aus spektrum.de, 10. 2. 2022 Ruinen von Mohendjo Daro im Industal
von Michael Marshall
Jeder
Gärtner weiß: Je mehr Regenwürmer in seiner Erde leben, desto mehr
Ertrag bringt sie hervor. Als der Archäologe Harvey Weiss und sein Team
von der Yale University in New Haven, Connecticut, eine jahrtausendealte
Siedlung im Nordosten Syriens erforschten, stießen sie auf eine alte
Lössschicht, in der es kaum Anzeichen der fleißigen Bodenverbesserer
gab. Für die Forschergruppe war damit klar: Vor Jahrtausenden musste ein
klimatisches Extremereignis die Region heimgesucht haben. Sie sorgte
dafür, dass sich eine Staubdecke über das Ackerland legte und den Boden
unwirtlich machte – selbst für Regenwürmer.
Weiss
erkannte, dass eine lang anhaltende Dürre etwa um 2200 v. Chr. das Reich
von Akkad heimgesucht hatte, das damals weite Teile Mesopotamien
beherrschte. Es war der vorderasiatische Landstrich, der von den Flüssen
Euphrat und Tigris geprägt ist. Etwa 50 Jahre später war der erste
große Flächenstaat der Geschichte bereits Vergangenheit. Die
Zentralgewalt hatte sich aufgelöst, viele Menschen waren aus der Region
geflohen, die ihnen nicht mehr ausreichend Nahrung gab. Eine düstere
Warnung, wie anfällig komplexe Gesellschaften gegenüber einem
Klimawandel sein können.
Eine weltumspannende Trockenheit?
Seit den Ausgrabungen in Syrien in den frühen 1990er Jahren bildet die Dürre für Weiss einen Schwerpunkt seiner Forschungen. Er ist davon überzeugt, dass sie globale Ausmaße hatte. Belege fänden sich nicht allein in Mesopotamien, sondern auch am Nil, in der Ägäis und im Mittelmeerraum bis nach Spanien. Überall zerbrach die Ordnung, emigrierten Menschen.
Die
abrupt einsetzende Trockenphase wird heute auch als
4,2-Kilojahr-Ereignis bezeichnet. Mit einem Kilojahr ist ein Zeitraum
von 1000 Jahren gemeint. In diesem Fall soll sich die Megadürre
4,2 Kilojahre vor heute (»before present«) ereignet haben. Die
chronologische Angabe »before present« bezieht sich – so die
Übereinkunft der Naturwissenschaften – auf das Jahr 1950.
»Es ist ziemlich schlüssig, dass das Ereignis vor 4,2 Kilojahren den Mittelmeerraum traf, ebenso Bereiche im Vorderen Orient« (Nick Scroxton, Paläoklimatologe, Maynooth University in Irland)Unter Forscherinnen und Forschern, die sich mit der jüngsten Erdgeschichte beschäftigen, hat die vermeintliche Megadürre zudem einige Bedeutung erlangt. Seit 2018 gilt sie als Beginn des Meghalayum, des dritten und aktuellen Abschnitts unseres Erdzeitalters Holozän. Benannt wurde er von der Internationalen Kommission für Stratigraphie nach einer Region in Indien. Dort dokumentierten Forschende die weltumspannende Trockenheit in Probenmaterial, das sie aus einem Stalagmiten in der indischen Mawmluh-Höhle im Bundesstaat Meghalaya gewonnen haben. Die Definition des Meghalayum beruht allerdings auf der Annahme, dass die Dürre vor 4,2 Kilojahren den gesamten Planeten heimgesucht hätte.
Diese
erdgeschichtliche Marke war und ist jedoch umstritten. Viele
Paläoklimatologen sind der Ansicht, dass es sich gar nicht um ein
einziges, globales Ereignis gehandelt habe, sondern um eine Reihe
zeitlich aufeinanderfolgender Dürreperioden, die unterschiedliche
Gebiete unterschiedlich stark erfassten. »Es ist ziemlich schlüssig,
dass das Ereignis vor 4,2 Kilojahren den Mittelmeerraum traf, ebenso
Bereiche im Vorderen Orient«, versichert Nick Scroxton, Paläoklimatologe
an der Maynooth University in Irland. Andernorts hingegen seien die
Beweise »nicht schlüssig«.
