entsetzlichen Folgen für das Reich.Spätestens im Januar 1631 hörte der Dreißigjährige Krieg auf, ein Religionskrieg zu sein. In Bärwalde in Westpommern (heute: Mieszkowice) schlossen die Abgesandten Frankreichs und Schwedens einen Pakt. Darin verpflichteten sich der katholische Kardinal Richelieu und der protestantische König Gustav II. Adolf, den Krieg gemeinsam „für die Verteidigung ihrer beiderseitigen, respective gemeinsamen Freunde“ fortzuführen, deren wichtigster Feind niemand anderes als der katholische Kaiser Ferdinand II. war. Damit begann die Verwüstung Deutschlands.
Im Juli 1630 war Gustav Adolf mit einer Armee von rund 12.000 Mann auf Usedom gelandet. Seine Intervention begründete er damit, die „teutsche Libertät“ retten zu wollen, zumal die seiner protestantischen Glaubensgenossen. Schließlich hatte der Habsburger, ein glühender Anhänger der Gegenreformation, nach dem Sieg seines Feldherrn Wallenstein über Dänemark 1629 erstmals seine Macht bis an die Küsten von Nord- und Ostsee ausdehnen können. Das trieb den Protestantismus im Heiligen Römischen Reich an den Rand einer Katastrophe.
Aber die schwedischen Verlautbarungen verschleierten nur die wahren Motive. Gewiss, Gustav Adolf verstand sich als Vorkämpfer des Protestantismus. Zugleich aber hatte er seit seiner Thronbesteigung 1611 den Aufbau der schwedischen Großmacht zur Leitlinie seiner Politik gemacht. In diesem Sinn führte er Kriege gegen Dänemark, Polen und Russland. Das eigentliche Motiv für seine Intervention in Deutschland war es daher, den Kaiser aus seiner neuen Machtposition in Norddeutschland zu vertreiben.
Ein weiteres war Satisfaktion, oder besser: Belohnung für die edlen Bemühungen, die sich in Form von Eroberungen am Südrand der Ostsee niederschlagen sollten, ob auf Kosten des Kaisers oder der Protestanten war dabei einerlei, zumal diese sich beharrlich weigerten, Gustav Adolfs Eingreifen mit Hilferufen zu legitimieren.
Es ging um materielle Gewinne, mit denen der König ein anderes Problem in den Griff bekommen wollte. Die Armee, die er für seine Großmachtpolitik aufgebaut hatte, wollte unterhalten werden, und das war ohne zusätzliche Einnahmequellen nicht möglich. Der Krieg sollte also auf Kosten Deutschlands geführt werden, schreibt der britische Historiker Peter H. Wilson. Denn, wie ein Mitglied des Reichstages bemerkte: „Es ist besser, die Ziege am Gatter des Nachbarn festzubinden als am eigenen.“
In diesem Sinn fand Schweden in Frankreich einen Partner, der ganz ähnlich dachte. Auch Armand-Jean du Plessis, 1er Duc de Richelieu, seit 1622 Kardinal und 1624 Erster Minister Ludwigs XIII. von Frankreich, war durch die Siege des Kaisers und seiner spanischen Verwandten in Madrid alarmiert worden. Um die neuerliche Umklammerung Frankreichs zu verhindern, suchte er dringend potente Partner im Reich.
Kardinal Armand Jean du Plessis de Richelieu (1585-1642)
Die fand er zunächst im protestantischen Dänemark, das Richelieu als Gegengewicht aufzubauen suchte. Nach dessen Niederlage umgarnte der Kardinal Herzog Maximilian I. von Bayern als Haupt der katholischen Liga. Der hatte sich mit seiner Armee als wichtigster Helfer des Kaisers etabliert und zum Dank die Kurwürde seiner reformierten Vettern aus der Pfalz erhalten, die mit ihrer Niederlage am Weißen Berge bei Prag 1620 zu heimatlosen Flüchtlingen geworden waren.
Aber Maximilian widerstand Richelieus Avancen, obwohl der ihn mit der Kaiserkrone lockte. Vermutlich war er sich der Begrenztheit seiner Machtmittel wohl bewusst. Also rückte Schweden in den Pariser Fokus. Für Gustav Adolf verhandelte Gustaf Graf Horn, Richelieu schickte Hercule de Charnacé nach Bärenwalde, wo am 23. Januar 1631 der Vertrag unterzeichnet wurde.
Um die „unterdrückten Stände des Römischen Reiches“ und die „ Befestigungen und Bollwerke ... an den Gestaden beider Meere“ wieder „in den Stand“ zu bringen, „in dem sie vor dem Kriege gewesen sind“, sollte Schweden ein Heer von 30.000 Infanteristen und 6000 Reitern in Deutschland aufstellen. Zu dessen Unterhalt würde der König von Frankreich pro Jahr 400.000 Reichstaler aufbringen.
Das war eine gewaltige Summe, die gleichwohl ein Strukturproblem frühneuzeitlicher Armeen nur verschleierte: Sie waren hoffnungslos unterfinanziert. Daran änderte sich auch in diesem Fall nichts. Man hat errechnet, dass allein der schwedische Feldzug zwischen Mai 1631 und April 1632 2.200.000 Reichstaler verschlungen hat. Die trostlose Leere seiner Kriegskasse war daher für Gustav Adolf ein kräftiges Argument, sich zum Degen Frankreichs zu machen.
Nicht umsonst lässt der schwedische Historiker Peter Englund die Verwüstung Deutschlands mit dem französisch-schwedischen Bündnis beginnen. Mit ihm verließ der Konflikt die konfessionelle Frontlage des Reiches und wurde zu einem Ringen, in dem es um die Hegemonie in Europa ging. Dieser große Krieg wurde von Staaten geführt, die sich nicht mehr von dem rechten Glauben an Gott, sondern von ihrem Vorteil leiten ließen, der Staatsräson.