Der Untergang des Reichs von Akkad
Tell
Leilan lieferte dafür sozusagen die Blaupause. Der Hügel im Nordosten
Syriens verbirgt die Überreste einer Stadt, die dort jahrhundertelang
vor und während des akkadischen Reichs florierte. Weiss und seine
Kollegen begannen ihre Ausgrabungen in den späten 1970er Jahren. Keine
20 Jahre später wussten sie, dass Menschen dort seit 2700 v. Chr.
lebten, den Ort aber nach einem halben Jahrtausend aufgaben. Gut
drei Jahrhunderte lag er verlassen, bis um 1900 v. Chr. wieder Anzeichen
für eine Besiedlung in den Grabungsschichten auftauchten
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Vermutlich brachten die Felder einfach nicht mehr genug Ertrag, um die Stadtbevölkerung ausreichend zu ernähren. »Es gab ähnliche Entwicklungen von der Levante bis zum Indus«, erkannte Weiss. Dies deutet darauf hin, dass sich die Dürre über einen Großteil Südwestasiens erstreckte und zu gesellschaftlichen Umwälzungen führte.
Die Belege für eine Megadürre mehrten sich
Die
1993 publizierte These stieß zunächst auf Unglauben, doch Weiss war
nicht der Erste, der eine solche Behauptung für diesen Zeitraum
aufstellte. Außerdem häuften sich allmählich die Belege. Beispielsweise
fand 2006 ein Team, dem auch der Geochemiker Giovanni Zanchetta von der
Universität Pisa in Italien angehörte, in einer italienischen Höhle Anzeichen für eine Dürre in der Region vor zirka 4200 Jahren.
Konnte
es ein Zufall sein, dass Ägypten etwa gleichzeitig in eine Phase der
Instabilität rutschte? In der »Ersten Zwischenzeit« von 2181 bis
2055 v. Chr. gab es keine Zentralregierung mehr und mehrere Herrscher
konkurrierten miteinander. Es gibt Indizien, dass der Nil ab
2200 v. Chr. weniger Wasser führte. Laut Weiss ist die beste Erklärung
dafür, dass die Monsunregen nachgelassen hatten, die den Strom sonst
speisten. Weil die Landwirtschaft aber wesentlich von den jährlichen
Überflutungen seiner Ufer abhing, deren Schlammfrachten die Felder
fruchtbar machten, sowie von einem funktionierenden Bewässerungssystem,
sanken die Ernteerträge und das Vertrauen der Bevölkerung in ihre
Pharaonen. Manche Ägyptologen wenden dagegen allerdings ein, dass
Ägyptens Städte nicht wie die in Mesopotamien verlassen wurden, mochten
sich auch die politischen Verhältnisse verändert haben.
Doch die eigentliche Herausforderung, das 4,2-Kilojahr-Ereignis zu erforschen, haben weniger Archäologen, sondern Paläoklimatologen zu bewältigen. Sie versuchen, die klimatischen Veränderungen in einer fernen Vergangenheit zu rekonstruieren. Dazu werten sie Klimaproxies aus. Das sind neben wetterbezogenen Hinweisen in eventuell vorhandenen Textquellen vor allem natürliche »Archive«: Pollen im Sediment eines Sees verweisen vielleicht auf eine üppige Flora in seiner Umgebung; Tropfsteine entstehen, weil Regen in kalkhaltigem Gestein versickert und dabei durch das im Wasser gelöste Kohlendioxid Kalziumkarbonat herauslöst, das gegebenenfalls beim Austritt in eine Höhle Stalagmiten wachsen lässt. An deren Schichtabfolgen kann man dann beispielsweise ablesen, ob Jahre regenarm waren. Der Anteil des schweren Sauerstoffisotops 18O liefert einen Hinweis auf die Temperatur, denn auf Grund seiner höheren Masse verdunstet es nicht so einfach wie das leichtere Sauerstoffisotop 16O und gelangt somit in geringerem Maße in Wolken und Niederschlag.
Solche
Archive auszuwerten bedeutet aber auch, die gewonnenen Informationen zu
datieren. Eine der genauesten Methoden im geologischen Kontext basiert
auf dem radioaktiven Zerfall von Uran in Thorium – sofern das
Untersuchungsobjekt ausreichend Uran enthielt und nicht zu stark mit
weiteren Substanzen verunreinigt wurde. »Viele der Proxyanalysen, die
nun als Beleg einer globalen Megadürre herangezogen werden, waren
ursprünglich für andere Untersuchungen gedacht«, kritisiert Stacy
Carolin, Paläoklimatologin an der University of Cambridge. Zudem gebe es
zu wenig Daten und keine, die für Trockenzeiten in der Zeit vor
4200 Jahre »before present« sprechen.
100 Jahre zu viel!
Das
gelte auch für den Stalagmiten aus der Mawmluh-Höhle: »Es gibt dazu
nicht viele Uran-Thorium-Altersangaben.« Später habe man andere
Stalagmiten der Höhle genauer untersucht. Demnach datiert die im
Tropfstein ablesbare Dürrezeit auf 4300 Jahre »before present«. »Das
sind 100 Jahre zu viel!«, sagt Carolin. Etliche Experten
halten das Stalagmitenarchiv der Mawmluh-Höhle daher für unzuverlässig.
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Viele
Forscher warnen zudem, dass bei der Datierung geologischer Archive aus
jener erdgeschichtlichen Phase Fehlerspannen von Jahrhunderten nicht
ungewöhnlich seien. Bruce Railsback, Geochemiker an der University of
Georgia in Athens, stellte fest, dass aus diesem Grund Dürrephasen, die
Jahrhunderte vor oder nach der Zeit vor 4200 Jahren stattfanden, als
Beweis für das 4,2-Kilojahr-Ereignis interpretiert wurden.
Wird ein Proxy genauer und mit einer höheren Datendichte analysiert, ergibt sich mitunter ein unübersichtlicheres Bild. In einer Vorabveröffentlichung aus dem Jahr 2020 berichteten Scroxton und seine Mitautoren von einem Stalagmiten aus Madagaskar,
der Indizien für Trockenheit lieferte, und zwar für einen Großteil des
Zeitraums zwischen 4320 und 3830 »before present«. Der fragliche
Zeithorizont liegt mittendrin, doch die Daten sprechen gegen eine damals
plötzlich eintretende Veränderung.
Menschen sind dem Klima nicht vollkommen schutzlos ausgeliefert
Die
Ungewissheit darüber, wie und wann genau sich das Klima in einer Region
verschlechtert hat, erschwert es, Verbindungen zu Veränderungen in der
jeweiligen Kultur herzustellen. Etliche Anthropologen sprechen sich
ohnehin gegen solchen Klimadeterminismus aus, weil er die
Anpassungsfähigkeit von Gemeinschaften ignoriert. In einer Studie aus dem Jahr 2021
haben der Umwelthistoriker Dagomar Degroot von der Georgetown
University in Washington D. C. und seine Kollegen fünf Wege aufgezeigt,
wie Menschen in der Vergangenheit Klimakrisen überlebt haben – zum
Beispiel durch die Umstellung auf eine fleischreiche Ernährung, wenn die
Getreideernten unzuverlässig wurden. »Es ist sehr schwierig, den
Zusammenhang zwischen einem Umweltereignis und einer gesellschaftlichen
Auswirkung zu erkennen«, konstatiert Monica Bini, Geoarchäologin an der
Universität Pisa.
Entscheidend ist auch, welche Aspekte einer
Gesellschaft zusammengebrochen sind, erklärt Alan Greaves, Archäologe an
der University of Liverpool. »Ein Palastsystem oder ähnliche Strukturen
können natürlich kollabieren.« Im Fall der Maya ist dies dadurch
bezeugt, dass keine monumentalen Bauwerke mehr errichtet wurden. Aber
das heißt noch lange nicht, dass die gesamte Gesellschaft zusammenbrach!
Dann müsste es für das akkadische Reich vor 4200 Jahren auch
»Massengräber von Verhungerten geben, und die wurden bislang nicht
entdeckt«.