Selbst der Passus, der auf Wunsch Richelieus in den Vertrag von Bärwalde eingefügt worden war, folgte dieser Linie. Danach sollte „in den Gegenden, in denen sich die Übung der römischen katholischen Religion vorfindet, ... sie unangetastet bleiben“. Damit wollte der Kardinal vor allem verhindern, dass Schweden seinerseits eine hegemoniale Position in Deutschland aufbaute. Seine katholischen Glaubensgenossen kümmerten den Kardinal weniger.
So standen dem Pakt, der da in Bärwalde geschlossen wurde, zunächst Kalkül und Misstrauen Pate. Schweden wollte seine Handlungsfreiheit so wenig wie möglich einschränken lassen, Frankreich fürchtete, sein neuer Partner werde nun mit aller Macht über Deutschland herfallen. Doch bald erkannten beide Parteien, wie gut sie mit ihrem Bündnis fuhren. Obwohl auf fünf Jahre befristet, wurde es bereits 1633 in Heilbronn verlängert.
1635, als die protestantischen Reichsstände ihren Frieden mit dem Kaiser machten, trat Frankreich sogar offiziell an der Seite Schwedens in den Krieg ein, der nun endgültig Deutschland ruinierte. Im Westfälischen Frieden traten beide Mächte als Sieger auf. Auch in den folgenden Jahrzehnten verband Frankreich und Schweden das Ziel, ihre Gewinne im Reich zu halten. Als der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg wiederholt über schwedische Heere triumphierte, verhinderte Ludwig XIV. von Frankreich, dass ihm seine Siege größere Gewinne eintrugen.
Erst
als Schweden in den Großen Nordischen Krieg (1700-1721) und Frankreich
in den Spanischen Erbfolgekrieg (1701-1714) zogen, endete die
Partnerschaft. Zu unterschiedlich waren die Kriegsziele. Ihr Bündnis
passte nicht mehr zur Staatsräson.
Nota. - Wenn Historiker vom deutschen Sonderweg reden, meinen sie. grob gesagt, den Umstand, dass Deutsch- land sich anschickte, eine Nation überhaupt erst zu werden, als die europäischen Nachbarn sich längst zu nationalen Großmächten ausgebildet hatten. Deutschland kam also "zu spät" und musste in ein längst verteiltes Europa nachträglich hineindrängeln: was seine Entwicklung im Innern nachhaltig deformiert habe.
Die Ursache war, man kann es gar nicht oft genug wiederholen, der Dreißigjährige Krieg.
Der war aber auch nicht vom Himmel gefallen:
'Eigentlich hätte der Gegensatz zwischen Kaiser und Papst ein Hebel zur Ausbildung einer deutschen Nation sein müssen; wenn es nämlich nur um den Investiturstreit gegangen wäre. Es ging aber viel mehr um die Präsenz des Reichs in Italien, um derentwillen jeder Reichsfürst, der sich gegen den Kaiser stellte, auf einen mächtigen ultramontanen Verbündeten zählen konnte.
Auf die Spitze getrieben wurde die Sache durch die Reformation, die den habsburgischen Kaiser zum Anführer der katholischen Partei und Gefolgsmann des Papstes machte. Der förderte die faktische Erblichkeit der Kaiserwürde, die aber nicht dem Reich, sondern Österreich zugute kam. Der Kaiser selbst wurde zum Ersten Reichsfeind.
Der Schlusspunkt war der Dreißigjährige Krieg. Die Protestanten holten den Schwedenkönig ins Land, und Habsburg konnte an einem deutschen Cromwell in Gestalt des Militärdiktators Wallenstein kein Interesse haben, so katholisch er sein mochte. Er wurde beseitigt. Im Ergebnis war Deutschland "nur noch ein geographischer Begriff".'
Nota. - Wenn Historiker vom deutschen Sonderweg reden, meinen sie. grob gesagt, den Umstand, dass Deutsch- land sich anschickte, eine Nation überhaupt erst zu werden, als die europäischen Nachbarn sich längst zu nationalen Großmächten ausgebildet hatten. Deutschland kam also "zu spät" und musste in ein längst verteiltes Europa nachträglich hineindrängeln: was seine Entwicklung im Innern nachhaltig deformiert habe.
Die Ursache war, man kann es gar nicht oft genug wiederholen, der Dreißigjährige Krieg.
Der war aber auch nicht vom Himmel gefallen:
'Eigentlich hätte der Gegensatz zwischen Kaiser und Papst ein Hebel zur Ausbildung einer deutschen Nation sein müssen; wenn es nämlich nur um den Investiturstreit gegangen wäre. Es ging aber viel mehr um die Präsenz des Reichs in Italien, um derentwillen jeder Reichsfürst, der sich gegen den Kaiser stellte, auf einen mächtigen ultramontanen Verbündeten zählen konnte.
Auf die Spitze getrieben wurde die Sache durch die Reformation, die den habsburgischen Kaiser zum Anführer der katholischen Partei und Gefolgsmann des Papstes machte. Der förderte die faktische Erblichkeit der Kaiserwürde, die aber nicht dem Reich, sondern Österreich zugute kam. Der Kaiser selbst wurde zum Ersten Reichsfeind.
Der Schlusspunkt war der Dreißigjährige Krieg. Die Protestanten holten den Schwedenkönig ins Land, und Habsburg konnte an einem deutschen Cromwell in Gestalt des Militärdiktators Wallenstein kein Interesse haben, so katholisch er sein mochte. Er wurde beseitigt. Im Ergebnis war Deutschland "nur noch ein geographischer Begriff".'
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