»Es ist sehr schwierig, den Zusammenhang zwischen einem Umweltereignis und einer gesellschaftlichen Auswirkung zu erkennen« (Monica Bini, Geoarchäologin, Universität Pisa)
Weiss stimmt dem zu. Seiner Meinung nach gibt es eindeutige Beweise dafür, dass viele ihre Heimat verließen und an Tigris und Euphrat zogen, wo gut etablierte Bewässerungssysteme die Landwirtschaft am Laufen hielten. »Das ist eine Überlebensstrategie. Man wandert von einem Ort, den die Dürre heimsucht, an einen anderen, wo das nicht der Fall ist.«
Wie Trockenzeiten die Harappakultur beeinflussten
Auch das Ende der Harappakultur im Industal in Südasien folgte keinem einfachen Drehbuch. Es war vermutet worden, dass die sommerlichen Monsunregen infolge der Megadürre ausblieben. Scroxton zufolge verließen die Menschen die Städte in zwei Phasen: die nördlichen zwischen 4200 und 3900 »before present« und die südlichen allmählich zwischen 3900 und 3300 »before present«.
Tatsächlich fand sein Team in Paläoklimaarchiven Indizien für zwei aufeinanderfolgende Dürren.
Die erste stand wohl wirklich im Zusammenhang mit dem
4,2-Kilojahr-Ereignis, betraf jedoch nur die Niederschläge im Winter,
die zwischen 4260 und 3970 »before present« abnahmen. Die zweite Dürre
trat zwischen 4000 und 3700 auf und beeinträchtigte den Sommermonsun,
hatte aber deutlich schwächere Wirkung. Die Städte im Süden konnten
unter diesen Umständen offenbar länger durchhalten. Möglicherweise
sorgte auch der Niedergang der Städte im Norden, eine direkte Folge der
ersten Dürre, dafür, dass jene im Süden der zweiten schlechter
widerstehen konnten. Solche Studien deuten daraufhin, dass das fragliche
Ereignis weit über Mesopotamien hinaus wirkte. Doch war es auch eine
globale Katastrophe?
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Die Datenlage für eine globale Megadürre ist dünn
Die
meisten Klimaforscher bleiben diesbezüglich skeptisch. »Es gibt keine
überzeugenden Beweise dafür, dass dieses Ereignis auch in Nordamerika
große Auswirkungen hatte«, meint Kathleen Johnson, Paläoklimatologin an
der University of California in Irvine. Prinzipiell gebe es für die
südliche Hemisphäre zu wenig Daten, um ein klares Bild davon abzuleiten,
wie sich das Klima dort in der fraglichen Zeit verändert hat.
Überdies
fehlt Paläoklimatologen eine belastbare Erklärung dafür, warum sich das
globale Klima zu dieser Zeit so drastisch verändert habe. »Es gibt
keinen bekannten Auslöser für ein solches Ereignis«, kritisiert Stacy
Carolin. Als Vergleich nennt sie das 8,2-Kilojahr-Ereignis, bei dem sich die globalen Temperaturen abrupt abkühlten.
Die Ursache ist bekannt: Ein Teil des nordamerikanischen Eisschilds
brach in sich zusammen, und zwei gigantische Gletscherseen flossen
daraufhin ins Meer ab; dieser kalte Zustrom unterbrach den
Wärmetransport vom Äquator zu den Polen – mit entsprechenden
Auswirkungen auf das Weltklima. Ohne einen solchen Mechanismus zu
kennen, beruht Weiss’ These allein auf einigen umstrittenen
Übereinstimmungen in Proxyarchiven. Daher neigen die meisten
Paläoklimatologen bislang eher Scroxton zu: Das 4,2-Kilojahr-Ereignis
war auf den Mittelmeerraum und Südasien beschränkt. Dementsprechend haben Greaves und seine Kollegen im vergangenen Jahr 14 Paläoklimaarchive,
die einen abrupten Klimawandel vor etwa 4200 Jahren belegen sollten,
erneut analysiert. Einige von ihnen verwiesen zwar auf eine abrupte
Dürrephase, andere aber auf eine über viele Jahrhunderte anhaltende
Trockenzeit, wieder andere zeigten keine signifikante Veränderung.
Greaves erklärt das heterogene Muster mit einer Dürre im zentralen
Mittelmeerraum und in der Levante, der verstärkte Staubstürmen in
Mesopotamien und im Zagros-Gebirge folgten. Er vermutet, dass sich ein
Niederschlagsgürtel nach Norden verschoben haben könnte, was zu lokal
begrenzten Dürren führte.
Beruht das 4,2-Kilojahr-Ereignis auf Fehlern?
Manch einer geht sogar noch weiter: Das 4,2-Kilojahr-Ereignis habe es nie gegeben. Es beruhe lediglich auf den Fehlerbreiten bei der Datierung, so dass mehrere Dürren und Schwankungen im Niederschlagsmuster als eine große Veränderung erscheinen. 2018 veröffentlichten Railsback und seine Kollegen Daten aus einer Höhle in Namibia. Denen zufolge ereigneten sich um 4100 Jahre »before present« zwei Dürrephasen, die insgesamt etwa ein Jahrhundert lang andauerten. Zudem seien die Auswirkungen nicht überall gleich gewesen. »Vor allem in den mittleren Breitengraden der Nordhalbkugel brachten sie Trockenheit, auf der Südhalbkugel mitunter aber sogar vermehrte Niederschläge.«
Carolins Gruppe identifizierte 2019 in einem Stalagmiten aus dem Iran zwei Perioden mit erhöhten Magnesium- und Kalziumwerten, Anzeichen einer staubigen Umgebung. Die erste dieser Phasen begann abrupt um 4510 »before present« und dauerte 110 Jahre; die zweite setzte etwa um 4260 ein und hielt 290 Jahre an. Wahrscheinlich hätten zwei aufeinanderfolgende Dürren die »Staubperioden« verursacht.
»Es gibt eine Reihe von Megadürre-Ereignissen um diese Zeit, die alle in einen Topf geworfen wurden«, fasst Johnson den Stand der Forschung zusammen. »Sie begannen nicht alle zur gleichen Zeit, und es gibt Aufzeichnungen von einigen Orten, die genau das Gegenteil, nämlich feuchte Bedingungen nahelegen.«
Um solche Widersprüche und die
exakten Abläufe zu klären, werden mehr Paläoklimadaten benötigt,
insbesondere auch aus Afrika und Amerika, von wo nur wenige und zeitlich
schlecht aufgelöste Proxyanalysen vorliegen. Aber Paläoklimatologen
müssen auch sorgfältiger vorgehen, betont Carolin. »Man kann nicht
einfach irgendeinen Stalagmiten verwenden, denn Verunreinigungen etwa
machen eine Datierung ungenauer.«
»Es gibt eine Reihe von Megadürre-Ereignissen um diese Zeit, die alle in einen Topf geworfen wurden« (Kathleen Johnson, Paläoklimatologin, University of California in Irvine)
Stellt sich heraus, dass das 4,2-Kilojahr-Ereignis tatsächlich nur Regionen betraf und keine globalen Auswirkungen hatte, würde es als Markierung für den Beginn des Meghalayum nicht taugen. Dafür müsste es sich weltweit nachweisen lassen. Und noch eine Sache ist bedeutsam: Sobald der genaue Umfang und Zeitpunkt des Ereignisses erfasst wurde, stellt sich auch heraus, wie plötzlich sich das Klima wandeln kann. Denn wenn es keinen externen Auslöser gab, wäre es laut Scroxton, »das dramatischste Beispiel dafür, was das Klimasystem einfach von selbst tut«.
Forscherinnen und Forscher bringt das ins Grübeln:
Könnte sich dergleichen wiederholen und den Schaden, den der vom
Menschen verursachte Klimawandel ohnehin anrichtet, noch ins
Unermessliche steigen? Oder wie Carolin es formuliert: »Wie
wahrscheinlich ist es, dass wir in eine global trockenere Phase
eintreten, die 100 Jahre lang anhalten wird?«
Nota. - Ob es sich um eine einzige große Dürre gehandelt hat oder um eine mehr oder minder zusamennhängenge Kette kleinerer Einzelereignisse, ist für das Verständnis der Klimage-schichte von Belang. Kultur- und sozialhistorisch hat es keine Bedeutung.
Zur Mitte des 14. Jahrhunderts wurde das Deutsche Reich mit wenigen Jahren Abstand erst von der Schwarzen Pest, dann von der Großen Mandränke und schließlich von der Magdale-nenflut heimgesucht. Unser Mittelalter, nämlich die Feudalordnung, ging dabei zugrunde, ehe sich die Elemente einer neuen Ordnung ausbilden konnten. Der politisch-kulturelle Nieder-gang Deutschlands, der durch den Dreißigjährigen Krieg besiegelt wurde, nahm seinen Anfang.
JE
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